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Kaskoversicherung

Informationen
24.09.2024

Die Kaskoversicherung ist eine freiwillige Versicherung. Sie wird als Teil- und Vollkaskoversicherung sowie mit und ohne Selbstbeteiligung angeboten.

Der Kaskoversicherer ist Vertragspartner des Geschädigten, d.h. seines Versicherungsnehmers. Das “Ob” sowie der Umfang seiner Zahlungspflicht richtet sich nach den jeweiligen Versicherungsbedingungen und nicht nach den gesetzlichen Bestimmungen (§§ 823, 249 BGB).

 

Die Teilkaskoversicherung beinhaltet standardmäßig den Ersatz für Schäden durch Brand und Explosion, Entwendung, Sturm, Hagel, Blitzschlag und Überschwemmung, Zusammenstöße mit Haarwild, Glasbruch und Kurzschlussschäden in der Verkabelung.

 

Die Teilkaskoversicherung deckt auch Schäden am Fahrzeug, die im Zusammenhang mit dem Diebstahl stehen (z.B. Glas- und Lackschäden, Außenspiegel, Scheibenwischer, Antenne). Ob Ersatz für einen entwendeten Gegenstand geleistet wird, hängt im Wesentlichen davon ab, ob er zum versicherten Zubehör gehört. Ein Wanderaschenbecher zählt beispielsweise nicht dazu, da er – anders als Schonbezüge und Pannenwerkzeug – nicht ausschließlich dem Gebrauch des Fahrzeugs dient, so dass insoweit kein Versicherungsschutz in der Kfz-Kaskoversicherung bei Einbruchdiebstahl besteht. (LG Wuppertal, Urt. v. 07.05.2020, Az. 9 S 7/20).

Werden Teile eines Fahrzeugs entwendet, kommen dem Versicherungsnehmer Beweiserleichterungen zugute.

So hat z.B. das OLG Hamm in einem Urteil vom 25.10.2023, Az. 20 U 356/21 ausgeführt, dass der Versicherungsnehmer beweisen muss, dass er das Fahrzeug mit den als entwendet behaupteten Teilen an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit in Betrieb genommen und ohne diese Teile wieder aufgefunden hat.

Für dieses äußere Bild ist der Versicherungsnehmer nach § 286 ZPO voll beweispflichtig. Kann er den Beweis nicht durch Zeugen erbringen – vorhandene Zeugen sind zunächst zu vernehmen -, kann der Vortrag des Versicherungsnehmers, der nach § 141 ZPO persönlich angehört wird, ausreichen (BGH, Urt. v. 24.04.1991, IV ZR 172/90). Für den Versicherungsnehmer spricht insoweit eine Glaubhaftmachungsvermutung. Diese wird erst erschüttert, wenn unstreitige oder vom Versicherer bewiesene Indizien ernsthafte Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers begründen (BGH, Urteil vom 22.01.1997, Az. IV ZR 320/95).

 

Erfolgten die Beschädigungen lediglich anlässlich des Einbruchsdiebstahls, d.h. stehen sie mit dem Diebstahlsvorgang in keinem Zusammenhang, werden sie von der Teilkaskoversicherung nicht erfasst (z.B. OLG Brandenburg, Urt. v. 28.02.2020, Az. 11 U 103/19).

 

Die Vollkaskoversicherung umfasst neben den in der Teilkaskoversicherung gedeckten Schäden darüber hinaus Beschädigung, Zerstörung sowie den Totalverlust des Fahrzeugs infolge Unfalls oder böswilliger Handlungen Dritter.

 

Bei dem Ersatz von Vandalismusschäden, die durch mut- oder böswillige Handlungen, beispielsweise im Zusammenhang mit einem Diebstahl, verursacht worden sind, kommt es immer wieder zu Streit. Der Rechtsprechung zufolge muss die Beschädigung die Folge eines von außen her auf das Fahrzeug plötzlich mit mechanischer Gewalt einwirkenden Ereignisses sein (vgl. BGH, Urt. v. 25.06.1997, Az. IV ZR 245/96). Da die Unfreiwilligkeit des Schadensereignisses nicht zum Begriff des Unfalls gehört, schließt willentliches Handeln das Vorliegen eines Unfalls nicht aus (BGH, Urt. v. 05.02.1981, Az. IVa ZR 58/80).

