Landgericht Detmold, Urteil vom 01.10.2022, Az. 04 O 56/22
Es könnte ja seinen Interessen zuwiderlaufen, wenn das Unfallopfer den Verkauf des Fahrzeugs in die eigene Hand nimmt und – aufgrund besonderer Anstrengungen – vielleicht sogar noch mehr erzielt, als es der Versicherer hätte tun können.
Der Vollständigkeit und Fairness halber darf aber nicht verschwiegen werden, dass der Geschädigte bei der Veräußerung des verunfallten Fahrzeugs nicht völlig frei ist; zu einem unrealistisch niedrigen Preis an den Kumpel verkaufen und beim Versicherer abkassieren funktioniert nicht.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Geschädigte sein Fahrzeug aber dennoch verkaufen, ohne dass der Versicherer das ermittelte Restwertangebot kennt.
Der BGH hat am 01.06.2010 in einem – bis heute wegweisenden – Urteil (Az. VI ZR 316/09) entschieden, dass ein Geschädigter lediglich einen Sachverständigen damit beauftragen muss, den Restwert auf dem maßgeblichen regionalen Markt zu ermitteln. Ist dieser Restwert bekannt, darf der Geschädigte das Fahrzeug zu diesem Preis verkaufen. Den Sachverständigen kann der Geschädigte frei wählen. Er darf eben nur nicht unseriös sein.
Anschließend kann der Geschädigte sein Fahrzeug verkaufen. Insbesondere ist er nicht dazu verpflichtet, das Gutachten dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer vorzulegen, damit dieser vor der Veräußerung des beschädigten Fahrzeugs Stellung nehmen oder gegebenenfalls ein besseres Restwertangebot übermitteln kann (LG Bonn, Urteil vom 10.01.2017, Az. 8 S 164/16).
Übrigens: Ob der Geschädigte den sachgerecht ermittelten Restwert (bereits) schriftlich vorliegen hat oder ob er ihm nur mündlich mitgeteilt worden ist, spielt keine Rolle Er darf das Fahrzeug verkaufen, sobald der Restwert vorliegt. Wenn der Versicherer ihm danach höhere Angebote mitteilt, sind diese für das Unfallopfer ohne Belang (LG Detmold, Urt. v. 01.10.2022, Az. 04 O 56/22).
In einem Urteil vom 25.06.2019 (Az.: VI ZR 358/18) hat der BGH für gewerbliche Geschädigte festgestellt:
„Es ist in der Situation der Geschädigten vielmehr wirtschaftlich objektiv unvernünftig, im Rahmen der Schadensabwicklung eine Verwertungsmöglichkeit ungenutzt zu lassen, die im Rahmen des eigenen Gewerbes typischerweise ohne weiteres genutzt wird.“
Bei Stress mit der Abwicklung des Haftpflichtschadens gibt es aber eigentlich nur eine Lösung: Voigt regelt!
Der regionale Markt entscheidet!
Geschädigte müssen nicht warten!
Und täglich grüßt die Restwertbörse
Sind Angebote aus Restwertbörsen bindend?
Prüffrist des Versicherers für höheres Restwertangebot?
Müssen Geschädigte das Restwertangebot des Versicherers abwarten?