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Sachverständige müssen neutral sein!

Amtsgericht Hanau, Urteil vom 18. Oktober 2023, Az. 39 C 30/23

Bei der Ermittlung der notwendigen Reparaturkosten stehen immer wieder – und berechtigterweise – die von den Versicherern beauftragten und weisungsgebunden gefertigten Prüfberichte in der Kritik. Einem Urteil des AG Hanau zufolge, muss was für Versicherer gilt, aber auch für Geschädigte gelten, nicht zuletzt und eben auch in Hinblick auf Auswahl des Sachverständigen.
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15.12.2023
ca. 2 Minuten
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Sachverständige müssen neutral sein!

Die Kosten der Erstellung des Sachverständigengutachtens zählen zu den mit dem Schaden verbundene Vermögensnachteile. Sie zählen daher – in erforderlichem Umfang – zu den nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zu ersetzenden Positionen (BGH, Urt. v. 17.12.2019, Az. VI ZR 315/18). Dies gilt jedoch nur, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs auch erforderlich und zweckmäßig ist.

Wann ist ein Gutachten erforderlich und zweckmäßig?

Was erforderlich im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist, richtet sich u.a. nach den besonderen Umständen des Geschädigten, zu denen auch die individuellen Erkenntnismöglichkeiten in Hinblick auf die Beurteilung des Schadens zählen.

Und da Geschädigte nur in den seltensten Fällen dazu in der Lage sind, einen Schaden sowie die Kosten seiner Behebung zutreffend einzustufen, dürfen sie hierfür einen qualifizierten und geeigneten Sachverständigen hinzuziehen (siehe hierzu z.B. OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.2.2018, Az.  1 U 64/17). Für die Eignung ist – neben der unverzichtbaren fachlichen Qualifikation – insbesondere auch die Neutralität unverzichtbar. Schließlich dient das Gutachten nicht nur der Ermittlung des Schadens selbst, sondern auch zur Kontrolle der von der Werkstatt abgerechneten Kosten (z.B. LG Freiburg (Breisgau), Urt. v. 25.10. 2011, Az. 9 S 21/11).

Eigene Interessen sind tabu!

Damit ein Gutachten diese Funktion erfüllen kann, muss es – ungeachtet seiner Richtigkeit – eben auch neutral erstellt worden sein. Im Klartext bedeutet dies, es darf weder im Sinne einseitiger Interessen des Geschädigten noch des Sachverständigen erstellt worden sein (LG München II, Beschl. v. 16.08.2017, Az. 8 S 2704/17).

Bei Angestellten des entschädigungspflichtigen Versicherers oder des reparierenden Betriebs kann die Frage nach der Neutralität daher durchaus berechtigt sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn der beauftragte Sachverständige – ungeachtet seiner fachlichen Qualifikation – Gesellschafter, Geschäftsführer oder gar Inhaber des Reparaturbetriebs ist (vgl. LG Freiburg (Breisgau), Urt. v. 25.10. 2011, Az. 9 S 21/11).

Adress- und Inhaberidentität sind verdächtig!

In dem hier zugrundeliegenden Sachverhalt kam hinzu, dass sowohl die Erstellung des Gutachtens als auch die Durchführung der Reparatur „gemäß Gutachten“ in einem Formular beantragt worden waren. Bei einer eindeutigen Trennung der ausführenden Unternehmen wäre dies vielleicht auch gar nicht weiter kritisch gewesen. Aber hier bestand nicht nur eine Adressidentität zwischen Werkstatt und Sachverständigenbüro, sondern auch eine personelle Verflechtung.

Der Geschädigte durfte seine Augen nicht verschließen!

Das Gericht sprach dem Gutachten deshalb seine Eignung und dem Geschädigten den Anspruch auf die Erstattung der Kosten für die Erstellung des Schadengutachtens ab.

Denn „angesichts dieser Umstände musste der Kläger erkennen, dass das Gutachten sich dem Verdacht unsachlicher Interessenwahrnehmung ausgesetzt sehen würde und seinen Zweck der neutralen Schadenskalkulation nicht würde erfüllen können. Der Kläger könnte keine ihm günstigen Rechtsfolgen daraus ableiten, wenn er zwischenzeitlich anstatt der Reparatur kurzzeitig eine fiktive Abrechnung verfolgt haben sollte, bevor er wieder zu dem ursprünglichen Reparaturauftrag zurückgekehrt ist. Ein solcher Ablauf ließe nämlich das einmal verwirklichte Auswahlverschulden nicht entfallen.“

Fazit

Die Konstellation ist sicher nicht alltäglich. Sie verdeutlicht aber, dass eine unüberlegte Vorgehensweise bei der Vergabe sowohl des Sachverständigen- als auch des Reparaturauftrags mit dem Verlust von Ansprüchen einhergehen bzw. diese zufolge haben kann.

Damit Ihnen das nicht passiert und Sie rechtlich auf sicherem Boden stehen, sprechen Sie mit uns!

Voigt regelt!

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