 

Lackschäden an einem versicherten Fahrzeug, sind daher zugleich als Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen, d.h. in der Regel als in der Vollkaskoversicherung versicherte Unfallschäden zu werten (z.B. Ziffer A.2.2.2 Muster AKB 2020 des GDV). Dies gilt sogar dann, wenn das Zerkratzen das Ergebnis einer eine mut- oder böswilligen Handlung eines Dritten ist. Von einem Unfall im Sinne eines plötzlichen Ereignisses ist dabei selbst dann auszugehen, wenn sich der Vorgang des Zerkratzens über einige Minuten erstreckt haben kann (OLG Hamm, Beschl. v. 24.04.2020, Az. 20 U 42/20).

 

Kann der Sachverhalt im Einzelnen nicht aufgeklärt werden, steht jedoch fest, dass die Schäden nach Art und Beschaffenheit nur auf einem Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen beruhen können, so reicht diese Feststellung aus, um die Einstandspflicht des Versicherers zu begründen. Dies gilt auch dann, wenn sich der Versicherungsfall, so wie er geschildert wurde, nicht ereignet haben kann (OLG Karlsruhe, Urt. v. 06.04.2021, Az. 12 U 333/20).

 

Wenn sich der Versicherer auf einen manipulierten Unfall beruft, hat er vollumfänglich zu beweisen, dass der Versicherungsnehmer oder einer seiner Repräsentanten den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt hat (OLG Karlsruhe, a.A.o.).

 Auch nicht zulassungsfähige Fahrzeuge sind versicherungsfähig!

Dem OLG Celle zufolge, ist ein Kasko-Versicherungsvertrag nicht deshalb gemäß § 134 BGB nichtig, weil das versicherte Kraftfahrzeug objektiv nicht zum Straßenverkehr hätte zugelassen werden dürfen (OLG Celle, Urt. v. 03.07.2023, Az. 11 U 109/22). Unumstritten ist dies jedoch nicht.

So hat z.B. das OLG Naumburg die Auffassung vertreten, dass ein Kfz-Versicherungsvertrag gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, wenn das konkret versicherte Motorrad bereits zum Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses wegen der gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StVZO durch den Rückbau zur Moto-Cross-Maschine erloschenen Betriebserlaubnis gemäß § 16 Abs. 1 StVZO nicht zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassen war und ist damit nach § 134 BGB nichtig ist.

Weiter hat es festgestellt, dass ein Versicherer gemäß § 19 Abs. 2 VVG zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt ist, wenn der Versicherungsnehmer die für den Abschluss der Kraftfahrtversicherung offensichtlich entscheidungserhebliche Frage nach der Leistung des zu versichernden Kraftrades mit 5 kW beantwortet, obwohl die Leistung des Kraftrades 29 kW beträgt (Urt. v. 23.10.2014, Az. 4 U 69/13).

Betriebs- oder Unfallschaden?

 

Zu Diskussionen kommt es immer wieder, wenn es um die Abgrenzung von Betriebs- und Unfallschäden, z.B. bei Gespannen geht. Nicht zuletzt auch in diesem Zusammenhang ist es daher wichtig zu wissen, dass für einen Anspruch aus dem Kaskoversicherungsvertrag allein das vertragliche Leistungsversprechen des Versicherers maßgeblich ist. Die gesetzlichen Vorschriften zum Schadenersatz finden keine Anwendung. Sie können aber im Zweifel im Rahmen der Auslegung herangezogen werden (vgl. BGH v. 11.11.2015, Az. IV ZR 426/14). Hinsichtlich der Höhe der Ersatzleistung betrifft, so gelten auch hier die Bestimmungen des Vertrags. Enthält der Vertrag  keine Obergrenze, muss der Versicherer die tatsächlich entstandenen Kosten erstatten (AG Köln, Urt. v. 30.06.2009, Az. 163 C 480/08).

