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Lückenfall

Informationen
07.04.2025

Kommt es an einer Einmündung oder eine Einfahrt zu einem Rückstau und wird für den an sich wartepflichtigen Einbiegenden eine Lücke in der Fahrzeugschlange gelassen, so darf sich der Wartepflichtige die Lücke zum Einbiegen nur in der Form nutzen, dass er sich stückchenweise in die Fahrbahn hineintastet. Kommt es dann trotzdem zu einem Unfall mit einem Fahrzeug auf einer weiteren Spur oder einem überholenden Pkw, spricht man von einem „Lückenfall“. Üblicherweise kommt es in solchen Fällen zu einer Haftungsverteilung von 75% zu 25% zu Lasten des Einbiegenden.

Wie es das OOLG Köln in einem Beschluss vom 19.08.2024, Az. 19 U 30/14 zusammenfasste, muss sich ein Verkehrsteilnehmer, der bei dichtem Verkehr an einer haltenden Fahrzeugkolonne vorbeifährt, nach der Lückenrechtsprechung unter Umständen auf Querverkehr (Linksabbieger) aus für ihn erkennbaren größeren freigehaltenen Lücken einstellen.

Insbesondere muss er dem Querverkehr ermöglichen, aus der freigehaltenen Lücke herauszufahren, bis er freie Sicht auf den vor der haltenden Kolonne freien Verkehrsraum hat. Dazu muss er entweder mit ausreichendem Sicherheitsabstand an der Kolonne vorbeifahren oder eine so geringe Geschwindigkeit einhalten, dass er erforderlichenfalls vor einem aus der Lücke herausfahrenden Verkehrsteilnehmer anhalten kann. Diese Verpflichtung ergibt sich aus § 1 Abs. 2 StVO.

Entgegen der Auffassung des KG (Beschl. v. 15.01.2007, Az. 12 U 205/06; Urt. v. 25. 11. 2002, Az. 12 U 110/01) ist die „Lückenrechtsprechung“ beim Abbiegen in eine Grundstückszufahrt jedenfalls nicht per se ausgeschlossen. Zwar wird gerade im innerstädtischen Verkehr nicht auf jede Grundstückseinfahrt geachtet, so dass dem grundsätzlich Vorfahrtsberechtigten nicht zugemutet werden kann, stets besonders auf etwaige Lücken zu achten. Aber selbst wenn der Vorfahrtsberechtigte sich verkehrswidrig verhalten sollte, beseitigt dies seine Vorfahrt grundsätzlich nicht (OLG Hamm, Beschl. v. 26.10.2018, Az. 7 U 56/18).

Zudem muss bei besonders markanten Grundstückszufahrten, wie dies z.B. gerade bei Tankstellen der Fall ist, nach der Verkehrspraxis bei Rückstau mit einer Lückenbildung und damit auch mit einem Durchfahren solcher Lücken durch den abbiegenden Gegenverkehr gerechnet werden. Deshalb kann die „Lückenrechtsprechung“ jedenfalls an Tankstellen durchaus Anwendung finden (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 19.08.2014, Az. 19 U 30/14; OLG Hamm, NZV 1992, 238; OLG Frankfurt, Urt. v. 25.11.2005, Az. 24 U 138/05; OLG Karlsruhe, NZV 1989, 473; a. A. im Anwendungsbereich des § 10 StVO: LG Saarbrücken, Urt. v. 16. 11. 2012, Az.  13 S 117/12.

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Dr. Wolf-Henning Hammer

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