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Geschädigte müssen nicht warten!

Erleidet ein Fahrzeug bei einem Unfall einen Totalschaden, versuchen Versicherer ihre schadenbezogenen Aufwendungen u.a. dadurch zu reduzieren, dass sie das Fahrzeug in Restwertbörsen annoncieren. Dabei erwecken sie gerne den Eindruck, der Geschädigte müsse – bevor er das Fahrzeug selber verkauft - das Angebot des Versicherers abwarten oder diesen zumindest über seine Verkaufsabsicht informieren, damit er seinerseits ein Restwertangebot unterbreiten kann.
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26.04.2023
ca. 3 Minuten
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Geschädigte müssen nicht auf das Restwertangebot des Versicherers warten!

Das OLG Koblenz hat am 16.01.2023 (Az. 12 U 1292/22) festgestellt, dass Geschädigte keinesfalls dazu verpflichtet sind, dem gegnerischen Versicherer bei der Totalschadenveräußerung mehr Zeit zu geben!

Die Grundsätze von 2000 gelten nach wie vor!

Das Urteil des Gerichts liegt insoweit auf einer Linie mit der Rechtsprechung des BGH und etlichen Instanzgerichten. In einem wegweisenden Urteil (Az. VI ZR 219/98, v. 30. 11. 1999) hatte der BGH bereits im Jahr 1999 festgestellt:

„Bei der Ersatzbeschaffung gemäß § 249 S. 2 BGB genügt der Geschädigte im allgemeinen dem Gebot der Wirtschaftlichkeit, wenn er im Totalschadensfall das Unfallfahrzeug zu dem in einem Sachverständigengutachten ausgewiesenen Restwert verkauft oder in Zahlung gibt.“ 

Geschädigte müssen nicht an Restwertaufkäufer veräußern

Der Auffassung des Versicherers, Geschädigte würden gegen die Schadenminderungspflicht verstoßen, wenn sie ihr totalbeschädigtes Fahrzeug an eine Kfz-Werkstatt und nicht an einen professionellen Restwertaufkäufer veräußern würden, erteilte das OLG Koblenz eine klare Absage.

Die Behauptung, Restwertaufkäufer würden höhere Preise zahlen, weil ihr Geschäftsmodell auf die Weiterveräußerung gerichtet sei, wohingegen eine Kfz-Werkstatt mit einem total beschädigten Fahrzeug nichts anfangen könne, stufte das Gericht – völlig zutreffend – als irrelevant ein. 

Wörtlich heißt es dazu in dem Urteil:

„Eine solche Sichtweise widerspricht der Rechtsprechung des BGH, der insoweit ausgeführt hat: „… Denn das Gutachten eines anerkannten Sachverständigen bildet in aller Regel eine geeignete Grundlage für die Bemessung des Restwerts, so dass der Geschädigte den so ermittelten Restwertbetrag grundsätzlich seiner Schadensberechnung zugrunde legen darf. Der Schädiger kann den Geschädigten daher insbesondere nicht auf einen höheren Restwerterlös verweisen, den dieser auf einem Sondermarkt durch spezialisierte Restwertaufkäufer erzielen könnte …“

Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die Werkstatt das Fahrzeug für den vom Sachverständigen ermittelten Restwert gekauft hatte.

Restwertangebote müssen nicht abgewartet werden!

Soweit der Versicherer meinte, der Geschädigte hätte das Fahrzeug nicht veräußern dürfen, bevor Versicherer sein Angebot vorgelegt hatte, wurde auch diese Behauptung – unter Verweis auf die gängige Rechtsprechung – verworfen. So hatte z.B. das OLG Düsseldorf bereits 2004 (Urt. v. 29.03.2004, Az. I-1 U 185/03) deutlich gemacht, dass Geschädigte mit der eigenen Verwertung seines Unfallfahrzeugs nicht zu warten brauchen, bis der Versicherer im Besitz des vom Geschädigten eingeholten Schadensgutachtens ist. Kurzum: Geschädigte dürfen ihr Fahrzeug verkaufen, sobald sie im Besitz der Wertermittlung des von ihnen beauftragten Sachverständigen sind.

Auch dies liegt übrigens auf einer Linie mit dem BGH.

„… Denn das Gutachten eines anerkannten Sachverständigen bildet in aller Regel eine geeignete Grundlage für die Bemessung des Restwerts, so dass der Geschädigte den so ermittelten Restwertbetrag grundsätzlich seiner Schadensberechnung zugrunde legen darf. Der Schädiger kann den Geschädigten daher insbesondere nicht auf einen höheren Restwerterlös verweisen, den dieser auf einem Sondermarkt durch spezialisierte Restwertaufkäufer erzielen könnte …“ (Az. VI ZR 219/98, v. 30. 11. 1999).

Ein zeitiger Verkauf kann auch im Interesse des Versicherers liegen!

Praxisnah weist das Gericht darauf hin, dass „eine zügige Abwicklung des Verwertungsgeschäfts und die möglichst schnelle Beschaffung eines Ersatzfahrzugs durch den Geschädigten grundsätzlich auch im wirtschaftlichen Interesse des Versicherers liegt, um die eventuellen Kosten für die Überbrückung des Karenzzeitraums durch die Anmietung eines Übergangsfahrzeugs gering zu halten.“

Fazit

Private Geschädigte haben das Preiserzielungsrisiko lediglich dann zu tragen, wenn sie das Fahrzeug verkaufen, bevor ein anerkannter Sachverständiger den Restwert ermittelt hat. Wenn ein solcher aber die Restwertermittlung nach den vom BGH vorgegeben Kriterien durchgeführt hat, dürfen sie das Fahrzeug an den Höchstbietenden veräußern.

In der Rechtsprechung wird teils sogar die Auffassung vertreten, dass ein Geschädigter selbst dann nicht warten muss, wenn der Versicherer ihn aufgefordert hat, solange mit der Veräußerung zu warten, bis er seinerseits ein Restwertangebot unterbreitet hat (OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.03.2004, Az. I-1 U 185/03).

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Aktualisiert am 04.11.2024

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