Amtsgericht Böblingen, Urteil vom 12.06.2024, Az. 20 C 61/24
Ein Versicherer hatte den Geschädigten veranlasst, sein Fahrzeug über eine eingeschaltete Restwertbörse zu verkaufen. Da der Unfallgegner voll haftbar war und der Versicherer somit den Schaden in voller Höhe ersetzen musste, hätte eigentlich alles ganz unkompliziert ablaufen können. Das tat es aber nicht.
Da der Versicherer des Unfallverursachers die Höhe des vom Sachverständigen ermittelten Wiederbeschaffungswertes, die Sachverständigenkosten sowie die Erforderlichkeit der geltend gemachten Standkosten bestritt, kam der Geschädigte um eine Klage nicht herum.
Die noch offenen Sachverständigenkosten erkannte der Versicherer an. Beim Wiederbeschaffungswert und den Standkosten blieb er dagegen unnachgiebig. Hier machte das Gericht aber kurzen Prozess. Da der vom Sachverständigen ermittelte Wiederbeschaffungswert korrekt ermittelt worden war, verurteilte das Gericht den Versicherer zur Zahlung des bis dahin einbehaltenen Schadenersatzes in Höhe der Differenz von knapp 1.100 Euro.
Da der Geschädigte das Fahrzeug auf dem vom Versicherer favorisierten Weg veräußert hatte, musste sich der Versicherer auch die damit verbundenen Abwicklungsprobleme, insbesondere die Verzögerungen bei der Abholung, zurechnen lassen.
Der Sachverständige hatte zwar nur bestätigt, dass eine Standgebühr von 28 Tagen grundsätzlich nicht zu beanstanden sei. Da das Wrack aber unstreitig erst nach 59 Tagen abgeholt wurde, ohne dass der Geschädigte dies in irgendeiner Weise zu vertreten hatte, kam das Gericht nicht umhin, den Versicherer auch hier zur Erstattung der auf den Differenzzeitraum entfallenden Standkosten zu verurteilen.
Wenn Versicherer schon – in klarem Widerspruch zur Rechtsprechung des BGH – bei privaten Geschädigten nicht den regionalen, sondern den von den Restwertbörsen bedienten überregionalen Markt bevorzugen, müssen sie auch dafür sorgen, dass die Abwicklung für den Geschädigten und den das Wrack verwahrenden Dienstleister so reibungslos verläuft, wie es bei einem Verkauf an einen regionalen Aufkäufer der Fall gewesen wäre. Sind sie dazu nicht in der Lage, haben sie für die Konsequenzen einzustehen tragen und den Geschädigten so zu stellen, wie es bei einer gesetzeskonformen Abwicklung der Fall gewesen wäre.
Sollten Sie in einen Unfall verwickelt worden sein und der gegnerische Versicherer den Ihnen zustehenden Schadenersatz nicht vollständig leisten wollen, kontaktieren Sie uns!
Sie wissen ja: Voigt regelt!
Bildnachweis: Bildnachweis: Polizeipräsidium Südosthessen