Nach dem im Straßenverkehr geltenden Vertrauensgrundsatz kann ein Verkehrsteilnehmer, der sich verkehrsgemäß verhält, damit rechnen, dass ein anderer Verkehrsteilnehmer den Verkehr nicht durch pflichtwidriges Verhalten gefährdet, solange die sichtbare Verkehrslage zu keiner anderen Beurteilung Anlass gibt (BGH Urt. v. 04.04.2023, Az. VI ZR 11/21; v. 20.09.2011, Az. VI ZR 282/10; v.25.03.2003, Az. VI ZR 161/02, v. 03.12.1991, Az. VI ZR 98/91; v. 15.05.1973, Az. VI ZR 62/72; v. 24.11.1959, Az. VI ZR 213/58; v. 15.03.1956, Az. 4 StR 74/56; Beschl. v. 27.05.1959 – 4 StR 49/59; v. 12.07.1954, Az. VGS 1/54).
Kraftfahrer sind dabei grundsätzlich auch bei breiteren Straßen verpflichtet, die gesamte Straßenfläche vor sich zu beobachten (z.B. BGH, Urt. v. 24.02.1987, Az. VI ZR 19/86).
Was bedeutet der Vertrauensgrundsatz für das Verhältnis zwischen Fußgängern und Kraftfahrern?
Dementsprechend muss ein Kraftfahrer am Fahrbahnrand befindliche oder vor ihm die Fahrbahn überquerende Fußgänger im Auge behalten und in seiner Fahrweise erkennbaren Gefährdungen Rechnung tragen (vgl. BGH, Urt. v. 24.02.1987, Az. VI ZR 19/86; v. 07.07.1959, Az. VI ZR 154/58; v. 11.12.1956, Az. VI ZR 267/55).
Er braucht aber weder damit zu rechnen, dass ein erwachsener Fußgänger versuchen wird, kurz vor seinem Fahrzeug die Fahr bahn zu betreten, noch darauf gefasst zu sein, dass ein Fußgänger, der beim Überschreiten der Fahrbahn vor oder in der Mitte der Straße anhält, unerwartet weiter in seine Fahrbahn laufen werde, solange er bei verständiger Würdigung aller Umstände keinen Anlass hat, an dem verkehrsgerechten Verhalten des Fußgängers zu zweifeln (vgl. BGH, Urt. v. 21.05.1968, Az. VI ZR 19/67; v. 07. 02.1967, Az. VI ZR 132/65; v. 24.11.1959, Az. VI ZR 213/58; v. 07.07.1959, Az. VI ZR 154/58; v. 11.12.1956, Az. VI ZR 267/55; v. 22.01.1960, Az. 4 StR 540/59; v. 15.03.1956, Az. 4 StR 74/56).