 

Sonderfall: Reifenplatzer aufgrund eingefahrener Fremdkörper 

 

Wie das OLG Karlsruhe (Urt. v. 17.12.2020, Az. 9 U 124/18) klargestellt hat, ändern die in den Vollkasko-Versicherungsbedingungen üblichen Erläuterungen des „Unfalls“ nichts daran, dass ein Schaden, der dadurch entsteht, dass ein auf der Fahrbahn liegender Fremdkörper in den Reifen eindringt, als Unfall im Sinne der Vollkasko-Versicherungsbedingungen anzusehen ist. Es begründet dies damit, dass wenn man dem Begriff des „Betriebsvorgangs“ hingegen eine eigenständige – den Unfallbegriff einschränkende – Bedeutung beimessen würde, eine solche Einschränkung wegen Intransparenz gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam wäre.

 

Wörtlich heißt es in dem Urteil: „Wenn ein Reifen während der Fahrt durch einen eingedrungenen Fremdkörper platzt, handelt es sich um ein von außen mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis. (Vgl. entsprechend zu einem Schaden, der durch einen im Motor befindlichen Fremdkörper verursacht wird, BGH, Urt. v. 06.02.1954, Az. II ZR 65/53) Dabei kann dahinstehen, ob der Fremdkörper (ein spitzer Stein oder beispielsweise ein Nagel) auf der Fahrbahn liegt und vom Fahrzeug überfahren wird, oder ob sich schon vorher ein Fremdkörper im Reifen befindet, der während der Fahrt tiefer in den Reifen eindringt, so dass erst dadurch ein plötzlicher Druckverlust – oder ein Reifenplatzen – erfolgt.  In jedem Fall handelt es sich um eine Einwirkung von außen, die unmittelbar und plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkt (BGH, a. a. O.; LG Karlsruhe, Urt. v. 20.08.2013, Az. 9 O 95/12).“

 

Platzt der Reifen dagegen während der Fahrt allein aus „inneren“ Gründen (bereits bestehender Reifenschaden, unsachgemäße Montage oder falscher Luftdruck), liegt kein Unfall vor, für den Vollkaskoversicherungsschutz besteht. Die Beweislast für das Vorliegen eines Unfalls liegt beim Versicherungsnehmer.

 

Fiktive Aufwendungen können ebenfalls ersatzpflichtig sein

 

Fiktive Aufwendungen für die Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt können ebenfalls als „erforderliche“ Kosten im Sinne von A.2.7.1 b) AKB 2008 (Ziff. 2.5.2. AKB 2015) anzusehen sein.

 

„Dies ist zum einen dann zu bejahen, wenn die fachgerechte Wiederherstellung des Fahrzeugs nur in einer markengebundenen Werkstatt erfolgen kann, zum anderen aber regelmäßig auch dann, wenn es sich um ein neueres Fahrzeug oder um ein solches handelt, das der Versicherungsnehmer bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen“ (BGH, Urt. v. 11.11.2015, Az. IV ZR 426/14).

 

Erstattung der Mehrwertsteuer

Gemäß Ziff. A.2.5.4 der AKB 2015 ist Mehrwertsteuer nur zu erstatten, wenn und soweit diese bei der gewählten Schadenbeseitigung tatsächlich angefallen ist. Die Mehrwertsteuer erstatten wir nicht erstattet, soweit Vorsteuerabzugsberechtigung besteht.

Dem Amtsgericht Düsseldorf zufolge, “sind die AKB sind nach ihrem Sinn und Zweck dahin auszulegen, dass ein Anfall „bei der […] Schadenbeseitigung“ nur dann angenommen werden kann, wenn der Anfall der Mehrwertsteuer kausal durch das versicherte Ereignis – den Unfall – verursacht worden ist. Dass zufällig in zeitlichem Zusammenhang mit einem versicherten Ereignis Mehrwertsteuer anfällt, kann nicht ausreichen.”

