LG Stralsund, Urteil vom 27.05.2025, Az. 2 O 204/24
Dem Titelbild der Freiwilligen Feuerwehr Alpen vergleichbar, war es auch in dem vom Landgericht Stralsund zu entscheidenden Sachverhalt zu einem Kettenauffahrunfall mit drei beteiligten Fahrzeugen gekommen. Nachdem ein Fahrzeug verkehrsbedingt abgebremst und zum Stillstand gekommen war, bremste auch das folgende Fahrzeug der Klägerin ab, ohne dass es zu Problemen kam. Diese begannen, als ein drittes Fahrzeug auf das zweite auffuhr und es auf das Heck des ersten aufschob.
Grund für den Rechtsstreit war, dass der Haftpflichtversicherer dieses Fahrzeugs nur den Heck-, nicht aber den Frontschaden des zweiten Fahrzeugs regulieren wollte. Denn während die Klägerin angab, sie sei auf das erste Fahrzeug aufgeschoben worden, behauptete der Versicherer, sie sei selber aufgefahren.
Das Landgericht sah die Sache wie die Klägerin. Laut der Beweisaufnahme, bei der sowohl Zeugenaussagen als auch ein Sachverständigengutachten eine Rolle spielten, hatte das Fahrzeug der Klägerin bereits gestanden, nachdem es durch das dritte Fahrzeug auf das erste aufgeschoben worden war.
In seiner Entscheidung bezog sich das Gericht unter anderem auf die ständige Rechtsprechung, wonach bei Auffahrunfällen grundsätzlich ein Anscheinsbeweis für ein Verschulden des Auffahrenden spricht (§§ 1, 3 Abs. 1; 4 Abs. 1 StVO).
Der Anscheinsbeweis kann zwar entkräftet werden. Ein mögliches abruptes Bremsen des Vorausfahrenden reicht dafür allerdings nicht aus. Auch bei Kettenauffahrunfällen gilt daher zunächst die widerlegbare Faustregel: „Wer auffährt, hat Schuld.“ Ob diese Faustregel bei einem Kettenauffahrunfall zugunsten des mittleren Fahrzeugs greift, hängt maßgeblich davon ab, ob dieses bereits ohne vorherige Kollision zum Stehen gekommen war.
Bildnachweis: Freiwillige Feuerwehr Alpen / News aktuell / Blaulicht