Verunfallt ein Arbeitnehmer auf dem Weg von seiner Haustür (Gebäudeaußentür bei Mehrfamilienhäusern) zur Arbeit oder auf dem Rückweg, ist er über die gesetzliche Unfallversicherung versichert. Unter Umständen kann auch der Weg von einem sogenannten dritten Ort aus versichert sein.
Grundsätzlich ist jedoch nur der direkte Weg versichert. Eine Ausnahme dazu bilden nötige Wege
Nicht versichert sind dagegen Ab- und Umwege für private Angelegenheiten wie beispielsweise
Aber auch für Ab- und Umwege gilt: Wer nach der Unterbrechung wieder den direkten Weg erreicht, genießt wieder den Versicherungsschutz, wenn die Unterbrechung nicht länger als zwei Stunden gedauert hat. Dann allerdings kann wiederum ein Wegeunfall auf dem Weg von/zu einem sogenannten dritten Ort vorliegen.
Grundsätzlich besteht der Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 1 SGB VII aber fort, wenn lediglich eine geringfügige Unterbrechung vorliegt (z.B. LSG München, Urt. v. 24.09.2020, Az. L 17 U 370/17).
Das betriebliche Interesse entscheidet über den Versicherungsschutz
Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat das Bestehen des Versicherungsschutzes an Vorliegen eines überwiegenden betrieblichen Interesses geknüpft.
Bejaht hat es dies für den Fall, dass vergessene Gegenstände geholt werden, die zur Fortführung der Arbeit zwingend erforderlich sind. Dies kann beispielsweise beim Holen einer Brille oder eines Spindschlüssels sowie für den Weg zum Mittagessen während einer vollschichtigen beruflichen Tätigkeit der Fall sein. Letzteres hat es damit begründet, dass erst die Nahrungsaufnahme die Arbeitsfähigkeit auch für den Nachmittag sichere. Kein Versicherungsschutz soll für den Weg zum Holen vergessener Tabletten bestehen, wenn deren Einnahme für die Fortsetzung der Arbeit nicht zwingend erforderlich ist. (LSG Brandenburg, Urt. v. 26.09.2024, Az. L 21 U 40/21).
Wegeunfall im Homeoffice?
Arbeitsunfälle können auch im Homeoffice möglich und versichert. Dem Bundessozialgericht zufolge, ist ein Betriebsweg auch im häuslichen Bereich denkbar, wenn sich Wohnung und Arbeitsstätte im selben Gebäude befinden (Urt. v. 05.07.2016, Az. B 2 U 5/15 R).
Dabei ist allerdings zu bedenken, dass nicht alle Wege eines Beschäftigten während der Arbeitszeit und/oder auf der Arbeitsstätte auch unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Versicherungsschutz besteht vielmehr nur für solche Wege, bei denen ein sachlicher Zusammenhang zwischen der nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit und dem Zurücklegen des Weges gegeben ist, weil der Weg durch die Ausübung des Beschäftigungsverhältnisses oder den Aufenthalt auf der Betriebsstätte bedingt ist.
Es hat dazu ausgeführt, „Ob ein Weg als Betriebsweg im unmittelbaren Unternehmensinteresse zurückgelegt wird und deswegen im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, bestimmt sich auch im Homeoffice nach der objektivierten Handlungstendenz des Versicherten, also danach, ob dieser bei der zum Unfallereignis führenden Verrichtung eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (Urteil vom 31.8.2017 – B 2 U 9/16 R).“
Der Kläger in dem Verfahren hatte daher einen Arbeitsunfall erlitten, als er auf dem morgendlichen Weg von seinen privaten Wohnräumen in sein häusliches Büro (Homeoffice) beim Beschreiten einer Treppe stürzte und sich an der Wirbelsäule verletzte. Der Weg zur erstmaligen Arbeitsaufnahme war danach als Betriebsweg versichert (Urt. v. v. 08.12.2021, Az. B 2 U 4/21 R).
Einer Entscheidung des Bundessozialgerichts zufolge, kann ein Arbeitsunfall daher auch dann vorliegen, wenn eine Beschäftigte nach einem privaten Wochenendausflug auf dem Weg zu ihrer Wohnung verunglückt, weil sie dort Arbeitsschlüssel und -unterlagen vor Arbeitsantritt abholen wollte (Urt. v. 26.09.2024, Az. B 2 U 15/22 R).
Hier geht´s zur Pressemitteilung des Gerichts.
Tödlicher Wegeunfall vor Schichtende?
Ein Wheelie ist kein versicherter Wegeunfall!