 

Ein Unfall muss daher Ursache condicio sine qua non dann für einen Schaden sein. D.h. er darf nicht hinweggedacht werden können, ohne dass der Schaden wegfällt.

Wird z.B. ein neues Fahrzeug als Ersatz für das beim Unfall zerstörte Fahrzeug bestellt, so ist die Kausalität gegeben. Anders verhält es sich, wenn die Bestellung bereits vor dem Unfall und unabhängig von diesem erfolgt ist.

 

 

Keine Pflicht zur Inanspruchnahme!

 

Die Kaskoversicherung dient dem Schutz des Versicherungsnehmers. Geschädigte sind daher grundsätzlich nicht verpflichtet, ihre Kaskoversicherung nach einem Unfall in Anspruch zu nehmen, um so den Ausfallschaden zu Gunsten des gegnerischen Versicherers zu verringern (vgl. BGH v. 17.11.2020, Az. VI ZR 569/19); OLG München, Endurteil v. 24.03.2021, Az. 10 U 6761/19; OLG Brandenburg Urt. v. 27.02.2020, Az. 12 U 86/16; OLG Naumburg Urt. v. 15.06.2017, Az. 9 U 17).

 

Einem Urteil des OLG München zufolge, kann dies anders sein, wenn ein etwaiger Rückstufungsschaden kleiner ist, als der bei einem Mitverschulden vom Geschädigten selbst zu tragende Schadensanteil (OLG München, Urt. v. 27.05.2020, Az. 10 U 6795/19).

 

Besonderheiten bei Leasingfahrzeugen

 

  • Die Wertminderung steht dem Leasingnehmer zu

 

Der Leasinggeber ist verpflichtet, die ihm aus einem Schadensfall zustehenden Entschädigungsleistungen eines Versicherers dem Leasingnehmer zugutekommen zu lassen, indem er sie für die Reparatur oder Wiederbeschaffung des Fahrzeugs verwendet oder diese bei Vertragsende auf den Schadensersatz- oder Ausgleichsanspruch anrechnet.  Erhält der Leasinggeber vom Haftpflichtversicherer einen Minderwertwertausgleich. Dieser mindert den Anspruch auf Restwertausgleich, unabhängig davon, ob der Leasinggeber von einem vertraglich vereinbarten Andienungsrecht Gebrauch macht oder das Fahrzeug verwertet (BGH, Urt. v. 30.09.2020, Az. VIII ZR 48/18).

 

  • Die Neuwertspitze steht dem Leasingnehmer zu

 

Wird ein Leasingvertrag vorzeitig beendet, z.B. infolge Diebstahls des Leasingfahrzeugs, steht die Neuwertspitze dem Leasingnehmer und nicht dem  Leasinggeber zu  Dem BGH zufolge repräsentiert die Neuwertspitze, „nicht das (dem Leasinggeber als Eigentümer zugewiesene) Sacherhaltungsinteresse im Sinne eines Erhalts oder einer Absicherung des im Zeitpunkt des Versicherungsfalls bestehenden Fahrzeugwerts,“ sondern  „dient dem Sachersatzinteresse des Versicherungsnehmers, sich durch Einsatz der Versicherungsleistung wieder ein Neufahrzeug beschaffen zu können“ (BGH. Urt. v. 09.09.2020, Az. VIII ZR 255/19).

 

Übrigens

Haben verschiedene für ein Fahrzeug jeweils eine Kaskoversicherung abgeschlossen, besteht eine sogenannte Mehrfachversicherung im Sinne von § 78 Abs. 1 VVG. Bei einem bedingungsgemäß gedeckten Schaden sind dann beide Versicherer – jeweils hälftig – eintrittsverpflichtet (AG Berlin Mitte, Urt. v. 05.01.2022, Az. 119 C 27/21 V.

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Ansprechpartner

Dr. Wolf-Henning Hammer

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