Als Regress bezeichnet man die Schadensregulierung des Drittleistungsträgers.
Beispiel: Wird ein Geschädigter verletzt hat er ggf. gegenüber seiner Rentenversicherung einen Anspruch auf ein Reha-Verfahren, gegen seine private Krankenversicherung auf Erstattung der Heilbehandlungskosten und gegen seinen Arbeitgeber auf Lohnfortzahlung. Das aber soll den Schädiger nicht unbillig entlasten. Daher gehen der Kostenerstattungsanspruch hinsichtlich des Reha-Verfahrens nach § 116 SGB X, die Heilbehandlungskosten nach § 86 VVG und die Lohnfortzahlung nach § 6 EntgFG im Wege der Legalzession auf den Drittleistungsträger über. Dieser kann sie vom Schädiger erstattet verlangen.
In der Kfz-Haftpflichtversicherung lassen sich Versicherer vermehrt Ansprüche von Geschädigten gegenüber der Werkstatt abtreten, um anschließend die Rückzahlung zu viel gezahlter Schadensersatzleistung im Wege des Rückgriffs geltend zu machen.
Die Gründe für diese Vorgehensweise liegen in den Grundsätze des Werkstattrisikos. So heißt es z.B. in einem Urteil des AG Pfaffenhofen vom 28.01.2022, Az. 1 C 189/21:
„Gibt der Geschädigte, insbesondere nach Maßgabe eines Schadensgutachtens, das Unfallfahrzeug zur Reparatur in die Hände von Fachleuten, so würde es dem Sinn und Zweck des § 249 BGB widersprechen, wenn er bei der Wiederherstellung des vorherigen Zustands im Verhältnis zum ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bliebe, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen sind und die Ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht mehr kontrollierbaren Einflusssphäre stattfindet. Die Werkstatt ist insoweit auch nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, so dass aufgrund dessen das Werkstattrisiko insofern dann zu Lasten des Schädigers geht. Dies gilt auch, wenn die Werkstatt dem Geschädigten gegenüber unnötige Arbeiten in Rechnung stellt, überhöhte Preise oder Arbeitszeiten in Ansatz bringt oder Arbeiten berechnet, die nicht oder nicht in dieser Weise ausgeführt worden sind. Dabei ist die Klägerin als Versicherung jedoch nicht schadlos gestellt; denn diese kann nach den Grundsätzen der Vorteilsanrechnung die Abtretung der Ansprüche des Geschädigten gegen die Reparaturwerkstatt Zug um Zug gemäß § 255 BGB in analoger Anwendung verlangen.“
Es ist daher nicht ungewöhnlich, wenn die Verurteilung von Versicherern zur Zahlung Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Bereicherungs- oder Schadensersatzansprüche des Geschädigten gegen die Reparaturwerkstatt wegen der Vornahme unnötiger Reparaturarbeiten oder der Abrechnung nicht vorgenommener Leistungen am Unfallfahrzeug erfolgt (z.B. AG Köln, Urt. v. 30.12.2020, Az. 276 C 133/20; AG Münster, Urt. v. 19.06.2020, Az. 55 C 1190/20; AG Landau a.d. Isar, Urt. v. 21.12.2017, Az. 4 C 318/17).
Das Werkstattrisiko schützt übrigens nur den Geschädigten, nicht aber die Werkstatt selber. Als Dienstleister kann diese nur den im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB „erforderlichen“ Geldbetrag vom Schädiger verlangen. Soweit sie darüber hinaus abgerechnet hat, hat sie den zu viel gezahlten Betrag aus abgetretenem Recht an den Versicherer zurückzuerstatten (s.a. AG Kassel, Urt. v. 14.05.2021, Az. 435 C 449/21).
Allerdings ist die Werkstatt geschützt, wenn sie die Reparatur aufgrund eines vorliegenden Sachverständigengutachtens repariert und von diesem nicht abweicht. so hat z.B. das AG Friedberg in einem Urteil vom 21.11.2022 (Az. 2 C 914/21) festgestellt, dass eine Werkstatt bei einem Sachverständigengutachten grds. davon ausgehen kann, dass die dort aufgeführten Reparaturen zur Schadensbeseitigung erforderlich sind. Eine Pflicht das Gutachten zu hinterfragen besteht demzufolge nur dann, wenn substantiierte Hinweise für dessen Fehlerhaftigkeit bestehen.
Übrigens
Die Abtretung hängt nicht davon ab, dass etwaige Ansprüche gegen die Reparaturwerkstatt tatsächlich bestehen. Es reicht aus, dass das Vorhandensein solcher Ansprüche möglich ist. Ob tatsächlich ein Anspruch besteht, ist im Verhältnis zwischen dem Versicherer und der Reparaturwerkstatt zu klären (AG Kassel, Urt. v. 08.02.2018, Az. 435 C 4137/17).
Führt eine Reparaturwerkstatt bestimmte Arbeiten nicht selber durch (z.B. Lackierarbeiten), sondern bedient sich hierzu eines weiteren Dienstleisters, besteht weder gegenüber dem Geschädigten noch gegenüber dem Haftpflichtversicherer eine Pflicht, Kalkulationen oder Fremdrechnungen offen zu legen (LG Bremen, Urt. v. 22.12.2021, Az. 4 S 187/21; AG Neustadt am Rübenberge, Urt. v. 18.02.2022, Az. 48 C 498/20). Dafür spricht im Übrigen auch, dass ein Besteller „mangels besonderer Vereinbarung keinen Anspruch auf Offenlegung interner Kalkulationsgrundlagen des Unternehmens“ hat (AG Lünen, Urt. v. 24.02.2022, Az. 7 V 231/21).