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Geschwindigkeit zu hoch! War es Vorsatz?

Wer bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung erwischt wird, muss mit einem Bußgeld, Punkten oder ggf. sogar mit einem Fahrverbot rechnen. Wird festgestellt, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung vorsätzlich begangen wurde, verdoppelt sich das Bußgeld sogar. Doch wann liegt Vorsatz vor? Erheblich zu schnell = Vorsatz? Vorsätzlich handelt, wer eine Geschwindigkeitsbeschränkung kennt und bewusst dagegen verstößt. Da aber kaum jemand […]
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14.04.2025
ca. 4 Minuten
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Tempomat, Geschwindigkeit, Vorsatz

Wer bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung erwischt wird, muss mit einem Bußgeld, Punkten oder ggf. sogar mit einem Fahrverbot rechnen. Wird festgestellt, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung vorsätzlich begangen wurde, verdoppelt sich das Bußgeld sogar. Doch wann liegt Vorsatz vor?

Erheblich zu schnell = Vorsatz?

Vorsätzlich handelt, wer eine Geschwindigkeitsbeschränkung kennt und bewusst dagegen verstößt.

Da aber kaum jemand zugeben wird, vorsätzlich zu schnell gefahren zu sein, benötigen die Gerichte Anhaltspunkte und Indizien, bei deren Vorliegen auf Vorsatz geschlossen werden kann. Die erhebliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit kann ein solches Indiz sein.

Was ist eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung?

Die obergerichtliche Rechtsprechung geht nach wie vor davon aus, dass der Grad der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ein starkes Indiz für vorsätzliches Handeln sein kann. Allerdings kommt es dabei auf das Verhältnis zwischen der gefahrenen und der vorgeschriebenen Geschwindigkeit an.

Jedenfalls gehen die Gericht von dem allgemeinen Erfahrungssatz aus, wonach einem Fahrzeugführer die erhebliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit aufgrund der Fahrgeräusche und der vorbeiziehenden Umgebung jedenfalls dann nicht verborgen bleiben kann, wenn die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 % überschritten wird.

Warum wird ab 40% Vorsatz angenommen?

Die Gerichte begründen die 40% Schwelle damit, dass “anhand der Motorengeräusche, der sonstigen Fahrgeräusche, der Fahrzeugvibration und anhand der Schnelligkeit, mit der sich die Umgebung ändert, der Fahrer zuverlässig einschätzen kann und dadurch erkennt, dass er die erlaubte Höchstgeschwindigkeit wesentlich überschreitet. Nur bei niedrigeren Überschreitungen müssen weitere Indizien herangezogen werden, wie etwa das Vorliegen von mehreren Geschwindigkeitsüberschreitungen in engem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang” (z.B. BayObLG, Beschl. v. 10.07.2023, Az. 201 ObOWi 621/23; KG, Beschl. v. 27.02.2023, Az. 122 Ss 16/23; OLG Hamm, Beschl. v. 05.12.2019, Az. 2 Rbs 267/19, OLG Zweibrücken, Beschl. v. 03.02.2022, Az. 1 OWi 2 SsBs 113/21; v.14.04.2020, Az. 1 OWi 2 SsBs 8/20; OLG Celle, Beschl. v. 23.06.2017, Az. 2 Ss (Owi) 137/17).

Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls!

Bei einer nachgewiesenen Überschreitung von 40 % kann der Tatrichter zwar regelmäßig davon ausgehen, dass der Fahrzeugführer die Verkehrszeichen wahrgenommen hat und ihm die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht verborgen geblieben sein kann. Jedoch kann eine bestreitende Einlassung des Betroffenen oder das Vorliegen gegenteiliger Anhaltspunkte diese Indizwirkung entkräften (siehe auch Geringer Abstand = Vorsatz?).

Ob eine nicht näher erläuterte Angabe eines Fahrers, er habe die betreffenden Verkehrszeichen übersehen, ausreicht, um diese Indizwirkung zu entkräften, ist zwar fraglich. Denn entlastende Angaben sind nicht schon deshalb als unwiderlegbar hinzunehmen, weil es für das Gegenteil keine unmittelbaren
Beweise gibBei einer nachgewiesenen Überschreitung von 40 % kann der Tatrichter zwar regelmäßig davon ausgehen, dass der Fahrzeugführer die Verkehrszeichen wahrgenommen hat und ihm die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht verborgen geblieben sein kann. Eine bestreitende Einlassung des Betroffenen oder das Vorliegen gegenteiliger Anhaltspunkte können diese Indizwirkung jedoch entkräften.

