Landgericht Lübeck, Urteil vom 29.02.2024, Az. 15 O 37/23
Auf einschlägigen Anzeigenportalen sieht man sie immer wieder: Vollmundige Inserate von Fahrzeugen, die „voll in Ordnung“ sind und bei denen der Motor schnurrt wie ein Kätzchen. Das kann auch stimmen und ein so beschriebenes Fahrzeug muss ja nicht gleich die berühmte „Gurke“ sein. Auch bei Zusätzen wie „Verkaufe für einen Freund“, meine Oma oder wen auch immer kann es durchaus sein, dass die genannte Person tatsächlich keinen eigenen Account hat und tatsächlich ein Freundschaftsdienst vorliegt. Mitunter stecken aber ganz andere Absichten dahinter.
Verkäufe „für einen Freund“ bergen für den Käufer eine Vielzahl von Gefahren. So sollten die Alarmglocken z.B. läuten, wenn bei den Verhandlungen und der Übergabe nur der Inserent, nicht aber der vorgebliche „Freund“, d.h. der tatsächliche Verkäufer anwesend ist. Denn abgesehen davon, dass es keine Garantie dafür gibt, dass der vermeintliche Freund existiert , kommt es eben immer wieder vor, dass gestohlene, unterschlagene oder defekte Güter verkauft werden. Gewährleistungs- und andere Ansprüche laufen dann regelmäßig ins Leere.
Denn selbst wenn auf den ersten Blick alles in Ordnung zu sein scheint, weil der Verkäufer z.B. tatsächlich ein Erbe ist, können Probleme dennoch unüberwindbar sein. Das musste zumindest der Käufer eines Motorbootes mit Getriebeschaden erfahren, als das Landgericht Lübeck seine Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrags abwies.
Der Keim für das Scheitern wurde bereits beim Kauf gelegt. Ein entscheidendes Detail war, dass der Sohn des Erblassers die Sache in seine Hand genommen hatte, nachdem es der Mutter über längere Zeit nicht gelungen war, das Boot an den Mann zu bringen.
Dies gelang aber dem Sohn, der das Boot an einen Interessenten verkaufte, der sowohl auf eine Probefahrt verzichtet als auch einen vertraglichen Gewährleistungsausschluss akzeptierte. Dies war taktisch unklug. Denn bis auf die Inanspruchnahme wegen arglistigen Verschweigens (§ 444 BGB) war die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen damit versperrt.
Voraussetzung für die Haftung aus Arglist ist, dass der Verkäufer den festgestellten Mangel kannte, hätte kennen müssen oder dahingehend Angaben „ins Blaue hinein“ gemacht hat, dass die verkaufte Sache – hier das Boot – zum Zeitpunkt Abschlusses des Kaufvertrags des in Ordnung war.
Da aber auch hier der Grundsatz „wer haben will muss beweisen“ gilt, muss der Käufer das Vorliegen von Arglist, d.h. das Wissen um das Vorliegen des Defekts, beweisen. Es sprach zwar einiges dafür, dass die Mutter den Getriebeschaden kannte. Ob der Sohn aber davon wusste oder hätte wissen müssen, konnte aber weder aufgeklärt noch vom Käufer bewiesen werden. Daran änderten auch die Startprobleme des Motors bei der Besichtigung nichts. Am Ende war der Motor war ja angesprungen. Der Verzicht auf die Probefahrt führte jedoch dazu, dass der Getriebeschaden nicht offen zu Tage trat.
Bevor Sie sich auf ein windiges Angebot einlassen, bei dem sich das vermeintliche Top-Auto später als Gurke entpuppt, gehen Sie lieber zum Autohaus Ihres Vertrauens. Dort sind die Fahrzeuge geprüft und Sie haben in der Regel nicht nur belastbare Gewährleistungs-, sondern vielleicht auch Garantieansprüche.
Sollten Sie dennoch ein Fahrzeug von privat kaufen wollen, fragen Sie genau nach. Lassen Sie sich Wartungsnachweise vorlegen und machen eine Probefahrt oder führen Sie das Fahrzeug einem Sachverständigen vor. Das kostet zwar Geld, erspart Ihnen im Zweifel aber jede Menge Ärger. Lassen Sie sich auch nie unter Druck setzen. Wenn ein Fahrzeug auffällig unter Wert angeboten wird oder die Übergabe unter eigenartigen Umständen erfolgen soll, überlegen Sie sich den Kauf besonders gut. Es könnte sich um Hehlerware handeln. Am Ende ist dann nicht nur Ihr Geld weg, sondern das Fahrzeug muss dann auch noch an den rechtmäßigen Eigentümer herausgegeben werden. Ihr Verhandlungspartner ist dann schon längst über alle Berge und lacht sich mit seinem Kumpel ins Fäustchen.
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