Grundsätzlich darf ein Geschädigter seiner Abrechnung die Kosten zugrunde legen, die in einer markengebundenen Werkstatt entstehen (BGH, Urt. v. 13.07.2010, Az. VI ZR 259/09). Der Schädiger kann jedoch unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer freien Fachwerkstatt verweisen, sofern diese ohne Weiteres und mühelos zugänglich ist.
Er muss allerdings darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass die Reparaturqualität in dieser Werkstatt der Qualität einer Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht. Dabei muss er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegen, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen.
Im Allgemeinen ist die Durchführung der Reparatur in einer freien Fachwerkstatt für den Geschädigten dann unzumutbar, wenn das beschädigte Fahrzeug im Unfallzeitpunkt nicht älter als drei Jahre war.
Aber auch bei älteren Kraftfahrzeugen kann es für den Geschädigten unzumutbar sein, sich auf eine technisch gleichwertige Reparaturmöglichkeit außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Geschädigte sein Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen (BGH, a. a. O.).
Nach der allgemeinen Faustformel soll die mühelose Erreichbarkeit gegeben sein, „wenn die Referenzwerkstatt auf öffentlich zugänglichen Straßen nicht mehr als 20 km vom Wohnort des Geschädigten entfernt ist. Dabei kommt es nicht auf die Luftlinie an; auch ist irrelevant, ob sich die benannte Werkstatt im Gemeindegebiet des Wohnorts des Geschädigten.“ (z.B. OLG München, Urt. v. 21.09.2022, Az. 10 U5397/21e),
Unter Zugrundelegung dieser Prinzipien sah es das Landgericht Dortmund als zumutbar an, den Oldtimer in der vom Versicherer des Unfallverursachers vorgeschlagenen freien Fachwerkstatt instand setzen zu lassen, da diese weniger als 10 km vom Wohnort der Klägerin entfernt lag.
Ein weiterer Punkt war, dass der Sachverständige diesen Betrieb laut Gutachten bereits mehrfach besichtigt hatte und der Auffassung war, dass der Betrieb sowohl in Hinblick auf die Werkstattausstattung als auch die Qualifikation der Mitarbeiter in der Lage war, die Reparatur vollständig und fachgerecht durchzuführen.
Hätte diese Information lediglich als Textbaustein in einem sogenannten Prüfbericht gestanden, wäre die Sache aller Wahrscheinlichkeit nach anders zu beurteilen gewesen.
Ein weiterer Aspekt war, dass auch bei Oldtimern kann ein Anspruch auf die Reparatur in einer Markenwerkstatt bestehen kann (vgl. BGH, Urt. v. 13.07.2010, Az. VI ZR 259/09). Voraussetzung dafür ist allerdings, dass Wartungs- und Reparaturarbeiten stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt durchgeführt wurden. Dies war hier allerdings nicht der Fall. Ein dahingehender Anspruch war daher – zumindest unter diesem Aspekt – nicht gegeben.
Das Gericht ging jedoch noch einen Schritt weiter. Es prüfte, ob sich eine Unzumutbarkeit der Reparatur in der Verweisungswerkstatt möglicherweise aus der Oldtimer-Eigenschaft des Fahrzeugs herleiten lasse und ob der Geschädigte schon deshalb ein besonderes Integritätsinteresse geltend machen könne. Auch hier kam es zu dem Ergebnis, dass kein besonderes Integritätsinteresse festgestellt werden könne.
Auch diesen Aspekt hatte der Sachverständige berücksichtigt und ausgeführt, dass die Werkstatt die Reparatur des beschädigten „Oldtimers” (in formeller Hinsicht siehe § 23 StVZO) vollständig und fachgerecht ausführen könne.
Die Notwendigkeit einer Reparatur in einer Markenwerkstatt hätte allenfalls infrage kommen können, wenn nur dort bestimmte Originalersatzteile bzw. -lacke erhältlich gewesen wären oder das erforderliche Know-how für deren Verarbeitung nur dort vorhanden gewesen wäre. Derartige Aspekte waren aber weder ersichtlich noch geltend gemacht worden.
Zudem spielen Markenwerkstätten bei der Reparatur von Oldtimern regelmäßig keine besondere Rolle und verfügen auch nicht über besondere Kenntnisse und Erfahrungen mit der Reparatur von Oldtimern. Zu klären war schließlich, ob die Inanspruchnahme einer spezialisierten Oldtimerwerkstatt in dieser speziellen Situation gerechtfertigt gewesen sein konnte. Dies wurde aber nicht geltend gemacht und war daher auch nicht weiter zu prüfen.
Auch diese Entscheidung kann als Beleg der im Jahr 2024 vom Oberlandesgericht Frankfurt (Urt. v. 02.12.2014, Az. 22 U 171/13) getroffenen und nachfolgend von einer Vielzahl weiterer Gerichte bestätigten Feststellung gewertet werden, dass auch bei einfachen Verkehrsunfallsachen die Einschaltung eines Rechtsanwalts von vornherein als erforderlich anzusehen ist. Gerade die immer unüberschaubarere Entwicklung der Schadenspositionen und der Rechtsprechung zu den Mietwagenkosten, Stundenverrechnungssätzen usw. lässt es fahrlässig erscheinen, einen Schaden ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts abzuwickeln.
Sollten Sie daher in einen Unfall verwickelt sein, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren!
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