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Dooring

Informationen
28.01.2025

Ein Dooring-Unfall ist ein Sonderfall des Türöffner-Falls. Beim Dooring kollidiert in der Regel ein Fahrrad, Mofa, Roller, E-Bike oder auch E-Scooter mit einer sich öffnenden Fahrzeugtür. Dies betrifft sowohl Fahrzeuge auf Radwegen als auch Fahrzeuge auf der Straße. Unfallursache ist, dass die aussteigende Person den Blick in den Rückspiegel, den Schulterblick oder beides vergisst.

Neuere Fahrzeuge verfügen zwar über einen Ausstiegswarner. Trotzdem empfiehlt es sich, diesen mit dem Blick in den Spiegel und dem Schulterblick zu kombinieren, um die Sicherheit zu erhöhen. Als hilfreich hat sich auch der sogenannte “holländische Griff” erwiesen, bei dem die Fahrzeugtür mit der von der Tür weiter entfernten Hand geöffnet wird. So wird die Tür auf der Fahrerseite mit der rechten Hand und auf der Beifahrerseite mit der linken Hand geöffnet. Das Übergreifen hat einen automatischen Schulterblick zur Folge.

Wer bezahlt den Schaden?

Für den materiellen Schaden kommt der Haftpflichtversicherer des Fahrzeugs auf, für den immateriellen Schaden kann der Radfahrer unter Umständen nur den unachtsam Aussteigenden in Anspruch nehmen (vgl. OLG München, Urteil vom 28.10.1994, Az. 10 U 4858/93 für Beifahrer). Unter Umständen kann dem Radfahrer gegebenenfalls ein Mitverschulden zugerechnet werden, wenn er den gebotenen Seitenabstand zum Fahrzeug nicht eingehalten hat. Dies ist zwar zu beweisen (vgl. OLG Celle, Urteil vom 06.11.2018, Az. 14 U 61/18), kann aber durchaus auch erheblich sein. So hat z.B. OLG Frankfurt bei einer Radfahrerin ein 75%iges Mitverschulden gesehen. da sie “sich entgegen § 1 StVO nicht mit der gebotenen Aufmerksamkeit im Straßenverkehr bewegt (hatte), indem sie längere Zeit abgelenkt war und nicht nach vorne geschaut hat. Das Maß ihrer Ablenkung wird nicht nur daran deutlich, dass sie den Beklagten zu 2) optisch zunächst nicht wahrgenommen hat, sondern auch daran, dass sie dessen erste Ansprache akustisch nicht vernommen hat. Darüber hinaus hat sie die Situation nach der zweiten Ansprache durch den Beklagten zu 2), wie sie im Grunde selbst eingeräumt hat, falsch eingeschätzt und deshalb in einer ihr vorwerfbaren Weise falsch reagiert. Denn sie hat eine an sich gefahrlos mögliche geringfügige Ausweichbewegung unterlassen und es vorgezogen, eine Kollision mit der Tür in Kauf zu nehmen, weil sie fürchtete, andernfalls vom Radweg nach links auf die Straße abzukommen und dort mit einem Auto zu kollidieren” OLG Frankfurt, Urt. v. 26.09.2023, Az. 9 U 88/22).

§ 14 Abs. 1 StVO gibt die Regeln vor

Wie sich beim Ein- und Aussteigen zu verhalten ist, legt § 14 Abs. 1 StVO fest. Danach hat sich derjenige, der in ein Fahrzeug ein- oder aussteigt, so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Dies gilt umfassend für die gesamte Dauer und für alle Vorgänge, die in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang stehen.

Die Sorgfaltsanforderungen gelten für die gesamte Dauer!

Die Sorgfaltsanforderungen beim Aussteigen gelten für die gesamte Dauer den Ein- oder Aussteigevorgangs, also für alle Vorgänge, die in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang damit stehen, wobei der Vorgang des Aussteigens mit dem Schließen der Fahrzeugtüre und dem Verlassen der Fahrbahn beendet ist (BGH, Urt. v. 06.10.2009, Az. VI ZR 316/08; OLG Hamm, Beschl. v. 27.12.2024, Az. 7 U 132/23). So kann z.B. im Einzelfall das Aussteigen eines Mitfahrers nach links so lange zurückzustellen sein, bis kein Bus mehr an der Haltestelle steht oder sich sonst Verkehr näherte, der gefährdet werden könnte KG, Beschl. v. 30.07.2009, Az. 12 U 175/08).

Dies erfasst insbesondere auch solche Situationen, in denen sich der Insasse eines Kraftfahrzeugs in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Ein- oder Aussteigevorgang bei geöffneter Tür in das Fahrzeug hineinbeugt, um beispielsweise Gegenstände ein- oder auszuladen (vgl. BGH, Urt. v. 06.10.2009, Az. VI ZR 316/08). Da das Ein- und Aussteigen zur Fahrbahnseite hin regelmäßig mit besonderen Gefahren verbunden ist, muss der Vorgang so zügig wie möglich durchgeführt werden und die Tür darf nicht länger als unbedingt notwendig geöffnet bleiben (vgl. OLG Celle, Urt. v. 04.12.2019, Az. 14 U 127/19; KG Berlin, Beschl. v. 22. 11. 2007, Az. 12 U 199/06).

