Der BGH hat die fortentwickelten Grundsätze zum Werkstattrisiko auch auf überhöhte Kostenansätze eines Sachverständigen übertragen, den der Geschädigte mit der Begutachtung seines Fahrzeugs zur Ermittlung des unfallbedingten Schadens beauftragt hat. (Urt. v. 12.03.2024, Az. VI ZR 280/22).
In der zugehörigen Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 15.04.2024 heißt es dazu:
“Auf gegebenenfalls überhöhte Kostenansätze eines Kfz-Sachverständigen sind die Grundsätze zum Werkstattrisiko, die der Senat in seinem Urteil vom 16. Januar 2024 – VI ZR 253/22 für überhöhte Kostenansätze einer Werkstatt für die Reparatur des beschädigten Fahrzeugs fortentwickelt hat, übertragbar. Denn den Erkenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten des Geschädigten sind nicht nur in dem werkvertraglichen Verhältnis mit einer Reparaturwerkstatt, sondern auch in dem werkvertraglichen Verhältnis mit einem Kfz-Sachverständigen Grenzen gesetzt, vor allem sobald er den Gutachtensauftrag erteilt und das Fahrzeug in die Hände des Gutachters gegeben hat.
Ersatzfähig im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger sind demnach auch diejenigen Rechnungspositionen, die ohne Schuld des Geschädigten etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit oder wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise unangemessen, mithin nicht zur Herstellung erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sind. Bei einem Kfz-Sachverständigen, der sein Grundhonorar nicht nach Stunden, sondern nach Schadenshöhe berechnet, kommt ein für den Geschädigten nicht erkennbar überhöhter Ansatz beispielsweise auch dann in Betracht, wenn der Gutachter den Schaden unzutreffend zu hoch einschätzt. Diesbezügliche Mehraufwendungen sind dann ebenfalls ersatzfähig, ebenso Rechnungspositionen, die sich auf – für den Geschädigten nicht erkennbar – tatsächlich nicht durchgeführte Maßnahmen im Zusammenhang mit der Begutachtung beziehen. Allerdings kann der Schädiger im Rahmen des Vorteilsausgleichs die Abtretung gegebenenfalls bestehender Ansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen verlangen.
Die Anwendung der genannten Grundsätze zum Werkstattrisiko auf die Sachverständigenkosten setzt nicht voraus, dass der Geschädigte die Rechnung des Sachverständigen bereits bezahlt hat. Soweit der Geschädigte die Rechnung nicht beglichen hat, kann er – will er das Werkstattrisiko bzw. hier das Sachverständigenrisiko nicht selbst tragen – die Zahlung der Sachverständigenkosten allerdings nicht an sich, sondern nur an den Sachverständigen verlangen, Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger (dieses Risiko betreffender) Ansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen. Es gelten auch insoweit dieselben Grundsätze wie für die Instandsetzung des beschädigten Fahrzeugs.”
Siehe hierzu auch: AG Schmallenberg, Urt. v. 21.12.2024, Az. 3 C 27/24, m.w.N.