Egal ob es um die Distanz zwischen zwei Personen an der Kasse im Supermarkt, die Entfernung zum Vordermann beim Autofahren oder den einzuhaltenden Seitenabstand beim Überholen anderer Verkehrseilnehmer geht. Der Begriff des Mindestabstands
sorgt immer wieder für Diskussionen. Dabei ist es eigentlich gar nicht so kompliziert. Denn unabhängig davon, dass der Mindestabstand
nicht existiert, bestehen situationsabhängig klare Regeln.
Für den Mindestabstand zwischen zwei Personen gilt – seit dem Bund-Länder-Beschluss vom 17. Juni 2020 in Bezug auf Corona, ein Mindestabstand von 1,5 Metern. Für den Überholvorgang von Personen und Radfahrern gilt – zumindest innerorts – mindestens der selbe Seitenabstand. Außerorts gelten zwei Meter (§ 5 Abs. 4 S. 2 StVO). Wenn eine Straße zu schmal ist oder der Abstand bis zur durchgehenden Fahrbahnmarkierung nicht ausreicht, darf der Radfahrer im Zweifel eben nicht überholt, d.h. gefährdet werden. Nach § 20 Abs. 2 und 4 StVO gilt dies auch für ein- und aussteigende Fahrgäste von Linien-Schulbussen und Straßenbahnen. Linien- und gekennzeichnete Schulbusse dürfen nicht überholt werden, wenn sie sich mit eingeschalteter Warnblinkanlage einer Haltestelle nähern (§ 20 Abs. 3 StVO), und an ihnen darf nur mit Schrittgeschwindigkeit und in einem solchen Abstand vorbeigefahren werden, dass Fahrgäste nicht gefährdet werden. Wie groß dieser Abstand genau sein muss, gibt das Gesetz allerdings nicht vor. Wer sicher sein möchte, sollte mindestens den für das Überholen von Radfahrern vorgeschriebenen Mindestabstand beachten.
Vorab: Nach § 12 Abs. 2 StVO parkt nur derjenige, der länger als drei Minuten hält oder sein Fahrzeug verlässt.
Gänzlich ungeregelt ist der Abstand, den man beim Parken zu anderen Autos einhalten sollte. Hier gilt das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme nach § 1 StVO, das ein Einparken
verbietet. Im Zweifel sollte vor und hinter jedem Fahrzeug ein Abstand von 50 cm und seitlich so viel Raum verbleiben, dass ein ungehindertes Ein- und Aussteigen möglich ist.
Die Abstandsregeln für das Parken vor und hinter Kreuzungen und Einmündungen (§ 12 Abs. 3 Nr. 1 StVO) sind da schon eindeutiger. Hier gelten grundsätzlich fünf Meter. Sollte neben der Fahrbahn allerdings ein Radweg in Fahrtrichtung verlaufen, erhöht sich die Distanz auf acht Meter. Der Abstand von fünf Metern gilt übrigens auch für denjenigen, der vor einem Fußgängerüberweg halten oder parken will. Bei Andreaskreuzen empfiehlt es sich innerorts einen Abstand von fünf und außerorts von fünfzig Metern einzuhalten. Außerdem sollte nicht näher als 10 Meter vor einem Andreaskreuz oder dem Zeichen Vorfahrt gewähren gehalten oder geparkt werden, wenn dieses verdeckt wird.
Dass weder Halten noch Parken auf einem Fußgängerüberweg zulässig sind, versteht sich ebenso von selbst, wie dass andere nicht behindert werden dürfen. Beispielhaft seien hier nur das Halten an engen und unübersichtlichen Straßenstellen oder gegenüber Grundstücksein- und Ausfahrten auf schmalen Fahrbahnen genannt.
Auch im Ordnungswidrigkeitenrecht spielen Abstände zum Vordermann auf Bundesautobahnen eine immer größere Rolle. Mittels Videoaufzeichnungen und aufwändigen Messeinrichtungen werden Drängler zur Verantwortung gezogen.
Gem. § 4 Abs. 1 StVO muss der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug in der Regel so groß sein, dass auch dann hinter diesem angehalten werden kann, wenn es plötzlich gebremst wird. Um Verwarn- und Bußgelder zu vermeiden muss auf Autobahnen stets mindestens der halbe Tachowert in Metern Abstand eingehalten werden. Bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von 100 km/h also mindestens 50 Meter.
Nach § 4 Abs. 3 StVO muss ein Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 t auf Autobahnen zu vorausfahrenden Fahrzeugen einen Mindestabstand von 50 m einhalten, wenn die Geschwindigkeit mehr als 50 km/h beträgt.
Bei Auffahrunfällen spricht ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Auffahrende den Unfall schuldhaft dadurch verursacht hat, dass er entweder den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten hat (§ 4 Abs. 1 StVO), unaufmerksam war (§ 1 StVO) oder mit einer den Straßen- und Sichtverhältnissen unangepassten Geschwindigkeit gefahren ist. Denn der Kraftfahrer ist verpflichtet, seine Fahrweise so einzurichten, dass er notfalls rechtzeitig anhalten kann, wenn ein Hindernis auf der Fahrbahn auftaucht (BGH vom 13.12.2011, Az. VI ZR 177/10; BGH vom 16.01.2007, Az. VI ZR 248/05; OLG Düsseldorf vom 27.04.2021, Az. 1 U 32/19; LG Lübeck vom 26.02.2024, Az. 10 O 251/23).
Übrigens: Einem Beschluss des OLG Koblenz zufolge, kann „selbst bei gravierender Unterschreitung des Sicherheitsabstandes nicht allein aus dem Ausmaß des Verstoßes auf Vorsatz geschlossen werden. Es sind vielmehr regelmäßig ergänzende Feststellungen zur Fahrweise des vorausfahrenden Fahrzeugs erforderlich“ (OLG Koblenz, Beschl. v. 15.11.2021, Az. 3 OWi 32 SsBs 239/21).
Übrigens: Die Regeln für den Mindestabstand betreffen nicht nur Autofahrer!
Die oben genannten Ausführungen geben nur einen kleinen Überblick. Der Sicherheitsabstand beim Stau im Tunnel (5 Meter) oder der geschwindigkeitsabhängige Abstand zum Vordermann (halber Tacho
) sollen hier nicht weiter vertieft werden.
Erwähnenswert ist jedoch, dass Mindestabstände nicht nur beim Überholen von Radfahrern gelten, sondern dass auch Radfahrer Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer nehmen und Mindestabstände einhalten müssen.
Besonders schmerzlich musste dies ein Radfahrer erfahren, als er ein Pferd mit ca. 40 cm Seitenabstand überholte, wodurch dieses sich offenbar erschreckte und ausschlug. Dem Gericht zufolge hätte er sowohl einen Abstand von wenigstens eineinhalb bis 2 Metern einhalten als sich auch zuvor mit der Reiterin über das Überholen verständigen müssen. Dies hatte er unterlassen, was sich bei der Bemessung des Schadensersatzes nachteilig auswirkte (LG Frankenthal, Urt. v. 05.06.2020, Az. 4 O 10/19).
Weiterführende Links
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