Versicherungsnehmer und Geschädigte haben gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherer nicht nur Rechte, sondern auch Verpflichtungen. Eine zentrale Bedeutung kommt dabei den sogenannten Obliegenheiten zu. Diese sind im Versicherungsvertragsgesetz geregelt und bestehen sowohl vor als auch dem Abschluss des Versicherungsvertrags sowie im Schadenfall. Welche Obliegenheiten in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart werden können, ist in § 5 Kraftfahrtversicherungsverordnung (KfzPflVV) geregelt. In der Kaskoversicherung kommt den Bedingungen des Versicherungsvertrags eine zentrale Rolle zu.
Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalls
In der Kfz-Versicherung sind insbesondere
relevant. Tritt während der Laufzeit des Vertrages eine Gefahrerhöhung (§ 23 VVG) ein, ist sie dem Versicherer mitzuteilen.
Obliegenheiten nach dem Eintritt des Versicherungsfalls
Nach Eintritt des Versicherungsfalls ist nicht nur auf die Meldung als solche, sondern insbesondere auch die wahrheitsgemäße Schilderung gegenüber dem Versicherer von Bedeutung.
Die zentralen Obliegenheiten im Schadenfall sind
Folgen der Obliegenheitsverletzung
Die Verletzung von Obliegenheiten kann Regresse (z.B. AG Bremen, Urt. v. 04.11.2022, Az. 3 C 1874/20; AG Köln, Urt. v. 21.09.2020, Az. 142 C 270/16) oder die Leistungsfreiheit des Versicherers nach sich ziehen.
Dies kann z.B. der Fall, sein wenn ein Geschädigter den Umfang eines Vorschadens wider besseres Wissen bagatellisiert und damit arglistig die ihn treffende Aufklärungsobliegenheit verletzt (OLG Koblenz, Beschl. v. 28.07.2021, Az. 12 U 353/21).
Bei der arglistigen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit muss der Versicherungsnehmer einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgen und wissen, dass sein Verhalten die Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann (LG Stuttgart, Urt. v. 16.02.2022, Az. 4 S 276/20)
Übrigens
Eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung kann die Leistungsfreiheit des Versicherers nach sich ziehen. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls.
Wie das AG Bremen in einem Urteil vom 04.11.2022 ausführte, erfordert Vorsatz das Wollen der Obliegenheitsverletzung im Bewusstsein des Vorhandenseins der Verhaltensnorm und umfasst auch bedingten Vorsatz. Entsprechend den allgemeinen Regeln ist ein solcher gegeben, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheitsverletzung für möglich hält und billigend in Kauf nimmt. Er darf also nicht ernsthaft darauf vertrauen, dass der Erfolg ausbleiben wird (LG Duisburg, Urt. v. 13.04.2017, Az. 6 O 396/15).