Bei einem Türöffner-Fall kollidiert meistens ein fahrendes Auto oder Fahrrad (siehe Dooring) mit der sich öffnenden Tür eines geparkten Fahrzeugs. Je nachdem, in welchem Winkel die Tür dabei getroffen wird, also wie weit die Tür bereits geöffnet und damit erkennbar war, und in wie weit das vorbeifahrende Fahrzeug den erforderlichen Seitenabstand eingehalten hat, wird die Haftungsverteilung bemessen. Üblicherweise kommt es zu einer Mithaftung beider Unfallbeteiligter. Dabei gilt der Anscheinsbeweis zu Lasten des Aussteigenden, dass er die Sorgfaltspflichten aus § 14 Absatz 1 StVO nicht beachtet hat. Dem anderen am Unfall beteiligten Autofahrer wird in der Regel zumindest die Betriebsgefahr angelastet.
Es sind aber auch Konstellationen denkbar, in denen der kollidierende Fahrzeugführer allein haftet. Die kann z.B. der Fall sein, wenn die Tür bereits über einen längeren Zeitraum geöffnet gewesen ist und hatte der Fahrer des Fahrzeugs sich vor und während der Öffnung der Tür nach anderen Verkehrsteilnehmer vergewissert hatte und das Fahrzeug zudem auch ordnungsgemäß in einer Parkbucht abgestellt worden war (LG Aachen Urt. v. 03.02.2023, Az. 10 219/22).
Anders sieht es dagegen bei der Konstellation aus, dass beim Aussteigen ein geparktes Fahrzeug beschädigt wird. Dabei haftet der Aussteigende alleine. Häufig wird von Versicherern vor allem bei aussteigenden Insassen auf die Benzinklausel und eine mögliche Privathaftpflicht des Fahrgastes verwiesen. Allerdings hat der EuGH entschieden, dass das Aussteigen zum Betrieb des Fahrzeugs zählt und daher von der Kfz-Haftpflichtversicherung erfasst ist.
Welche Grundsätze gelten für das Ein- und Aussteigen?
Das OLG Celle hat die die Grundsätze des Ein- und Aussteigens in einem Urteil vom 04.12.2019, Az. 14 U 127/19 leicht verständlich zusammengefasst.
Danach gilt die Sorgfaltsanforderung des § 14 Abs. 1 StVO für die gesamte Dauer des Ein- oder Aussteigevorgangs. Entscheidend ist, dass ein unmittelbarer zeitlicher und örtlicher Zusammenhang mit dem Ein- oder Aussteigen besteht.
Das Einsteigen ist mit dem Schließen der Fahrzeugtür, das Aussteigen mit dem Schließen der Fahrzeugtür und dem Verlassen der Fahrbahn beendet (vgl. BGH, Urt. v. 06.10.2009 – VI ZR 316/08.
Die übrigen Verkehrsteilnehmer sind – gegenüber einem haltenden Fahrzeug – dennoch nicht von ihren Pflichten gemäß § 1 StVO befreit.
Wenn ein Beifahrer beim Öffnen der Beifahrertür an einen relativ hohen Bordstein stößt und z.B. der Lack an der unteren Kante der Beifahrertür beschädigt wird, haftet er mindestens anteilig für den entstandenen Schaden (AG, Remscheid, Urt. v. 19.11.2020, Az. 28 C 111/20). Eine alleinige Haftung des unaufmerksamen Beifahrers scheidet in der Regel aus.
Hält der Fahrzeugführer an einer Stelle mit einem relativ hohen Bordstein, trifft ihn ein Mitverschulden für eine Beschädigung wegen einer fehlerhaften Auswahl der Anhaltestelle bzw. wegen eines unterlassenen Hinweises auf die besonderen Gefahren. Es obliegt ihm eine Stelle zu wählen, bei der ein gefahrloses Einsteigen (für Fahrzeug und Mensch) möglich ist (vgl. LG Wuppertal, Urt. v. 18.12.2014, Az. 9 S 134/14).
Taxifälle
Eine besondere Konstellation stellen die Sachverhalte dar, bei denen es zu einem Unfall kommt, weil der Fahrgast eines Taxis die Tür unachtsam öffnet. Die Sorgfaltspflichten des § 14 Absatz 1 StVO gelten auch für Fahrgäste von Taxen. Im Normalfall sind Taxifahrer nicht verpflichtet, Fahrgäste über deren Pflichten beim Aussteigen zu belehren oder zu warnen. Dies kann anders sein, wenn besondere Umstände vorliegen, wie etwa eine körperliche Einschränkung oder eine Behinderung der Sichtverhältnisse abweichend eine Pflicht des Taxifahrers begründet haben. Ist dies nicht gegeben, haftet der Fahrgast für den – infolge seiner Unachtsamkeit entstandenen – Schaden (OLG Köln, Urt. v. 07.11.2019, Az. 15 UZ 113/19).