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Führerschein weg nach Parkplatzrempler? Teil 2

Was ist ein bedeutender Schaden? Worauf kommt es bei der Berechnung an? Ob ein Schaden „bedeutend“ ist, hängt davon ab, in welcher er das Vermögen des Geschädigten vermindert. Entscheidend ist nicht die numerische, sondern die Höhe in der der Schaden zivilrechtlich erstattungsfähig ist. Den entsprechenden Nachweis kann z.B. ein Kfz-Sachverständigengutachten liefern (vgl. KG Berlin, Beschl. […]
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11.09.2023
ca. 4 Minuten
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Was ist ein bedeutender Schaden? Worauf kommt es bei der Berechnung an?

Ob ein Schaden „bedeutend“ ist, hängt davon ab, in welcher er das Vermögen des Geschädigten vermindert. Entscheidend ist nicht die numerische, sondern die Höhe in der der Schaden zivilrechtlich erstattungsfähig ist. Den entsprechenden Nachweis kann z.B. ein Kfz-Sachverständigengutachten liefern (vgl. KG Berlin, Beschl. V. 03.08.2021, Az. (3) 121 Ss 60/21 (32/21). Eine polizeiliche Schätzung reicht nicht, insbesondere, wenn naheliegende Feststellungen nicht unternommen werden (VerfG d. Saarlandes, Beschl. v. 08.11.2022, Az. LV 13/22).

Wichtig ist, dass das Merkmal „bedeutend“ sich an der „reinen“ Schadenhöhe orientiert. Mietwagenkosten oder Nutzungsausfallentschädigungen bleiben daher bei der Berechnung außen vor, um nur zwei Positionen zu nennen. Zudem spielt es eine Rolle ob ein Geschädigter zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, so dass nur der Netto-Schaden zu ersetzen ist. Dies hat zwar zur Folge, dass ein und dieselbe Beschädigung bei einem privaten Geschädigten „bedeutend“ ist, bei einem vorsteuerabzugsberechtigten Geschädigten dagegen nicht. Restsystematisch ist das aber in Ordnung.

Für viele Gerichte sind Schäden erst ab einer Höhe von 1.500 Euro bedeutend. Ein Sachschaden in Höhe von ca. 670 Euro (netto) ist deshalb – zumindest wenn es um die Entziehung der Fahrerlaubnis geht –unbeachtlich (Bayerischer Verfassungsgerichtshof v. 15.02.2023, Az. Vf. 70-VI-21). Bei einem Schaden von ca. 1900 Euro sieht das schon anders aus (vgl. LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 28.06.2022, Az. 5 Qs 40/22). Aber auch hier ist entscheidend, ob der Geschädigte vorsteuerabzugsberechtigt ist oder nicht.

Das Landgericht Hamburg hat die Wertgrenze angehoben!

Realitätsnah hat das Landgericht ausgeführt, „bei der Beurteilung eines Schadens als bedeutend im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB (sind) auch die fortschreitende Entwicklung der Reparaturkosten und die Einkommensentwicklung zu berücksichtigen (vgl. bereits LG Hamburg, Beschluss vom 19.07.1991, Az. 603 Qs 607/91). Bereits aus diesem Grunde erscheint eine Anhebung der Wertgrenze mittlerweile angebracht. Zudem sollte die Wertgrenze deshalb nicht zu niedrig bemessen werden, weil sonst die Relation zu den anderen Merkmalen „Tötung oder nicht unerhebliche Verletzung eines Menschen“ nicht gewahrt wäre.

Die Verkehrsbeschwerdekammern des Landgerichts Hamburg haben sich daher darauf verständigt, den Wert, ab welchem ein bedeutender Schaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB anzunehmen ist, auf 1.800,00 Euro anzuheben. Ob andere Gerichte nachziehen, bleibt abzuwarten.

