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Entziehung der Fahrerlaubnis

Die Fahrerlaubnis wird aus strafprozessualen Gründen entzogen, zum Beispiel einer Straftat, oder verwaltungsrechtlichen Gründen, zum Beispiel wegen Ungeeignetheit.

Die Grundvoraussetzung für den Entzug der Fahrerlaubnis ist, dass sich der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG§ 46 Abs. 1 Satz 1 FeV). Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen und Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV) s.a. OVG Schleswig, Urt. v. 22.07.2021, Az. 5 MB 16/21).

 

Die Entziehung der Fahrerlaubnis erfolgt dabei als Nebenfolge bei einer Verurteilung wegen Unfallflucht, Straßenverkehrsgefährdung oder Trunkenheitsfahrt. Dass diese im Zusammenhang mit der Nutzung des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehrsraum begangen wurde, ist ebenso wenig Voraussetzung für die Entziehung (vgl. BGH, Beschl. v. 08.10.2019, Az. 5 StR 441/19) wie die Teilnahme am Straßenverkehr mi einem motorisierten Fahrzeug.

Vielmehr stellt “Die Teilnahme am Straßenverkehr in erheblich alkoholisiertem Zustand … mit jedem Fahrzeug und somit auch mit einem Fahrrad eine gravierende Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs dar. Daher ist in diesen Fällen regelmäßig die Untersuchung mittels medizinisch-psychologischer Fachkunde veranlasst, ob sich das mit dem Fahrrad gezeigte Verhalten auch auf das Führen von Kraftfahrzeugen auswirken kann (hier Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad bei  einer BAK von 2,35 ‰.“(VGH München, Beschl. v. 22.01.2024, Az. 11 AS 23.2111 )

 Was bedeutet “Entziehung der Fahrerlaubnis” genau?

Anders als beim Fahrverbot ist bei einer Entziehung des Fahrerlaubnis diese vollständig weg und darf von der Führerscheinbehörde auch erst nach Ablauf einer im Einzelfall zu bestimmenden Sperrfrist, die allerdings in der Regel mindestens 6 Monate beträgt, wiedererteilt werden. Allerdings kann die Fahrerlaunis auch vorläufig entzogen werden.

 

Nach Ablauf der Sperrfrist erhält man nicht automatisch eine neue Fahrerlaubnis, oft sind daran weitere Voraussetzungen, z.B. eine medizinisch-psychologische Untersuchung („Idiotentest„) geknüpft.

 Was hat es mit den Punkten auf sich?

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem (§ 40 i.V.m. Anlage 13 der Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV – vom 13.12.2010 [BGBl I S. 1980], vor Erlass der Entscheidung ebenfalls zuletzt geändert durch das vorgenannte Gesetz vom 16.8.2024) ergeben.

Punkte resultieren aus der Begehung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, wenn diese rechtskräftig geahndet worden sind(§ 4 Abs. 2 Satz 3 StVG). Allerdings setzt die Entziehung der Fahrerlaubnis nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem voraus, dass der Fahrerlaubnisinhaber zuvor das Stufensystem des § 4 Abs. 5 StVG ordnungsgemäß durchlaufen hat (§ 4 Abs. 6 StVG), also bei Erreichen von vier oder fünf Punkten ermahnt (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 StVG) und bei Erreichen von sechs oder sieben Punkten verwarnt worden ist (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG).

Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liegt dabei selbst dann nicht vor, wenn der Betroffene aus beruflichen Gründen auf seine Fahrerlaubnis angewiesen ist.

Diedie zwingende Entziehung der Fahrerlaubnis bei Erreichen von acht Punkten keinen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dar. Bei diesem Punktestand geht der Gesetzgeber davon aus, dass Kraftfahrer eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellen, und knüpft daran eine Ungeeignetheitsvermutung, die grundsätzlich nicht widerlegt werden kann (vgl. BT-Drs. 13/6914 S. 50 zum alten und BT-Drs. 17/12636 S. 41 zum neuen Punktesystem (VGH München, Beschl. v. 19.12.2024, Az. 11 CS 24.1933).

Wann ist ein Absehen von der Entziehung der Fahrerlaubnis möglich?

Ein Absehen vom Entzug der Fahrerlaubnis ist nur dann möglich, „wenn besondere Umstände vorliegen, die den seiner allgemeinen Natur nach schweren und gefährlichen Verstoß in einem anderen Licht erscheinen lassen als den Regelfall oder die nach der Tat die Eignung günstig beeinflusst haben” (AG Flensburg, Urt. v. 16.12.2021, Az. 430 Ds 112 Js 16025/21).

