BGH, Urteil vom 14. November 2023, Az. VI ZR 98/23
Das Amtsgericht Hannover gab dem Versicherer der Zugmaschine Recht (AG Hannover, Az. 552 C 884/22 v. 05.07.2022). Das in der Berufungsinstanz zuständige Landgericht änderte das Urteil aber und wies die Klage ab (Az. 17 S 26/22 v. 24.02.2023). Am Ende landete die Angelegenheit beim BGH, der das landgerichtliche Urteil bestätigte. Die Begründung in der Kurzfassung lautete „Wer schiebt zieht und haftet“!
Nachdem es bei Gespannunfällen immer wieder zu Problemen bei der Schadenregulierung gekommen war, hatte das Bundeskabinett 2020 die Reform der Haftung bei Unfällen mit Anhängern und Gespannen im Straßenverkehr beschlossen. Das Gesetz zur Haftung bei Unfällen im Straßenverkehr war daraufhin am 17.07.2020 in Kraft getreten.
Im Kern geht es dabei um Konstellationen, bei denen Zugfahrzeug und Anhänger bei verschiedenen Versicherungsunternehmen versichert sind.
In der Gesetzesbegründung heißt es, dass wenn ein Gespann an dem Unfall beteiligt ist, im Innenverhältnis grundsätzlich der Halter des Zugfahrzeugs den Schaden zu tragen hat. Etwas Anderes kann gelten, wenn der Anhänger ausnahmsweise gefahrerhöhend gewirkt hat. Als Beispiele seien Überlänge, Überbreite, Schwertransporten oder technischen Defekte genannt.
Zum Ziehen des Anhängers als solchem heißt es, „§ 19 Absatz 4 Satz 4 StVG-E greift diese Ausnahme auf und stellt klar, dass allein das Ziehen des Anhängers im Regelfall nicht die Gefahr in der Weise erhöht, dass sie im Sinne des § 19 Absatz 4 Satz 3 StVG-E höher ist als durch das Zugfahrzeug allein. Sonst würde allein durch die Verbindung zwischen Zugfahrzeug und Anhänger zum Gespann, welche schon Voraussetzung der Anwendbarkeit des § 19 Absatz 4 StVG-E ist, der in § 19 Absatz 4 Satz 2 StVG-E bestimmte Regelfall durchbrochen und die Regelung damit konterkariert.“
Der BGH musste klären, ob das einfache Rückwärtsfahren mit einem Anhänger als “Ziehen” im Sinne von § 19 Abs. 4 Satz 4 StVG zu werten ist. Der Senat räumte zwar ein, “Ziehen” im natürlichen Sinne sei eine Bewegung nach vorne. Mit Blick auf die Systematik des Gesetzes sowie den Willen des Gesetzgebers, seien „Ziehen“ und „Schieben“ aber gleich zu bewerten. Der Versicherer des Zugfahrzeugs blieb daher auf seiner Forderung sitzen.
Das Urteil zeigt, nicht nur der Wortlaut, auch die Auslegung von Gesetzen sind für den Ausgang eines Rechtsstreits entscheidend. Unsere Rechtsanwälte wissen dies und berücksichtigen es im Prozess!
Sollten sie in einen Schadenfall verwickelt worden sein, ob mit oder ohne Anhänger, kontaktieren Sie uns!
Voigt regelt!
Neuregelung der Haftung bei Unfällen mit Anhängern und Gespannen