Zum Urteil des Landgerichts Rottweil vom 08.05.2023, Az. 5 O 30/22
Vorab – Überführungskosten sind nicht mit den Verbringungskosten im Schadenfall zu verwechseln!
Gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV sind Anbieter einer Ware oder Dienstleistung Endverbrauchern gegenüber verpflichtet, den Endpreis, d.h. den Preis anzugeben, der einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen ist.
Die Vorschrift dient der Preistransparenz in der Werbung und soll die Vergleichbarkeit verschiedener Angebote erleichtern. Für die Rechtsprechung ist dieses Erfordernis dann erfüllt, wenn die ein Verbraucher den Gesamtpreis inklusive aller anfallenden Kosten kennt und ohne großen Aufwand, d.h. insbesondere ohne zusätzliches Nachrechnen, direkt mit Angeboten der Konkurrenz vergleichen kann, um eine informierte geschäftliche Entscheidung treffen zu können.
Allerdings muss es die Annonce gezielte Werbung sein. Und die liegt für den BGH immer dann vor, „wenn der Verbraucher so viel über das Produkt und dessen Preis erfährt, dass er sich für den Kauf entscheiden kann, ohne dass er durch die Art der kommerziellen Kommunikation schon die tatsächliche Möglichkeit zum Kauf erlangt oder die Auswahl anderer Ausführungen des Produkts aufgegeben haben muss“ (Urt. v. 12.09.2013,0 Az. I ZR 123/12).
Soll ein Fahrzeug – klassischerweise – beim Händler abgeholt werden und ist klar, dass zusätzlich zum Kaufpreis noch Überführungskosten anfallen, gibt es in der Regel keine Probleme. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Überführungskosten bereits in dem blickfangmäßig herausgestellten Preis enthalten und nicht gesondert und „versteckt“ ausgewiesen worden sind (LG Saarbrücken, Urt. v. 15.11.2017, Az. 7 HK O 36/17).
Allerdings ist die Übergabe beim Händler inzwischen nicht mehr die einzige Art der Auslieferung von Neufahrzeugen. Neben der Werksabholung ist inzwischen auch die Lieferung Haustürzustellung, d.h. die Lieferung an eine Wunschadresse des Verkäufers möglich.
Da es sich bei der Haustürzustellung um eine zusätzliche Dienstleistung handelt, deren Kosten regelmäßig nicht in den Kosten der – oftmals nach wie vor erforderlichen – Überführung enthalten und daher zusätzlich aufzuaddieren sind, müssen auch sie, wie die obligatorisch anzugebenden Überführungskosten (hierzu: EuGH, Urt. v. 07.07.2016, Az. C 476/14) in der Werbung im Gesamtpreis für das Fahrzeug enthalten sein.“ Ein Sternchenhinweis soll daher nicht genügen (KG Berlin, Urt. v. 04.09.2012, Az. 5 U 103/11).
Begründet hatte das Kammergericht dies damit, dass “Fahrzeugüberführungskosten“ im Regelfall überhaupt kein gesondertes Käuferinteresse tangieren. Denn ein Interessent möchte beim Händler vor Ort die Ware erwerben und interessiert sich nicht dafür, wie und auf welche Weise sie dorthin gelangt ist. “Deshalb schenkt er dieser Position keine Aufmerksamkeit und hat keinen Grund, sich an gesondert ausgewiesene und hinzuzurechnende Überführungskosten“ zu gewöhnen.”
Gesondert dürfen Überführungskosten nur in zwei Konstellationen angegeben werden.
Hat der Kunde dagegen keine Wahlmöglichkeit und wird nur die Haustürzustellung angeboten, verstößt die Bewerbung des Fahrzeug mit einem niedrigeren Preis selbst dann gegen
§ 3 Abs. 1 UWG, § 1 Abs. 1 S 1 PAngV, wenn die Kosten der Haustürzustellung separat angegeben werden.
Begründet wird dies damit, dass der Kfz-Handel weder ein klassischer Online-Handel ist noch die Fahrzeugbörsen / Verkaufsplattformen für Kraftfahrzeuge Versandhandelsplattformen entsprechen, bei denen eine Abholung der angebotenen waren klassischerweise und branchenüblich nicht möglich ist (vgl. LG Rottweil, Urt. vom 8. Mai 2023, Az. 5 O 30/22; zum Versandhandel: BGH, Urt. v. 04.10.2007, Az. I ZR 143/04). Das Kammergericht Berlin hatte bereits zuvor entschieden, dass der „Pkw-Handel mit Neufahrzeugen kein Fernabsatzgeschäft“ ist (Urt. v. 04.09.2012, Az. 5 U 103/11). Unbestritten ist dies jedenfalls dann, wenn das Fahrzeug speziell für den Kunden konfiguriert wird. Eine weitere Folge ist, dass Überführungskosten eben keine Versandkosten sind!
Wie so oft, so gilt auch hier: Wer schreibt bleibt. Wer seine Waren dagegen ohne die erforderliche Transparenz und Eindeutigkeit bewirbt, verschafft sich voraussichtlich weniger einen Marktvorteil, sondern handelt sich eher Ärger mit seinen Wettbewerbern und / oder einschlägig bekannten Verbänden ein.