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Bagatellschaden

Informationen
29.10.2024

Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall darf der Geschädigte auf Kosten des Schädigers grundsätzlich einen Sachverständigen seiner Wahl mit der Schadenschätzung beauftragen. Eine Ausnahme davon gilt bei sogenannten Bagatellschäden. In diesen Fällen kann ein – erstattungspflichtiger – Kostenvoranschlag einer Kfz.-Werkstatt genügen (AG München, Urt. v. 13.01.2023, Az. 338 C 4032/21).

 

Als Bagatellschäden gelten bei Personenkraftwagen nur ganz geringfügige, äußere (Lack)Schäden oder Kratzer (z.B. OLG Celle, Urt. v. 01.03.2023, Az. 14 U 149/22). Im Verkehr werden Bagatellschäden nicht als wertmindernd angesehen (LG Köln, Urt. v. 19.04.2024, Az. 14 O 65/21)

Keine Bagatellschäden sind dagegen andere (Blech-)schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering war (z.B. BGH, Urt. v. 09.06.2009, Az. VI ZR 110/08; OLG Rostock, Urt. v. 28.08.2020, Az. 4 U 1/19, n.w.N.). Dem AG Hamburg (Urt. v. 14.12.2017, Az. 20a C375/17) zufolge, ist die Bagatellschadengrenze indes nicht schematisch dergestalt anzuwenden, „dass ex post feststünde, ob die Einholung des Gutachtens erforderlich war oder nicht, je nachdem ob der festgestellte Schaden über oder unter 1.000 Euro liegt. Die Bagatellschadengrenze stellt vielmehr nur ein Indiz dar. Deren Unterschreiten legt es nahe anzunehmen, dass die Einholung eines Gutachtens nicht erforderlich war.“ Mit der gleichen Tendenz und unter Bezugnahme auf Urteile des AG Wiesbaden (Az. C 2205/10, v. 13.01.2011) und des AG Schwerte (Az. 7 C 123/11, v. 23.02.2012) hat das AG Greifswald (Urt. v. 23.03.2022, Az. 44 C 267/21) festgestellt, dass die Geringfügigkeit des Schadens sich auch für einen technischen Laien erschließen muss. Die Bagatellgrenze hat es dabei zwischen 750 – 1000 Euro gesehen. Das AG Viersen hat diese Grenze in einer Entscheidung vom 19.10.2023, Az. 32 C 201/23 bestätigt.

 

Die genannten Werte sind indes nicht auf ewig zementiert, sondern unterliegen, wie z.B. auch die Verbraucherpreise, Änderungen. So hat z.B. AG Coburg in einem Urteil vom 13.09.2022 (Az. 17 C 2781/22) festgestellt. “dass sich der Kraftfahrer Preisindex stärker erhöht, als die allgemeinen Verbraucherpreise. Zum anderen sei der Kammer bekannt, dass in de vergangenen Jahren, die Kosten für Kraftfahrzeugreparaturen auch bei Klein- und Kleinstreparaturen i.d.R. den Bereich von 1000 EUR erreichen.”

 

Für das AG Böblingen (Urt. v. 07.09.2022, Az. 20 C 786/22) war entscheidend, “ob das Schadensbild die Beauftragung eines Sachverständigen rechtfertigt oder ob ein Kostenvoranschlag hierfür ausreichend ist richtet sich nach dem äußeren Schadensbild. Wesentlich ist, ob für einen Laien ohne technischen Sachverstand ohne weiteres erkennbar ist, dass es sich um einen einfachen Schaden handelt, der mit geringem Reparaturaufwand beseitigt werden kann.” Ein Urteil des AG Oberndorf (Az. 10 C 121/23 v. 26.08.2023, mit zahlreichen Nachweisen) teilt diese Auffassung.

 

Dem AG München zufolge (Urt. v. 26.03.2019, Az. 322 C 19773/18), liege eine  mögliche Bagatellschadensgrenze bei Reparaturkosten häufig bei 700,00 Euro (so LG München I, Urt. v. 19.04.2012, Az. 19 S 23766/11 unter Verweis auf BGH, Urt. v. 23.01.2007, Az. VI ZR 67/06; AG München, Urt. v. 26.03.2019, Az.322 C 19773/18; AG München, Urt. v. 11.11.2016, Az. 645 C 17847/16). Auch der BGH hatte einen Betrag von 715,81 €Euro nicht mehr als Bagatellschaden eingestuft (BGH, Urt. v. 30.11.2004, Az. VI ZR 365/03). Das AG Ratzeburg verortete die Wertgrenze bei 600 Euro. Es begründete dies unter anderem damit, dass der Schadensumfang weder klar war noch dass feststand, ob er unstreitig bleiben würde (Urt. v. 23.12.2021, Az. 17 C 95/21).

 

Einem Urteil des AG Lübeck zufolge, kann eine Erstattung der Sachverständigenkosten bei einem Bagatellschaden nur dann versagt werden, wenn die niedrige Schadenshöhe für den Geschädigten erkennbar war (AG Lübeck, Urt. v. 27.10.2021, Az. 29 C 1246/21). Die technische Versiertheit des Geschädigten kann dabei eine Rolle spielen (Beschädigung eines elektrischen Außenspiegels: AG München, Urt. v. 13.01.2023, Az. 338 C 4032/21).

 

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Dr. Wolf-Henning Hammer

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