Urteil des OLG Karlsruhe zum Versicherungsschutz bei Gleichmäßigkeitsprüfungen (Az. 12 U 69/24 vom 07.11.2024)
Ein Urteil des OLG Karlsruhe hat hier – zumindest für Gleichmäßigkeitsprüfungen – kürzlich für Klarheit gesorgt.
Die Frage ist berechtigt. Denn in den neu gefassten Muster-AKB des GDV / Stand 17.04.2024 (Ziffer A.1.5) sowie in etlichen darauf basierenden Bedingungen der einzelnen Versicherer heißt es so oder sinngemäß: „Kein Versicherungsschutz besteht für Schäden durch die Verwendung des Fahrzeugs bei einer motorsportlichen Veranstaltung oder Betätigung, insbesondere bei Rennen, Wettbewerben, Trainingsfahrten, Probefahrten und Vorführungen, wenn
– das Fahrzeug in einem für diesen Zweck abgegrenzten Bereich mit Zugangsbeschränkungen verwendet wird und
– für diese Verwendung des Fahrzeugs eine Motorsport-Haftpflichtversicherung nach § 5d des Pflichtversicherungsgesetzes besteht“.
Dasselbe gilt für behördlich genehmigten Motorsportveranstaltungen oder Motorsportaktivitäten, bei der es auf die Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt, einschließlich Rennen, Wettbewerben, Trainings, Tests und Demonstrationen (siehe Ziff. A.2.9.2; A.3.9.2.; A.4.12.3; A.5.6.5; D.1.1.4).
Für die Kfz-Versicherung gilt nach Ziffer D.1.2.2, dass ein Fahrzeug nur dann bei einer Motorsportveranstaltung oder Motorsportaktivität, einschließlich Rennen, Wettbewerben, Trainings, Tests und Demonstrationen, gebraucht werden, wenn das Fahrzeug in einem hierfür abgegrenzten Gebiet mit Zugangsbeschränkungen gebraucht wird und für diesen Gebrauch des Fahrzeugs eine Motorsporthaftpflichtversicherung nach Maßgabe § 5d PflVG besteht. Außerdem dürfen Sie, der Halter oder der Eigentümer das Fahrzeug nur unter den genannten Voraussetzungen für diese Fahrten gebrauchen lassen.
Für die Anwendbarkeit der Ausschlussklausel hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass Fahrveranstaltungen, die auf besonders gesicherten oder abgesperrten Straßen stattfinden, ohne weiteres vom Anwendungsbereich der Klausel erfasst werden, wenn für den Sieg im Wettbewerb die höchste Geschwindigkeit entscheidend ist (Urteil vom 26.11.1975 – IV ZR 122/74). Da diese Areale nicht ohne Weiteres mit dem öffentlichen Straßenraum verglichen werden können, ist das auch folgerichtig.
Anders verhält es sich im öffentlichen Straßenraum, insbesondere wenn dieser für die Zwecke der Motorsportveranstaltung nicht für den übrigen Verkehr gesperrt ist und die Teilnehmer die Verkehrsregeln zu beachten haben.
Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 01.04.2003, Az. VI ZR 321/02, in dem auf ein einschlägiges Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 20.09.1989, Az. 20 U 194/88, Bezug genommen wurde, gilt dies insbesondere dann, wenn es bei der Veranstaltung nicht auf die Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten, sondern lediglich auf die Erzielung einer hohen Durchschnittsgeschwindigkeit ankommt.
Eine auf die Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ausgerichtete Veranstaltung liegt auch dann nicht vor, wenn die Verbesserung der Fahrfertigkeit und der Fahrzeugbeherrschung im Alltagsverkehr im Vordergrund steht und die Erzielung einer „möglichst hohen“ Geschwindigkeit nicht Haupt- und Endziel ist, weil sich die Platzierung der Teilnehmer nicht danach richtet.
Zur Begründung verwies das OLG Karlsruhe auf die einschlägige Rechtsprechung zur Anwendung älterer Fassungen der Ausschlussklausel (BGH, Urt. v. 01.04.2003, Az. VI ZR 321/02; Urt. v. 26.11.1975, Az. IV ZR 122/74, zur „Rallye Monte Carlo“; OLG Nürnberg, Urt. v. 29.06.2007, Az. 8 U 158/07). Dabei ging es unter anderem auch darum, dass es nicht ausreicht, dass es den Teilnehmern auch um die Erzielung möglichst hoher Geschwindigkeiten gehen kann (OLG Karlsruhe, Urt. v. 15.04.2014, Az. 12 U 149/13; Urt. v. 06.09.2007, Az. 12 U 107/07; OLG Frankfurt, Urt. v. 15.10.2014 – 7 U 202/13).
Die Beschränkung der Zulassung zur Gleichmäßigkeitsprüfung auf hochmotorisierte Fahrzeuge, der Einsatz eines Safety-Cars eingesetzt oder eine renntypische Gestaltung der Fahrzeuge mit Werbeaufklebern reicht für die Ausschlussklausel ebensowenig aus, wie die Ankündigung des Veranstalters, dass „ambitionierte Fahrer mit unterschiedlichem Können gegeneinander antreten“. DIes alles sind keine Indizien dafür, dass die Platzierung der Teilnehmer von der Erzielung der Höchstgeschwindigkeit abhängt.
Schließlich kann sich das „Können“ im Rahmen einer Gleichmäßigkeitsprüfung auch auf die Einhaltung einer bestimmten Durchschnittsgeschwindigkeit beziehen. Ob die Termine dabei als „Renntermine“ bezeichnet werden, ist nebensächlich, da sich die Bezeichnung auch auf alle Veranstaltungen im Rahmen des Events beziehen kann.
Veranstaltungen, die als Gleichmäßigkeitsprüfung organisiert sind, bei denen die Platzierung der Teilnehmer nicht – auch nicht als untergeordnetes Kriterium – von der Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit abhängt und die auch nach den sonstigen Umständen nicht auf die Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ausgerichtet sind, fallen nicht unter den Risikoausschluss. Auch wenn die Veranstaltung nach den Begleitumständen renntypisch gestaltet ist, führt dies nicht zu einem Ausschluss nach der Klausel.
Mehr dazu in unserem – laufend aktualisierten – Artikel Wer haftet bei Unfällen während Touristenfahrten auf der Nordschleife?