Ob die Behauptung eines Fahrzeugführers, er habe die betreffenden Verkehrszeichen übersehen, ausreicht, um diese Indizwirkung zu entkräften, ist zweifelhaft. Denn entlastende Angaben dürfen nicht allein deshalb als unwiderlegbar hingenommen werden, weil keine unmittelbaren Beweise für das Gegenteil vorliegen (vgl. BGH, Beschl. v. 19.09.2017, Az. 1 StR 436/17).

Jedenfalls muss der Tatrichter weiterhin die Nachvollziehbarkeit der Einlassung anhand der festgestellten objektiven Tatumstände überprüfen und die Beweisergebnisse im Übrigen, etwa zu den Begleitumständen der Fahrt oder zur Art und einer etwaigen Wiederholung der Beschilderung, in die Gesamtwürdigung einbeziehen und z.B. das Vorliegen eines Augenblicksversagens ausschließen können.

Kurzum, die Urteilsgründe müssen erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, vernünftig nachvollziehbaren Tatsachengrundlage beruht und es sich bei der vom Gericht gezogenen Schlussfolgerung nicht um eine bloße Vermutung handelt, die letztlich nicht mehr als einen Verdacht zu begründen vermag (KG, Beschl. v. 19.02.2014, Az. 3 Ws (B) 67/14). 

Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn, wie in einem vom AG Eilenburg zu entscheidenden Sachverhalt, bei einem über eine längere Strecke zu schnell fahrenden Lkw festgestellt wurde, dass der Tempomat dauerhaft auf 90 km/h und damit deutlich über der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eingestellt war.

Möglicherweise hätte auch hier noch ein Spielraum bestanden, zumal der Bußgeldbescheid nur fahrlässiges Handeln vorwarf. Da sich der Tatrichter jedoch eingehend mit den Umständen des Falles auseinandergesetzt und dabei zu der Überzeugung kam, dass es auch einem geübten Berufskraftfahrer nicht gelingen könne, eine Strecke von 7,7 km ohne Einschaltung eines Tempomaten über einen längeren Zeitraum mit nahezu exakt gleicher Geschwindigkeit zurückzulegen (vgl. BGH, Beschl. v. 11.09.1997, Az. 4 StR 557/96), ging er von einer vorsätzlichen Begehungsweise aus. Dass eine berücksichtigungsfähige einschlägige Voreintragung vorlag, spielte dabei sicher eine Rolle (Urt. v. 04.06.2024, Az. 8 OWi 506 Js 73225/23).

Dass es auch anders hätte ausgehen können, zeigt ein Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 26.04.2022, Az. 3 Ss-OWi 415/22, demzufolge von der Verhängung eines Fahrverbots abgesehen werden kann, wenn Anhaltspunkte für eine außergewöhnliche Härte vorliegen (Kein Fahrverbot bei besonderer Härte!). Bei der Entscheidungsfindung müssen allerdings sämtliche konkreten Umstände des Einzelfalles in objektiver und subjektiver Hinsicht in der Entscheidung berücksichtigt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.03.1996, Az. 2 BvR 616/91).

Fazit & Praxistipp

Auch wenn Indizien für eine vorsätzliche Tatbegehung sprechen können, bedeutet dies nicht, dass am Ende eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Begehung stehen muss. Denn z.B. kann ein zugewachsenes Schild schnell übersehen werden oder andere Gründe können einen Vorsatz ausschließen. Unglücklich ist es allerdings, wenn der Bußgeldbescheid eine fahrlässige Begehung vorwirft, es aber im Verfahren – trotz deutlichen richterlichen Hinweises – zu einer Verurteilung wegen Vorsatzes und der damit verbundenen Verdoppelung des Regelsatzes kommt.

Damit Ihnen das nicht passiert, kontaktieren Sie uns!

Voigt regelt!

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