Urteil des BGH vom 26.05.2023, Az. VI ZR 274/22
Gemäß § 249 Abs. 1 BGB hat der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand wiederherzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
Davon, dass Geschädigte, die einen auf Gewinnerzielung ausgerichteten Reparaturbetrieb führen, keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten einer Fremdreparatur einschließlich des Gewinnanteils haben sollen, wenn sie das Fahrzeug selber reparieren, steht dort nichts.
Vom Grundsatz her hatte der BGH deshalb auch keine Zweifel daran, warum ein selbst reparierender Betrieb nicht auch so entschädigt werden sollte, als wäre die Reparatur in einem Fremdbetrieb und nicht im eigenen Unternehmen durchgeführt worden.
Allerdings, so schränkte der BGH in seinem Urteil ein, müsse sich ein Geschädigter, der einen Kfz-Betrieb betreibt, „unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbsatz BGB auf eine gleichwertige Reparaturmöglichkeit in seiner eigenen Werkstatt verweisen lassen, wenn sein Betrieb nicht ausgelastet und es ihm zumutbar ist, ansonsten ungenutzte Kapazitäten für die notwendige Reparatur zu nutzen. Dies gilt sowohl bei der konkreten als auch bei der fiktiven Schadensabrechnung.“
Das Urteil ist keine Revolution, sondern setzt lediglich die bisherige Rechtsprechung der Instanzgerichte und des BGH fort.
Die Feststellung, dass Geschädigte bei der Beseitigung eines Schadens, aufgrund der Schadensminderungspflicht des § 254 BGB, zur Geringhaltung des Schadens verpflichtet sind, gehört ebenso dazu wie der Umstand, dass Geschädigte grundsätzlich die Möglichkeit zu wählen haben, die den geringeren Aufwand erfordert. Ob der Schaden dann tatsächlich behoben wird oder der Geschädigte sich für die fiktive Abrechnung entscheidet, ist irrelevant. Allerdings beschränkt das Wirtschaftlichkeitsgebot den Umfang des Schadensersatzes eben auf das Maß des Erforderlichen.
Wie weit die Pflicht zur Schadensminderung im Einzelfall geht, hängt von der individuellen Lage sowie den Einfluss- und Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten ab. Und was für eine Privatperson gilt, muss eben nicht auch für einen Wirtschaftsbetrieb gelten und umgekehrt. Wer über besondere Expertise, erhöhte Einflussmöglichkeiten oder sonstige Vorteile oder Erleichterungen verfügt, kann im Zweifel sogar weniger bekommen als ein „unbedarfter“ Geschädigter.
Geschädigte die ihr Fahrzeug nicht selber reparieren können, haben regelmäßig Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten, die in einer markengebundenen Fachwerkstatt anfallen. Ob das Fahrzeug voll, minderwertig oder überhaupt nicht repariert wird, spielt dabei keine Rolle. Und bei der fiktiven Schadensabrechnung können in der Regel ebenfalls die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde gelegt werden, die ein von Geschädigten eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Dasselbe gilt für die Kosten der Ersatzteile.
Grundsätzlich gilt dies auch für Geschädigte, die infolge besonderer Fähigkeiten oder aus sonstigen individuellen Gründen zu einer Eigenreparatur imstande sind, d.h. auch für Kfz-Betriebe mit eigener Werkstatt.
Private Geschädigte können die Höhe des unfallbedingten Schadens durch die Wahl des Instandsetzungsbetriebes beeinflussen. Ein Kfz-Betrieb, der über eine eigene Werkstatt verfügt und selber repariert, hat diese Wahlmöglichkeit nur, wenn er das Fahrzeug in eine andere Werkstatt gibt, weil die eigene vollständig ausgelastet ist. Dies ist dann auch der entscheidende Punkt.
Ist die eigene Werkstatt nicht ausgelastet, verpflichtet die Schadensminderungspflicht den Betrieb dazu „ansonsten ungenutzte Kapazitäten für die notwendige Reparatur zu nutzen“. Zudem wird dem Betrieb in einer solchen Konstellation der Anspruch auf den Unternehmergewinn abgesprochen. Das ist zwar nicht neu, sondern ständige Rechtsprechung des BGH. Ärgerlich ist es trotzdem.
Versicherer behaupten im Prozess standardmäßig gerne, die Werkstatt des Geschädigten sei nicht ausgelastet gewesen. Betriebe müssen dies dann widerlegen oder – als Folge der sekundären Darlegungslast – bereits von sich aus die betriebliche Auslastungssituation darstellen. Es ist dann Sache des Versicherers nachzuweisen, dass der Betrieb nicht ausgelastet war und ansonsten ungenutzte Kapazitäten für die notwendige Reparatur hätten genutzt werden können.
Kommt der Betrieb seiner sekundären Darlegungslast nicht nach, werden die geltend gemachten Reparaturkosten im Prozess höchstwahrscheinlich selbst dann um den Unternehmergewinn gekürzt, wenn der Betrieb bis unter die Decke ausgelastet war, keine freien Kapazitäten zur Verfügung standen und das beschädigte Fahrzeug nur unter Aufbringung überobligatorischer Anstrengungen repariert werden konnte. Das ist dann nicht nur ärgerlich, sondern auch überflüssig.
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Was ist unter erforderlichen Kosten zu verstehen?
Nach einem Verkehrsunfall sind dem Geschädigten die erforderlichen Reparaturkosten zu ersetzen. Der Umfang richtet sich bei einer Reparatur nach der Rechnung oder bei der fiktiven Abrechnung nach der Einschätzung des Schadens (Sachverständigengutachten oder Kostenvoranschlag).
Mehr dazu unter dem Stichwort Reparaturkosten
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