Landgericht Hamburg, Urteil vom 28.11.2024, Az. 323 O 330/20
Im Mittelpunkt des anschließenden Rechtsstreits stand die Frage, ob der Versicherer des Taxis für den entstandenen Schaden aufkommen muss.
Die Haftung des ertappten Diebes stand außer Frage. Nach § 7 Abs. 1 und Abs. 3 S. 1 1. HS StVG haftet derjenige, der ein Fahrzeug im Rahmen einer Schwarzfahrt, z.B. nach einem Diebstahl, ohne Wissen und Wollen des Halters gebraucht, wie der Halter selbst. Ob er den Schaden tatsächlich ersetzen kann, steht allerdings auf einem ganz anderen Blatt.
Neben dem Dieb kann auch der bestohlene Halter nach § 7 Abs. 1 und Abs. 3 S. 1 2. HS StVG sowie § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i. V. m. § 14 Abs. 2 S. 2 StVO haften. Voraussetzung für die Haftung ist allerdings, dass er z. B. die Benutzung des Fahrzeugs durch den Dieb, also den unberechtigten Fahrer, schuldhaft ermöglicht hat.
Ein Klassiker ist die unterlassene oder unzureichende Sicherung gegen unbefugte Benutzung (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 2 StVO). Denn um eine solche zu verhindern, muss der Fahrzeughalter bis zur Grenze des Unvermeidbaren alles ihm Zumutbare tun, um eine unbefugte Benutzung zu verhindern. Begründet wird dies damit, dass der Gebrauch von Fahrzeugen durch ungeeignete oder unbefugte Personen erfahrungsgemäß erhebliche Gefahren für den Straßenverkehr mit sich bringt (BGH, Urt. v. 15.12.1970, Az. VI ZR 97/69).
Bekanntlich muss ein Fahrzeug ordnungsgemäß verschlossen sein und darf nicht mit geöffneten Seitenscheiben abgestellt werden (vgl. z.B. VG Köln, Urt. v. 02.06.2023, Az. 20 K 934/20 m.w.N.). Zumutbar ist es aber auch, Fahrzeugschlüssel nicht – jedenfalls nicht ohne ausreichende Sicherung – im Fahrzeug aufzubewahren, da andernfalls eine Entwendung jedenfalls erheblich erleichtert wird und weitere Sicherungsmaßnahmen sinnlos sind (BGH, Urt. v. 30.09.1980, Az. VI ZR 38/79).
Wer also einen Fahrzeugschlüssel in einer unverschlossenen Mittelkonsole aufbewahrt, hat seine Obliegenheiten nicht ausreichend erfüllt und haftet.
Da Versicherer für das Verschulden ihrer Versicherungsnehmer und die Betriebsgefahr des Fahrzeugs einzustehen haben, sind sie gemäß § 7 Abs. 1 und Abs. 3 S. 1 2. HS StVG, § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i. V. m. § 14 Abs. 2 S. 2 StVO i. V. m. § 115 Abs. 1 VVG zum Schadenersatz verpflichtet.
Gegenüber dem Dieb kann sich der Versicherer zwar auf den Risikoausschluss des § 103 VVG und darauf berufen, dass dieser die Herbeiführung eines Unfalls und den daraus resultierenden Schaden, z. B. auf der Flucht vor der Polizei, billigend in Kauf genommen hat.
Im Verhältnis zum Halter ist dies allerdings nur möglich, wenn dem Halter kein Verschuldensvorwurf gemacht werden kann, etwa im Hinblick auf unzureichende oder unterlassene Sicherungsmaßnahmen.
Denn der Schutzzweck der Pflicht nach § 14 Abs. 2 Satz 2 StVO, Kraftfahrzeuge gegen unbefugte Benutzung zu sichern, umfasst auch solche Schäden, die der Schwarzfahrer bei dem Versuch, sich der Festnahme durch die Polizei zu entziehen, mit dem gestohlenen Fahrzeug verursacht.
Entscheidend ist, ob die Pflichtverletzung des Halters die herbeigeführte Gefahr vorhersehbar und nicht unerheblich erhöht hat (vgl. OLG Köln, Urt. v. 27.08.2024, Az. I-3 U 81/23 unter Verweis auf BGH, Urt. v. 30.09.1980, Az. VI ZR 38/79).
Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass das Zurücklassen des Fahrzeugschlüssels in einer Jacke auf dem Rücksitz eines unverschlossenen Fahrzeugs zumindest in der Kaskoversicherung in subjektiver Hinsicht ein besonders schwerwiegendes, unentschuldbares Fehlverhalten darstellen kann, aber nicht muss (vgl. OLG Celle, Urt. v. 18.06.2009, Az. 8 U 188/08). Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls. Bei deren Beurteilung kann wiederum ein Anwalt helfen!
Sie wissen ja: Voigt regelt!