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Was gilt bei Türöffner-Fällen?

Beim Ein- und Aussteigen in oder aus einem Kraftfahrzeug kommt es immer wieder zu Verkehrsunfällen. Und so wie auch wir an dieser Stelle bereits darüber berichtet hatten, müssen sich auch die Gerichte immer wieder mit sogenannten Türöffner-Fällen befassen.
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24.04.2023
ca. 3 Minuten
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Was gilt bei Türöffner-Fällen?

Das OLG Saarbrücken hatte sich am 24.03.2023 (Az. 3 U 3/23) mit einem Sachverhalt zu befassen, bei dem ein Fahrzeugführer mit seinem Auto gegen die geöffnete hintere linke Tür eines – in einer Parkbucht abgestellten – Autos prallte. Die Besonderheit an dem Sachverhalt bestand in der Klärung der Haftungsverteilung, wenn die Tür nicht plötzlich geöffnet worden ist, sondern bereits seit längerer Zeit offen gestanden hatte.

Wer ein- oder aussteigt muss vorsichtig sein!

Bevor das Gericht sich mit der Haftungsverteilung befasste, stellte es zunächst folgendes fest:

Nach § 14 Abs. 1 StVO muss, wer ein- oder aussteigt, sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Die Vorschrift dient in erster Linie dem Schutz des fließenden Verkehrs und verlangt von dem Aussteigenden ein Höchstmaß an Sorgfalt (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 31.03.2020, Az. 1 U 101/13).

Wie lange gilt die Sorgfaltspflicht?

Weiter hat das Gericht ausgeführt, die Sorgfaltsanforderung gelte für die gesamte Dauer des Ein- oder Aussteigevorgangs. Erfasst seien damit alle Vorgänge, die in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang damit stehen, wobei der Vorgang des Einsteigens erst mit dem Schließen der Fahrzeugtüre, der Vorgang des Aussteigens erst mit dem Schließen der Fahrzeugtüre und dem Verlassen der Fahrbahn beendet ist.

Gibt es spezielle Konstellationen?

Insbesondere benennt das Urteil Situationen, in denen der Insasse eines Kraftfahrzeugs sich im unmittelbaren Zusammenhang mit einem Ein- oder Aussteigevorgang bei geöffneter Tür in das Kraftfahrzeug beugt, um etwa – wie hier – Gegenstände ein- oder auszuladen (vgl. BGH, Urt. v. 06.10.2009, Az. VI ZR 316/08).

Existieren zeitliche Vorgaben für das Ein- oder Aussteigen?

Prinzipiell gilt, dass das Ein- und Aussteigen zur Fahrbahnseite regelmäßig mit besonderen Gefahren verbunden ist, weshalb der der Vorgang so zügig wie irgend möglich durchzuführen ist. Insbesondere darf die Tür nicht länger offengelassen werden als unbedingt notwendig (vgl. OLG Celle, Urt. v. 04. 12.2019, Az. 14 U 127/19; KG Berlin, Beschl. v. 22.11.2007, Az. 12 U 199/06).

Wenn es – wie in dem zu beurteilenden Sachverhalt – im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Ein-/Aussteigevorgang zu einer Kollision mit dem fließenden Verkehr kommt, spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung des Ein- oder Aussteigenden (vgl. BGH, Urt. v. 06.10.2009, Az. VI ZR 316/08). Dies gilt nicht zuletzt wenn feststeht, dass die Tür des haltenden oder parkenden Fahrzeugs nicht unerheblich (hier: 20 cm) in die Fahrbahn hineinragt.

Die Behinderung des Verkehrs entscheidet!

Ob eine Tür während der Annäherung des Beklagtenfahrzeugs bereits geöffnet war und oder erst während der Vorbeifahrt weiter geöffnet wurde, spielt in Bezug auf den Anscheinsbeweis keine Rolle.

Plausibel führt das Gericht hierzu aus, dass die Sorgfaltspflicht des § 14 Abs. 1 StVO sich nicht ausschließlich auf solche Vorgänge beschränkt, bei denen sich durch das unvorsichtige Öffnen einer Fahrzeugtür ein Überraschungsmoment für andere Verkehrsteilnehmer ergibt (vgl. BGH, Urt. v. 06.10. 2009, Az. VI ZR 316).

Die Auffassung des Gerichts überzeugt schon von daher, dass eine Behinderung oder Gefährdung des fließenden Verkehrs nicht schon dadurch ausgeschlossen wird, dass die Tür bereits längere Zeit geöffnet ist. Zudem können der Ein- oder Aussteigende auch nicht darauf vertrauen, dass Teilnehmer des fließenden Verkehrs einen ausreichenden Seitenabstand einhalten (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 02.03.2018, Az. 3 U 232/16; OLG München, Beschl. v. 21.07.2011, Az. 10 U 2529/11) 

Die Haftungsverteilung ist einzelfallabhängig!

Eine generelle und für alle Konstellationen geltende Aussage zur Haftung bei Türöffner-Fällen ist, auch wenn der Beweis des ersten Anscheins zu Lasten des Ein- oder Aussteigenden spricht, nicht möglich.

Wenn es aber es – wie in dem vom OLG Saarbrücken zu beurteilenden Sachverhalt– zur Kollision zwischen einem ohne ausreichenden Seitenabstand vorbeifahrenden Fahrzeugs mit der in die Fahrbahn ragenden Fahrzeugtür eines Fahrzeugs gekommen ist, während sich jemand in dieses Fahrzeug beugt, kann eine Haftungsteilung angemessen sein. Entscheidend ist, ob eben, wer schuld an dem Unfall war oder ob es an einem deutlich überwiegenden Verschulden einer der Beteiligten Parteien fehlt.

Fazit

Wie das Urteil des OLG Saarbrücken zeigt, sind Türöffner-Fälle nicht anhand einer pauschalen Formel, sondern nur einzelfallbezogen zu beurteilen. Wer in einen Türöffner-Fall verwickelt ist, sollte seine Rechte daher nicht leichtfertig aus der Hand geben, sondern die Klärung in erfahrene Hände legen.

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FAQ

Gelten in verkehrsberuhigten Bereichen spezielle Regeln?

In einem vorgehenden Urteil hatte das LG Saarbrücken festgestellt, dass Aussteigende im Rahmen des allgemeinen Rücksichtnahmegebots nach § 1 Abs. 2 StVO auch in verkehrsberuhigten Bereichen dazu verpflichtet sind, sich vor dem Türöffnen zu vergewissern, dass kein anderer Verkehrsteilnehmer durch das Türöffnen geschädigt wird. Insbesondere in einem engen Straßenbereich hat der Aussteigende beim Türöffnen für die gesamte Dauer des Aussteigevorgangs, der erst mit dem Schließen der Fahrzeugtüre und dem Verlassen der Fahrbahn beendet ist (LG Saarbrücken, Urt. v. 11.02.2022, Az. 13 S 135/21).

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Zum Urteil geht es hier.

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