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Die Restwertreihe reißt nicht ab…

AG Bergisch-Gladbach, Urteil vom 29.03.2023

Die Grundsätze der Rechtsprechung des BGH zur Einschaltung von Restwertbörsen sind - zumindest für private Geschädigte - seit Jahren unverändert. Unverändert ist auch, dass Versicherer die Rechtsprechung des BGH missachten und immer wieder vor Gericht scheitern.
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13.06.2023
ca. 3 Minuten

Diese Erfahrung musste auch ein Versicherer machen, nachdem er einen Geschädigten dazu verpflichten wollte, sein verunfalltes Fahrzeug an einen Restwertaufkäufer in Polen zu verkaufen.

Geschädigter und Versicherer konnten sich nicht einigen!

Der Geschädigte sah hierzu allerdings keinen Anlass. Zudem stand er auf dem festen Grund der Rechtsprechung des BGH, der zufolge lediglich Restwertangebote des regionalen Marktes zu berücksichtigen sind.

Der Versicherer sah das anders. Ihm zufolge hätte der Geschädigte das vorgelegte Restwertangebot mühelos annehmen können. Der Aufkäufer sei mit Telefon-, Faxnummer und E-Mail-Adresse angegeben gewesen, das Fahrzeug wäre vor Ort in bar bezahlt worden und für den Geschädigten wären durch den Verkauf des Fahrzeugs keine Kosten entstanden.

Das Gericht folgte der Linie des BGH!

Das Gericht konnte der Versicherer damit nicht überzeugen.

Denn „vorrangiger Grund für die Entscheidung, bei der Ermittlung des Restwerts grundsätzlich maßgeblich auf den regionalen Markt abzustellen, ist … weiterhin die Überlegung, dass es einem Geschädigten möglich sein muss, das Fahrzeug einer ihm vertrauten Vertragswerkstatt oder einem angesehenen Gebrauchtwagenhändler bei dem Erwerb des Ersatzwagens in Zahlung zu geben.“

Diese Möglichkeit würde bei der Veräußerung über eine Restwertbörse aber entfallen. Ein Restwertangebot, dessen Höhe die Wertfeststellungen des Sachverständigengutachtens erheblich übersteigt, ändert daran nichts. Dies gilt zumindest dann, wenn es das Sachverständigen­gutachten sach- und fachgerecht erstellt worden ist und es daran nichts auszusetzen gibt. 

Die Ersetzungsbefugnis darf nicht unterlaufen werden!

Ein weiterer, wenn nicht der Punkt überhaupt ist, dass die sogenannte Ersetzungsbefugnis des Geschädigten nicht unterlaufen werden darf. Genau dies würde aber geschehen, wenn ihm „bei der Schadensbehebung die von der Versicherung gewünschten Verwertungsmodalitäten“ aufgezwungen werden würden. Im privaten Bereich ist und bleibt es die Sache des Geschädigten, in welcher Weise er mit seinem beschädigten Fahrzeug verfährt.

Lediglich bei gewerbliche Geschädigten ist es „in der Situation der Geschädigten vielmehr wirtschaftlich objektiv unvernünftig, im Rahmen der Schadensabwicklung eine Verwertungsmöglichkeit ungenutzt zu lassen, die im Rahmen des eigenen Gewerbes typischerweise ohne weiteres genutzt wird“ (BGH, Urt. v. 25.06.2019, Az. VI ZR 358/18). Eine derartige Konstellation war hier aber nicht gegeben.

Ein „internationales Argument“ kam hinzu!

Das Gericht sah den Verweis auf die Verwertungsmöglichkeit in Polen aber auch aus einem anderen Grund als problematisch an.

Wörtlich heißt es dazu n dem Urteil, der Geschädigte hätte sich bei der Annahme des Angebots dem Risiko ausgesetzt gesehen, gegebenenfalls vor polnischen Gerichten Ansprüche geltend machen zu müssen, in Polen zu vollstrecken oder sich seinerseits vor polnischen Gerichten gegen Ansprüche des Ankäufers verteidigen zu müssen. Es ist dem Geschädigten nicht zumutbar, sich im Rahmen der Restitution in eine fremde Rechtsordnung zu begeben oder sich der Gefahr ausgesetzt zu sehen, in dieser fremden Rechtsordnung in Anspruch genommen zu werden. Dies gilt auch angesichts des in Deutschland anzunehmenden Verbrauchergerichtsstands. Gleichermaßen kann er nicht gezwungen werden, seinen Vertragspartner ggf. in Polen ausfindig machen zu müssen.“

Es schloss sich insoweit dem AG Zossen an. Dieses hatte ausländische Restwertgebote schon deshalb für bedeutungslos erklärt, weil es für „Geschädigte unzumutbar ist, sich im Rahmen der Restitution in eine fremde Rechtsordnung zu begeben oder sich der Gefahr ausgesetzt zu sehen, in dieser fremden Rechtsordnung in Anspruch genommen zu werden“ (Urt. v. 29.04.2019 Az. 5 C 175/18).

Entscheidungen der Amtsgerichte AG Bergisch-Gladbach (Az. 61 C 183/22 v. 29.03.2023), Köln (Az.  269 C 20/22 v. 15.07.2022) oder Lübeck (Az. 22 C 1464/20 v. 11.08.2020) gehen in die gleiche Richtung.

Fazit

Angebote aus Restwertbörsen mögen noch so hoch und vorteilhaft für den Versicherer sein! Die Rechte der Geschädigten, die mindestens ebenso hoch und wertvoll sind, können sie dennoch nicht aushebeln!

Sprechen Sie mit uns! Wir wissen worauf es ankommt und regeln das für Sie!

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