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Lackschaden als Vorschaden?

LG Koblenz, Urteil vom 03.11.2022, Az. 10 O 258/11

Es ist nicht ungewöhnlich, wenn ein Sachverständiger bei der Begutachtung eines Unfallfahrzeugs eine erhöhte Lackschichtdicke feststellt. Ebensowenig ist es abwegig, wenn der eintrittspflichtige Versicherer dann einen Vorschaden vermutet und dem Geschädigten das Verschweigen eines Vorschadens vorwirft.
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12.05.2023
ca. 2 Minuten

So war es auch in einem Sachverhalt, mit dem sich das LG Koblenz im November 2022 zu befassen hatte. Vom Grundsatz her handelte es sich um einen ganz normalen Totalschadenfall, mit eindeutiger Verschuldenslage. Die Besonderheit des Falles bestand darin, dass der Schadensgutachter am Fahrzeug des Geschädigten eine partiell erhöhte Lackschichtdicke festgestellt, der Geschädigte aber die Frage nach dem Vorliegen eines Vorschadens verneint hatte. 

Für den Versicherer war die Sache aber klar: Das Fahrzeug hatte bereits vor dem Unfall einen Schaden erlitten, weshalb der Wiederbeschaffungswert zu hoch angesetzt worden war. Dass ein Vorschaden weder über die HIS-Datei noch über andere Recherchen nachgewiesen werden konnte, schien den Versicherer nicht zu stören. Dem Geschädigten blieb am Ende nur der Klageweg.

Kein Vorschaden, kein Verschweigen!

Der Versicherer unterlag vor Gericht, denn dieses glaubte der von der Geschädigten benannten Zeugin. Diese hatte das Fahrzeug als Neuwagen erworben und in unbeschädigtem Zustand weiterverkauft. Hinzu kamen die Ausführungen des Sachverständigen.

In dem Gutachten stand, mitunter würden Neufahrzeuge bereits Werk nachlackiert werden. So bestehe z.B. die Möglichkeit, „dass ein Neufahrzeug bereits im Werk vor der Auslieferung aufgrund eines in der Endkontrolle festgestellten Mangels teilweise nachlackiert wird, sodass später an dem betroffenen Bauteil eine höhere Lackschichtdicke festzustellen ist.“

In einem derartigen Fall würde das Fahrzeug nicht zur Auslieferung freigegeben, sondern einer Nachbesserung unterzogen, „wobei das betroffene Bauteil angeschliffen und erneut lackiert wird. Das Bauteil habe dann zwangsläufig eine etwas größere Lackschichtdicke als der Rest der Karosserie.“

Da sowohl die Aussagen der Zeugin als auch des Sachverständigen nachvollziehbar, in sich schlüssig und ohne innere Widersprüche waren, machte das Gericht kurzen Prozess und sich eben diese Ausführungen zu eigen.

Alter, Laufleistung sowie die Marktlage können eine Rolle spielen!

Angesichts des Alters (8 Jahre) und der Laufleistung (170.000 km) des Fahrzeugs waren zudem folgende Ausführungen des Sachverständigen von Interesse: „Sogar ein größerer reparierter Unfallschaden, beispielsweise eine Erneuerung des Kotflügels, des Frontstoßfängers und des Scheinwerfers (könne) bei dem gegebenen Alter und der Laufleistung keine gravierende Wertminderung mehr begründen und daher bei einer Bewertung vernachlässigt werden….“

Zudem würden Fahrzeuge der beschädigten Art von Händlern nicht gewerblich, sondern überwiegend von Privatpersonen in Zahlung genommen. Der Wiederbeschaffungswert enthalte daher nicht die reguläre Mehrwertsteuer in Höhe von 19%, sondern nur den auf die Handelsspanne entfallenden Anteil. Diesen hatte der Sachverständige mit 2,4 % ermittelt.

Fazit

Auch die zugrundeliegende Entscheidung zeigt: Versicherer sind erfinderisch, wenn es um die Minimierung schadenbezogener Aufwendungen geht. Dabei werden dann auch gerne Dinge behauptet, für die entweder konkrete Anhaltspunkte fehlen oder die sich mit ein wenig mehr Sorgfalt leicht hätten klären lassen.

Wie dem aber auch sei. Wenn Sie unverschuldet in einen Unfall verwickelt worden sein sollten und Probleme mit dem gegnerischen Versicherer bereits im Keim ersticken wollen, kontaktieren Sie uns!

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