Eine Gefährdung besteht auch bei bereits länger geöffneter Tür!

Denn eine Gefährdung des fließenden Verkehrs kann nicht schon deshalb ausgeschlossen werden, weil die Fahrzeugtür bereits längere Zeit geöffnet ist. Vielmehr ist sich ständig zu vergewissern, ob Fahrzeugverkehr herannaht, um gegebenenfalls die geöffnete Tür wieder zu schließen (OLG Saarbrücken, Urt. v. 24.03.2023, Az. 3 U 9/23 im Anschluss an OLG Düsseldorf, Urteil vom 26. Juni 2012, Az. 1 U 149/11)

In einem vom Amtsgericht München entschiedenen Fall, bei dem ein einparkendes Fahrzeug gegen die geöffnete Fahrertür des Fahrzeugs in der benachbarten Parkbucht gefahren war, wurde die Klage abgewiesen. (Az. 343 C 106/21 v. 27.10.2021). Wörtlich heißt es in dem Urteil: „Das Gericht hat der Entscheidung eine alleinige Haftung der Klagepartei zugrunde gelegt. Unstreitig kam es zur Kollision zwischen der Fahrertüre des Klägerfahrzeugs und dem im Einfahren in die Parklücke neben dem Klägerfahrzeug befindlichen Beklagtenfahrzeug. Für eine schuldhafte Sorgfaltspflichtverletzung des Türöffners – hier des Fahrers des Klägerfahrzeugs – spricht der Beweis des ersten Anscheins.”

Vorbeifahrende müssen einen hinreichenden Seitenabstand einhalten!

Dies ändert jedoch nichts daran, dass wer an einem stehenden Fahrzeug vorbeifährt, nach dem allgemeinen Gebot der Gefährdungsvermeidung aus § 1 Abs. 2 StVO einen angemessenen Seitenabstand einhalten muss. Grundsätzlich reicht zwar ein Seitenabstand von ca. 50 cm eines vorbeifahrenden Pkw zu einem geparkten Pkw aus. Ein Seitenabstand von unter 1 m genügt jedoch dann nicht, wenn auf dem Seitenstreifen neben der Fahrbahn ein Pkw mit geöffneter Fahrzeugtür steht und jederzeit mit einem weiteren Öffnen der Tür gerechnet werden muss oder in der geöffneten Fahrzeugtür eine Person steht LG Saarbrücken, Urt. v. 15.02.2024, Az. 13 S 28/23).

Fließender Verkehr hat grundsätzlich Vorrang!

Da der fließende Verkehr grundsätzlich Vorrang vor dem ruhenden Verkehr hat, darf er darauf vertrauen, dass dieser Vorrang beachtet wird. Beim Vorbeifahren ist daher nicht mit einem plötzlichen, weiträumigen Öffnen von Fahrzeugtüren zu rechnen. Zulässig ist allerdings das Öffnen eines Türspalts, sofern das Fahrzeug nicht zweifelsfrei leer ist. (vgl. BGH, Urt. v. 24.02.1981, Az. VI ZR 297/79; OLG Frankfurt, Beschl. v. 02.03.2018, Az. 3 U 232/16; OLG Köln, Urt. v. 10.07.2014, Az. 19 U 57/14OLG Frankfurt, Urt. v. 28.01.2014, Az. 16 U 103/13). Das OLG Celle (Urt. v. 01.11.2018, Az. 14 U 61/18. 12 O) oder das LG Saarbrücken (Urt. v. 11.02.2022, Az. 13 S 135/21) haben einen Abstand von 70 – 80 cm als ausreichend eingestuft. Abweichend hiervon hat das OLG Saarbrücken jedoch am 05.07.2024 entschieden, dass bei einer Kollision mit einer geöffneten Fahrzeugtür eine Alleinhaftung des Vorbeifahrenden regelmäßig nicht in Betracht kommt, wenn die Tür während des Vorbeifahrens weiter geöffnet war (Az. 3 U 16/24).

Im Rahmen der Abwägung zwischen einem Verstoß gegen § 14 StVO und einem Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO ist die Haftung des Aussteigenden auf die Betriebsgefahr beschränkt, wenn die Fahrerin des parkenden Fahrzeugs auf einer gut einsehbaren Straße schon mindestens 10 Sekunden in der geöffneten Tür zu sehen ist, ohne dass sich die Unfallgegnerin besonders rücksichtslos verhalten hat (zu dieser Abgrenzung auch LG Saarbrücken, Urt. v. 10. 11.2023, Az. 13 S 8/23).

Taxifahrer haben gegenüber Fahrgästen keine besondere Hinweispflicht!

Taxifahrer sind übrigens nicht dazu verpflichtet, aussteigende Fahrgäste vor dem Aussteigen zur Vorsicht zu ermahnen. Zudem kann der Haftpflichtversicherer des Taxis den Fahrgast in Regress nehmen (AG Hamburg-Harburg Urt. v. 30.08.2022, Az. 640 C 122/21; OLG KölnUrt. v. 7. 11. 2019, Az. 15 U 113/19).

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