Parkplätze für Car-Sharing-Fahrzeuge oder Elektrofahrzeuge zählen inzwischen vielerorts zur Normalität.
Ebenso normal ist es, dass dort immer wieder Fahrzeuge abgestellt werden, die nicht zu einer der genannten Gruppen gehören. Wie verhält es sich aber, wenn ein solches „falsch“ geparktes Fahrzeug abgeschleppt wird oder abgeschleppt werden soll, der Fahrer das Fahrzeug aber wegfährt, bevor der
beauftragte Abschleppdienst eingetroffen ist? Die erste Frage hat u.a. das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen bereits am 23.01.2020 (Az. 17 K 4015/18) entschieden, die zweite das Verwaltungsgericht Düsseldorf (Urt. v. 20.02.2024, Az. 14 K 491/23).
In der ersten Fallkonstellation hatte ein Pkw mit Verbrennungsmotor auf einem speziell für Elektrofahrzeuge ausgewiesenen Parkplatz geparkt. Eine Telefonnummer war nicht hinterlegt. Da der Parkplatz für seinen bestimmungsgemäßen Zweck blockiert war, beauftragte die Ordnungsbehörde beauftragte daraufhin ein Abschleppunternehmen und lies das Auto entfernen. Als der Halter sein Fahrzeug am Verwahrort abholte, weigerte er sich Abschleppkosten zu bezahlen.
Nach Anhörung des Halters setzte die Behörde die Abschleppkosten auf 222 Euro zuzüglich einer
Verwaltungsgebühr von 115 Euro fest. Dagegen erhob der Fahrzeughalter Klage. Er war der Ansicht, dass der bloße Parkverstoß ein Abschleppen nach einer Wartezeit von nur 15 Minuten nicht rechtfertigen könne.
Zudem sei hinter seinem Fahrzeug eine weitere Park- bzw. Ladefläche für Elektrofahrzeuge frei gewesen. Da weder eine konkrete Behinderung noch eine Funktionsbeeinträchtigung vorgelegen habe, sei die Abschleppmaßnahme unverhältnismäßig gewesen.
Der Verwaltungsgerichtshof wies die Klage ab. Er teilte die Auffassung der Behörde und führte in der Urteilsbegründung aus: Nach der Rechtsprechung der Ober- und Höchstgerichte ist das Abschleppen verbotswidrig abgestellter Fahrzeuge regelmäßig dann geboten, wenn sie andere Verkehrsteilnehmer behindern. Eine solche Behinderung liege bereits dann vor, wenn Verkehrsflächen in ihrer Funktion
beeinträchtigt werden.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf stufte das Abschleppen eines Fahrzeugs mit Verbrennermotor von einer Elektrotankstelle aufgrund der negativen Vorbildwirkung, die ein verkehrswidriges Verhalten für andere Kraftfahrer haben könne (hierzu: BVerwG, Beschl. v. 20.12.1989, Az. BVerwG 7 B 179.89) als angemessen ein. Berufen hat es sich dabei u.a. auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, Beschl. v. 18.02.2002, Az. 3 B 149/01; Urt. v. 14.05.1992, Az. 3 C 3/90 sowie des OVG NRW (Urt. v. 15.05.1990, Az. 5 A 1687/89; v. 29.09.1989, Az. 5 A 878/89).
Zudem hätten die Regelungen des Elektromobilitätsgesetzes deutlich gemacht, dass der Gesetzgeber der Privilegierung von Elektrofahrzeugen im Allgemeinen und u.a. dem privilegierten Parken auf öffentlichen Straßen und Wegen im Besonderen eine hohe Bedeutung beimesse. Eine gegenteilige Bewertung stehe dem Verkehrsteilnehmer nicht zu (VG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2023, Az. 14 K 7479/22).
Durch das unberechtigte Abstellen des Verbrennerfahrzeugs habe dessen Halter eine Störung der öffentlichen Sicherheit verursacht. Diese liege in einem Verstoß gegen die Rechtsordnung, der die mit der Ausweisung des Sonderparkplatzes verbundene Funktion, das – bloße – Parken von ausschließlich zugelassenen Elektrofahrzeugen zu ermöglichen, beeinträchtigt habe.
Der parkberechtigte Personenkreis müsse sich darauf verlassen können, dass der gekennzeichnete Parkplatz jederzeit zur Verfügung stehe. Das Abschleppen sei daher auch ohne konkrete Beeinträchtigung des bevorrechtigten Personenkreises grundsätzlich nicht unverhältnismäßig (s.a. VG Aachen, Urt. v. 23.02.2007, Az. 6 K 78/07).
Begründet sei dies damit, dass im Zeitpunkt der Entscheidung über den Erlass einer Abschleppanordnung
in aller Regel weder absehbar ist, wann das nächste parkberechtigte (Elektro-)Fahrzeug eintreffen wird, noch eingeschätzt werden kann, wann der Verantwortliche das dort unberechtigt abgestellte Fahrzeug selbst entfernen wird.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat diese Grundsätze auf Car-Sharing-Parkplätze übertragen.
Unter Bezugnahme auf das o.g. Urteil vom 19.09.2023, Az. 14 K 7479/22, führt es aus, dass Nutzer von Car-Sharing-Fahrzeugen darauf vertrauen können müssen, dass ausdrücklich für Car-Sharing-Fahrzeuge reservierte Parkflächen frei bleiben und genutzt werden können. Daher dürfen unberechtigt auf einer solchen Parkfläche abgestellte Fahrzeuge auch ohne konkrete Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer
und ohne Wartezeit abgeschleppt werden.
Sonderparkplätze – ob für Elektro- oder Car-Sharing-Fahrzeuge – genießen einen besonderen Schutz vor unberechtigter Nutzung. Wer dies nicht beachtet und sein Fahrzeug dort abstellt, obwohl es nicht zur privilegierten Gruppe gehört, muss damit rechnen, abgeschleppt und für die entstandenen Kosten in Anspruch genommen zu werden.
Entscheidend sind aber auch hier die Umstände des Einzelfalls. Wenn Sie meinen, zu Unrecht
abgeschleppt worden zu sein, sprechen Sie mit uns. Wir prüfen den Sachverhalt und regeln das!
Aktualisiert am 01.08.2024