Welche Rolle spielt der Zeitfaktor?

Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist aufzuheben, wenn durch schwerwiegende Verstöße gegen das Beschleunigungsgebot eine erhebliche Verzögerung des Verfahrens eintritt. Dies gilt insbesondere für eine von den Strafverfolgungsorganen zu verantwortende erhebliche Verzögerung des Strafverfahrens, die den Beschuldigten sodann in seinem Recht auf ein faires rechtsstaatliches Verfahren verletzt (BVerfG, Beschl. v. 15.03.2005, Az. 2 BvR 364/05).

Es sind mit zunehmender zeitlicher Distanz zwischen Tatgeschehen und dem Zeitpunkt der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis erhöhte Anforderungen an die Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs und dem Schutz der Allgemeinheit einerseits und dem Interesse des Fahrerlaubnisinhabers an der uneingeschränkten Nutzung seiner Fahrerlaubnis andererseits zu stellen.

Allerdings sind mit zunehmender zeitlicher Distanz zwischen Tatgeschehen und dem Zeitpunkt des vorläufigen Entzuges der Fahrerlaubnis erhöhte Anforderungen an die Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs und dem Schutz der Allgemeinheit einerseits und dem Interesse des Fahrerlaubnisinhabers an der uneingeschränkten Nutzung seiner Fahrerlaubnis andererseits zu stellen.

Sofern dieser nach der ihm angelasteten Tat weiter im Besitze seiner Fahrerlaubnis geblieben ist und beanstandungsfrei am Straßenverkehr teilgenommen hat, wächst sein Vertrauen in den Bestand der Fahrerlaubnis. Die Möglichkeit des vorläufigen Entzuges der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO verliert dagegen zunehmen ihren Charakter als Eilmaßnahme. Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a Abs. 1 StPO muss dabei in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erfolgen, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter besonderer Berücksichtigung des Normzwecks und der Eingriffstiefe zu beachten ist. (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 23.12.2024, Az. 2 Ws 355/24; LG Hamburg, Beschl. v. 05.08.2024 – 612 Qs 67/24; KG Berlin, Beschl. v. 08.02.2017, Az. 3 Ws 39/17; v. 01.04.2011, Az. 3 Ws 153/11).

 

Auch religiöse Gründe können ein Absehen von der Entziehung der Fahrerlaubnis begründen!

Einer Entscheidung des LG Potsdam zufolge (Beschl. v. 07.07.2021, Az. 25 Qs 42/21) kann auch aus religiösen Gründen aufgrund besonderer Umstände von der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis ausnahmsweise abgesehen werden. In dem Verfahren hatte der Beschuldigte unwiderlegbar vorgebracht, infolge des ihm nach religiösen Vorschriften auferlegten Fastens während des Fastenmonats Ramadan habe zum Tatzeitpunkt eine Unterzuckerung vorgelegen.

In dem Verfahren war der Beschwerdeführer am Steuer eingenickt und hatte, als er beim Aufwachen ein parkendes Fahrzeug auf seiner Fahrbahn bemerkte, in einer Ausweichbewegung die Kontrolle über das Fahrzeug verloren und zwei parkende Fahrzeuge auf der gegenüberliegenden Seite sowie den Bordstein beschädigt.

Übrigens: Ist die verwaltungsrechtliche Entziehung der Fahrerlaubnis ohne Rechtsgrund erfolgt, ist die Zeit des Entzuges entsprechend § 25 Abs. 6 StVG auf ein – wegen desselben Ereignisses – verhängtes Fahrverbot anzurechnen (OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.07.2020, Az. 1 Ss-OWi 309/20).

Das Vorliegen von Verdachtsmomenten allein reicht für die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht aus. Wie das OVG Schleswig ausgeführt hat, muss ein Eignungsgutachten, das Grundlage für die Entziehung einer Fahrerlaubnis sein soll, nachvollziehbar sein. Dies erfordert die Wiedergabe aller wesentlichen Befunde, die Darstellung der zur Beurteilung führenden Schlussfolgerungen sowie die logische Ordnung (Schlüssigkeit) des Gutachtens (Nr. 2a Sätze 1 und 2 der Anlage 4a zur Fahrerlaubnisverordnung).

Wenn ein wegen Unfallflucht mit Sachschaden Angeklagter freiwillig auf seine Fahrerlaubnis verzichtet, ist eine Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO möglich (AG Dortmund, Beschl. v. 01.08.2022, Az. 729 Cs-266 Js 575/22-42/22).

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Dr. Wolf-Henning Hammer

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