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Vorschäden und Kostenerstattung für Thermoscans – ein Widerspruch?

Bei der Meldung eines Unfallschadens ist darzulegen und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen, dass der Schaden nach Art und Umfang insgesamt oder zumindest teilweise dem Unfallereignis zuzurechnen ist. Vorschäden sind - soweit bekannt oder vorhanden - anzugeben. Ein Verschweigen zieht regelmäßig Probleme bei der Regulierung nach sich.
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25.10.2023
ca. 3 Minuten
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Die korrekte Beantwortung der Frage nach Vorschäden ist für die zutreffende Ermittlung des Schadenersatzanspruches wichtig. Denn nicht nur offensichtliche, auch vollständig und fachgerecht behobene Schäden können den Marktwert eines Fahrzeugs – und damit eben auch die Höhe des Schadenersatzes – beeinflussen (z.B. BGH, Urt. v. 05.12.2001, Az. IV ZR 225/00).  Allerdings hat ein Fahrzeug, bei dem Vorschäden sach- und fachgerecht beseitigt worden sind, einen höheren Wert als ein Fahrzeug, bei dem Vorschäden nur oberflächlich beseitigt worden sind, sodass sie nach außen hin nicht mehr erkennbar sind (siehe LG Berlin, Urt. v. 24.05.2023, Az. 46 O 135/22)

Es stellt sich deshalb nicht nur die Frage nach dem Umfang der Aufklärungspflicht als solcher, sondern auch danach, welche Kosten für den Nachweis der Beseitigung eines Schadens aufgewendet werden dürfen.

Wie weit geht die Auskunftspflicht?

Der BGH hatte bereits 2014 festgestellt, die Auskunftspflicht im Schadenfall erstrecke sich auf jeden Umstand, der zur Aufklärung des Tatbestandes beitragen kann. Allerdings darf dem Geschädigten mit der Erbringung des Nachweises nichts „Unbilliges zugemutet“ werden (Urt. v. 22.10.2014, Az. IV ZR 242/13).

Dem ist bis heute so und das OLG Bremen hat es in einem Hinweisbeschluss vom 19.04.2023 sowie in der abschließenden Entscheidung vom 26.06.2023  zu Az. 3 U 41/22 = 6 O 734/20 nicht anders gesehen. Es stellte fest, Geschädigte haben (hier gemäß Ziff. E.1.1.3 AKB (GDV-Musterbedingungen 2015) die Fragen zu den Umständen eines Schadensereignisses – unabhängig davon, ob ein Haftpflicht- oder Kaskoschaden vorliegt – wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Und wenn der Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug einen Vorschaden erwähnt, dann ist auch dieser anzugeben.

Welcher Aufwand ist angemessen?

Einem Urteil des OLG Celle (Az. 14 U 149/22 v. 01.03.2023) zufolge, kommt einem Geschädigten beim Nachweis einer Sach- und fachgerechten Reparatur des Vorschadens im Prozess ein erleichtertes Beweismaß zugute (vgl. BGH, Beschl. v. 15.10.2019, Az. VI ZR 377/18).

Hat ein Bagatellschaden (Kratzer oder kleine Dellen) ausschließlich das äußerliche Erscheinungsbild des Fahrzeugs beeinflusst und sind nachweislich keine dahinterliegenden Fahrzeugteile betroffen, kann das Gericht – z.B. durch Inaugenscheinnahme geeigneter Lichtbilder – selbst feststellen, ob der Schaden sach- und fachgerecht beseitigt worden ist. Ist er auf den Bildern nicht mehr erkennbar, spricht sehr viel dafür. Aufwändige, kostenintensive Maßnahmen dürften dann fehl am Platze sein.

Bei tiefer liegenden, umfassenderen Schäden braucht es dagegen grundsätzlich mehr als nur Lichtbilder, um eine sach- und fachgerechte Reparatur nachzuweisen.

Das Landgericht Aachen hat die in einem Urteil vom 22.07.2021 (Az. 1 O 230/17) auf den Punkt gebracht, wie folgt: “Im Fall eines Verkehrsunfalls und eines unstreitigen Vorschadens ist wiederum anerkannt, dass der Geschädigte den behaupteten Schaden aus dem zeitlich späteren Unfall nur dann ersetzt verlangen kann, wenn mit dem Maßstab des § 287 ZPO ausgeschlossen ist, dass der anspruchsrelevante spätere Schaden nicht mit dem Vorschaden identisch ist. Dafür muss der Geschädigte den Umfang des Vorschadens und dessen Reparatur belegen.”

Zusammenfassung und Fazit

Vorschäden spielen bei der Bestimmung der Höhe des Schadenersatzanspruches eine entscheidende Rolle und Versicherer nutzen den Vorschadeneinwand gerne, um die unfallbedingte Kausalität des geltend gemachten Schadens zu bestreiten. Es ist daher von Vorteil, wenn der beauftragte Sachverständige nicht nur den Schaden an sich ermittelt, sondern auch die (wenn und soweit tatsächlich auch durchgeführte) fachgerechte Beseitigung etwaiger Vorschäden bestätigt.

Wie der Sachverständige dies macht, bleibt ihm überlassen. Die Vorgehensweise muss lediglich angemessen und zweckmäßig sein. Einzelfallabhängig können dabei auch kostenintensive Verfahren (z.B. Thermoscan) in Betracht kommen, ohne dass es hierzu einer gesonderten Beauftragung bedarf.

Ob der Sachverständige die durchgeführten Maßnahmen seinem Grundhonorar zuordnet oder ob er sie gesondert ausweist und abrechnet, obliegt dabei allein seiner betriebswirtschaftlichen Entscheidung (AG Frankfurt, Urt. v. 21.07.2023, Az. 31 C 1628/23 (39).

Die Ausführungen zeigen, die Vorschadenproblematik ist „nicht ohne“. Versicherer wissen das und versuchen damit ihre Einstandspflicht zu mindern.

Sofern Sie sich in einer derartigen Situation befinden, sprechen sie mit uns!

Voigt regelt!

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