Spannend ist in diesem Zusammenhang, dass das OLG Hamm die Wertgrenze für die Gefährdung fremder Sachen von bedeutendem Wert i.S.v. § 315 c Abs. 1 StGB  – unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rechtsprechung aus dem Jahr 2012 (BGH v.  25.1.2012, Az.  4 StR 507/11) noch bei 750 Euro gezogen hat (Urt. v. 20.05.2021, Az. 4 RVs 48/21).

Welche Rolle spielen persönliche Merkmale bei der Entziehung der Fahrerlaubnis?

Neben der Höhe des Schadens spielen auch persönliche Eigenschaften eine Rolle. So ist sich die Rechtsprechung z.B. darin einig, dass ein Regelfall der Fahrerlaubnisentziehung nach einer Unfallflucht wegen charakterlicher Ungeeignetheit gemäß § 69 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 StGB nicht nur dann vorliegt, wenn ein Täter einen bedeutenden Schaden verursacht hat. Entscheidend ist, ob er dies – im Sinne von § 142 StGB – auch weiß oder wissen kann (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 05. 04.2022, Az. III-5 RVs 31/22; OLG Koblenz, Beschl. v. 23.03.2022, Az. 5 OLG 32 Ss 214/21).

Das Verhalten entscheidet!

In einem anderen Sachverhalt konnte das angemessene Verhalten eine Unfallverursacherin vor dem Entzug der Fahrerlaubnis bewahren. Auch diese hatte ein Auto auf angefahren und sich zunächst vom Unfallort entfernt.

Das LG Hamburg glaubte ihr, dass sie nach dem von ihr verursachten Parkrempler sehr verunsichert und geschockt gewesen war und nur deshalb nicht richtig reagiert hatte. Für sie sprach zudem, dass sie ihr Fahrzeug nach dem Unfall – nach längerer Parkplatzsuche – an einer anderen Stelle geparkt hatte und zum Schadenort zurückgekehrt war, um den touchierten PKW in Augenschein zu nehmen.

Da sie dort keine Schäden entdecken konnte, war sie in der Hoffnung weitergefahren, dass nur an ihrem Fahrzeug Schleifspuren entstanden waren. Hinzu kam das kooperative Verhalten beim Erscheinen der Polizei (LG Hamburg, Beschl. v. 01.02.2007, Az. 603 Qs 54/07). Uneinsichtiges Verhalten hätte mit Sicherheit zu einer anderen Entscheidung geführt (vgl. z.B. LG Karlsruhe, Urt. v. 09.10.2020, Az. 171 Ns 86 Js 4777/19 jug; Hessischer VGH, Urt. V. 10.05.1988, Az. 2 UE 656/85).

Bei der hier zugrundeliegenden Entscheidung ließ die Unfallverursacherin kein Verhalten erkennen, dass deutliche gesundheitliche oder charakterliche Mängel aufgezeigt hätte, die der Geeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeugs hätten entgegenstehen können. Sonstige belastende Umstände waren bis zum Tag der Entscheidung nicht feststellbar. Obgleich die Höhe des verursachten Schadens erheblich war, sah das Gericht daher von der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a Abs. 1 StPO ab.

Fazit

Bei der vorübergehenden Entziehung der Fahrerlaubnis, spielt nicht nur die Tat als solche, sondern auch das Nachtatverhalten eine entscheidende Rolle. Ein weiterer Aspekt ist die Strategie der Verteidigung.

Denn selbst wenn ein Angeklagter die Tat in prozessordnungskonformer Weise leugnet, erlaubt dies noch nicht den Schluss auf eine charakterliche Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen (KG Berlin, Beschl. v. 03.08.2021, Az. 3 Ss 32/21). Es ist ein erlaubtes Verteidigungsverhalten und darf einem Angeklagten nicht zum Nachteil gereichen.

Was prozesskonform erlaubt ist und was nicht, liegt allerdings nah beieinander. Von einer Selbstverteidigung ist daher dringend abzuraten. Sprechen Sie lieber Voigt. Voigt regelt.

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