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Merkantiler Minderwert

Informationen
23.11.2022

Der merkantile Minderwert beschreibt „die Minderung des Verkaufswertes zu verstehen, die trotz völliger und ordnungsmäßiger Instandsetzung des Fahrzeugs allein deshalb verbleibt, weil bei einem großen Teil des Publikums, vor allem wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden, eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb unfallgeschädigter Kraftfahrzeuge besteht. Während beim realen oder technischen Minderwert nach der Instandsetzung noch Mängel zurückbleiben, welche die Betriebssicherheit, die Lebensdauer oder das äußere Ansehen des Wagens beeinflussen und daher seinen Gebrauchswert beeinträchtigen, ist bei dem hier in Betracht kommenden merkantilen Minderwert, der ein völlig und ordnungsgemäß instandgesetztes Fahrzeug voraussetzt, nicht der Gebrauchswert, sondern wegen der Eigenschaft, ein „Unfallwagen“ zu sein, nur sein Verkaufswert beeinträchtigt“ (BGH, Urt. v. 29.04.1958, Az. VI ZR 82/57;  BFH, Urt. v. 31.01.1992, Az. VI R 57/88). Im Bereich der Kaskoversicherung wird der merkantile Minderwert dem unmittelbaren Sachschaden zugerechnet (BGH, Urt. v. 08.12.1981, Az. VI ZR 153/80).

 

Bei älteren Fahrzeugen lehnen Versicherer die Leistung oftmals ab!

 

Das Standardargument lautet, dass ab einem Fahrzeugalter von mehr als fünf Jahren und/oder einer Laufleistung von über 100.000 km keine merkantile Wertminderung mehr möglich sei.

 

Dies trifft indes schon länger nicht mehr zu. So hat z.B. das AG Köln eine Wertminderung in Höhe von 5% der Reparaturkosten zugesprochen, obgleich das Fahrzeug bereits 7 Jahre alt war und eine Laufleistung von ca. 191.000 km aufwies (Urteil vom 17. Dezember 2010, Az. 263 C 240/10).

Da das Fahrzeug aber, dem Gutachten des Sachverständigen zufolge, zum Unfalltag über eine unterdurchschnittliche Laufleistung und einen sehr guten Zustand ohne reparierte oder unreparierte Vorschäden aufwies, habe der Unfall zum Verlust der Originalität des Fahrzeugs und der Unfallfreiheit geführt. Angesichts dieser Umstände, hielten der Sachverständige und das Gericht eine merkantile Wertminderung (Malus Unfallwagen) i.H.v. 250,00 Euro und eine technische Wertminderung (Verlust der Originalität) i.H.v. 750,00 Euro, mithin insgesamt in Höhe von 1000,00 Euro, für angemessen.

 

Käufer im hochpreisigen Marktsegment reagieren besonders sensibel auf Unfallschäden!

 

In einem Verfahren, bei dem es um die merkantile Wertminderung bei einem Mercedes Benz S 63 AMG Coupé 4-Matic ging, welcher zum Zeitpunkt des Unfalls seit ca. 1,5 Jahren zugelassen war und eine Laufleistung von 10.748 km aufwies, hat das Amtsgericht Remscheid (Urt. v. 10.11.2017, Az. 8a C 190/16) festgestellt: “Es komme schnell zu Bedenken, dass sich ein Unfallschaden auf die Zuverlässigkeit des Motors und die Sicherheit des Fahrwerks ausgewirkt haben könnte. Insofern seien gerade solche Fahrzeuge wertminderungsanfällig. Gerade potentielle Käufer eines Fahrzeuges der Premiumklasse würden einen entsprechenden Nachlass erwarten, der auch eingeräumt werden müsse, um gegenüber einem vergleichbaren, unbeschädigten Fahrzeug eine Wertanpassung durchzuführen.”  

 

Der merkantile Minderwert ist nicht auf Personenkraftfahrzeuge beschränkt!

 

Auch bei Nutzfahrzeugen kann ein merkantiler Minderwert anzuerkennen sein. „Auch hier ist ein großer Teil der Käufer – vor allem wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden und der möglicherweise bestehenden höheren Schadensanfälligkeit reparierter Wagen – nicht bereit, für wiederinstandgesetzte Unfallfahrzeuge denselben Preis zu zahlen wie für entsprechende unbeschädigte Wagen“ (BGH, Urt. v. 18.09.1979, Az. VI ZR 16/79).

 

Eine abschließende Festlegung, bis zu welcher Grenze ein merkantiler Minderwert zuzuerkennen ist, existiert nicht (vgl. BGH Urt. v. 23.11.2004, Az. VI ZR 357/03).

 

Was ist bei Unikaten?

Bei speziell umgebauten Fahrzeugen mit Einzelstückcharakter, bei den der Umbau mit Teilen erfolgte, die in den Richtlinien des Ursprungsherstellers nicht vorgesehen sind, sollen die herkömmlichen Berechnungsmethoden (Marktrelevanz- und Faktorenmethode) nicht herangezogen werden können. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass in Anbetracht eines nicht vorhandenen Marktes für derartige das streitgegenständliche Fahrzeug mit Unikatscharakter und in Ermangelung heranziehbarer Vergleichsfälle ein merkantiler Minderwert nicht bestimmt werden könne, sodass ein diesbezüglicher Schadensersatzanspruch ausscheide (OLG München, Endurteil v. 19.05.2021, Az. 7 U 2338/20).
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Ansprechpartner

Dr. Wolf-Henning Hammer

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