Der Tatbestand der Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315 c Abs. 1 Nr. 2 StGB erfordert nicht nur ein grob verkehrswidriges, sondern auch ein rücksichtsloses Verhalten des Fahrzeugführers.
Rücksichtslos handelt, wer sich seiner Pflichten im Straßenverkehr bewusst ist, sich aber gleichwohl aus eigensüchtigen Gründen über diese hinwegsetzt oder sich aus Gleichgültigkeit nicht auf seine Pflichten als Fahrerbesinnt, Hemmungen gegen seine Fahrweise in sich gar nicht aufkommen lässt und unbekümmert um die Folgen seines Verhaltens drauflosfährt (vgl. BGH, Urt. v. 25.02.1954, Az. 4 StR 796/53; OLG Celle, Beschl. v. 16.02.02.2021, Az. 3 Ss 6/21).
Nach der Rechtsprechung handelt rücksichtslos im Sinne des § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB, wer sich zwar seiner Pflichten als Verkehrsteilnehmer bewusst ist, sich aus eigensüchtigen Gründen aber darüber hinwegsetzt, oder sich aus Gleichgültigkeit nicht auf seine Pflichten besinnt, Hemmungen gegen seine Fahrweise gar nicht erst aufkommen lässt und unbekümmert um die Folgen seiner Fahrweise darauf losfährt. Erforderlich ist, dass der Verkehrsverstoß objektiv und subjektiv aus der Menge der bußgeldbewehrten Verkehrszuwiderhandlungen herausragt (vgl. LG Aachen, Beschl. v. 11.02.2021, Az. 60 Qs 1/21).
Eine falsche Einschätzung der Verkehrssituation ist keine Rücksichtslosigkeit
Eine „Rücksichtslosigkeit“ im Sinne des § 315 c Abs. 1 Nr. 2 StGB liegt hingegen nicht vor, wenn das grobe Fehlverhalten eines Kraftfahrers (hier: Überholen trotz Gegenverkehr) „nur” auf eine falsche Einschätzung der Verkehrssituation zurückzuführen ist (z.B. OLG Stuttgart, Beschl. v. 08.08.2017, Az. 3 Rv 25 Ss 606/17; OLG Dresden, Beschl. v. 02.12.2002, Az. 3 Ss 529/02; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.12.1999, Az. 2b Ss 87/99 – 46/99; OLG Hamm, Urt. v. 09.07.1969, Az. 4 Ss 561/69).
In einer derartigen Konstellation fehlt es an der erforderlichen, besonders verwerflichen Verkehrsgesinnung, so dass lediglich eine Unbekümmertheit im Hinblick auf die Folgen der Fahrweise, nicht aber eine Rücksichtslosigkeit im Sinne von § 315 c Abs. 1 Nr. 2 StGB festgestellt werden kann.