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Eine Autoreparatur ist keine Fotokopie!

LG Duisburg, Urteil vom 06.06.2023, Az. 12 S 19/22

Auch die Kosten für eine Probefahrt sind zu erstatten!
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02.08.2023
ca. 3 Minuten

Wozu braucht´s denn eine Probefahrt und warum soll die dann auch noch etwas kosten?

So oder ähnlich dürften die Gedankengänge und Vorgaben in den Schadensabteilungen der Versicherer sein, wenn sie die Erstattung der Kosten für eine Probefahrt ablehnen oder auf die Negativliste der Prüfberichte setzen. Gerne wird dann behauptet, Probefahrten hätten nichts mit der Instandsetzung des Fahrzeugs zu tun oder dienten einzig und allein der Qualitätssicherung der Werkstatt.

Es mag ja durchaus einleuchten, dass die Beseitigung einer Delle oder eines kleinen Lackschadens keine Probefahrt erfordert. Bei umfangreicheren Instandsetzungsarbeiten, die nicht nur die Karosserie, sondern auch das Fahrwerk betreffen, kann das schon wieder ganz anders aussehen. So war es auch in einem Sachverhalt, über den das LG Duisburg in zweiter Instanz zu befinden hatte und bei dem die Sparwut des Versicherers mit der subjektbezogenen Schadenbetrachtung kollidierte.

Die Perspektive des Geschädigten entscheidet!

Kennzeichen der subjektbezogenen Schadenbetrachtung ist, dass der Umfang des – zur Wiederherstellung erforderlichen – Aufwands nicht ausschließlich an objektiven Maßstäben, wie z.B. der Art und dem Ausmaß des Schadens oder örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten zu bemessen ist. Ein weiterer, wenn nicht gar der Parameter schlechthin, ist die spezielle Situation des Geschädigten, die sowohl seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten als auch etwaige bestehende Schwierigkeiten in die Betrachtung mit einbezieht (vgl. BGH, Urt. v. 26.04.2022, Az. VI ZR 147/21).

Geschädigte dürfen dem Sachverständigen vertrauen!

Genau dies ist auch der Grund, weshalb Geschädigte Anspruch auf die Einschaltung eines unabhängigen Sachverständigen haben, auf dessen Expertise sie vertrauen dürfen. Etwas Anderes kann lediglich dann gelten, wenn der Geschädigte die Höhe der Kosten typischerweise auch ohne besondere Sachkunde abschätzen kann (vgl. BGH, Urt. v. 26.04.2016, Az. VI ZR 50/15) oder sie – wie z.B. bei einem Bagatellschaden – einen niedrigen, überschaubaren Betrag ausmachen.

Für die Maßnahmen, die im Zusammenhang mit einer Kfz-Reparatur stehen, hat das Landgericht Duisburg dies treffend auf den Punkt gebracht als es feststellte: „Denn hier geht es nicht um Kosten des alltäglichen Lebens – vergleichbar den Kosten eines Fotoabzugs oder einer Fotokopie -, deren Angemessenheit der Kläger ohne Fachkenntnisse abschätzen konnte … Er konnte mithin den notwendigen Zeitaufwand, Personal- und Materialeinsatz in keiner Weise abschätzen“.

Ob eine Probefahrt erforderlich war, konnte der Geschädigte aus eigener Sachkenntnis jedenfalls nicht erkennen und auch das Gericht ließ die Frage der Notwendigkeit unbeantwortet, zumal bei dem Unfall auch ein Anstoß auf das hintere rechte Rad stattgefunden hatte.

Unmissverständlich stellte das Gericht klar, dass die Überprüfung der Notwendigkeit eines Reparaturschritts und der damit verbundenen Kosten einem Geschädigten nur im Ausnahmefall zugemutet werden kann, z.B. wenn eine abgerechnete Maßnahme keinen Zusammenhang mit der durchgeführten Reparatur aufweist. Die eingangs genannte Probefahrt nach einer Lackreparatur wäre so ein Fall. In dem zu beurteilenden Sachverhalt verhielt es sich jedoch anders und das Gericht sprach den Ersatz der Kosten für die Probefahrt zu.

Fazit

Wenn Geschädigte ihr Fahrzeug von einem Sachverständigen begutachten lassen und das Gutachten keine derart offensichtlichen Mängel aufweist, die auch ein Laie hätte erkennen können, darf der Geschädigte auf das Gutachten vertrauen. Der entschädigungspflichtige Versicherer hat demnach weder einen Anlass noch ein Recht dazu, die auf Basis des Sachverständigengutachtens durch die Werkstatt erbrachten und abgerechneten Leistungen -zu kürzen. Vielmehr muss Sie den Schaden im kalkulierten Umfang ersetzen und die Reparaturrechnung ausgleichen.

Da Versicherer dies aber oftmals anders sehen und Geschädigte ihnen auf Augenhöhe gegenübertreten müssen, umfasst der Entschädigungsanspruch in der Regel auch die Kosten der Einschaltung eines Anwalts.

Sollten Sie sich unsicher sein oder bereits mit der Kürzung der Ihnen zustehenden Entschädigungssumme konfrontiert sein, sprechen Sie mit uns!

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Wie verhält es sich mit den Reinigungskosten oder bei einer Beilackierung?

Bildnachweis: PublicDomainPictures / Pixabay

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