Ein Dooring-Unfall ist ein besonderer Fall des Türöffner-Falls. Beim Dooring stößt ein Fahrrad, Mofa, Roller, E-Bike oder auch E-Scooter mit einer sich öffnenden Fahrzeugtür zusammen. Dies betrifft sowohl Fahrzeuge, die einen Radweg befahren als auch Fahrzeuge auf der Straße. Ursache der Unfälle ist, dass der Aussteigende den Blick in den Spiegel, den Schulterblick oder gar beides vergisst.
Neuere Fahrzeuge verfügen zwar über einen Ausstiegswarner. Dennoch wird empfohlen, diesen mit einem Blick in den Spiegel und über die Schulter zu kombinieren, um die Sicherheit zu erhöhen. Als hilfreich hat sich zudem der sogenannte “holländische Griff” erwiesen, bei dem die Fahrzeugtür mit der weiter von der Tür entfernten Hand geöffnet wird. Auf der Fahrerseite wird die Tür demnach mit der rechten, auf der Beifahrerseite mit der linken Hand geöffnet. Das Übergreifen hat einen automatischen Schulterblick zur Folge.
Für den materiellen Schaden kommt der Haftpflichtversicherer des Fahrzeugs auf, für den immateriellen Schaden kann der Radfahrer unter Umständen nur den unachtsam Aussteigenden in Anspruch nehmen (vgl. OLG München, Urteil vom 28.10.1994, Az. 10 U 4858/93 für Beifahrer). Unter Umständen kann dem Radfahrer gegebenenfalls ein Mitverschulden zugerechnet werden, wenn er den gebotenen Seitenabstand zum Fahrzeug nicht eingehalten hat. Dafür beweispflichtig ist allerdings der in Anspruch Genommene (vgl. OLG Celle, Urteil vom 06.11.2018, Az. 14 U 61/18).
Wie sich beim Ein- und Aussteigen zu verhalten ist, legt § 14 Abs. 1 StVO fest. Danach muss wer in ein Fahrzeug ein- oder aussteigt, sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Dies gilt übergreifend und für die gesamte Dauer und für alle Vorgänge, die in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang stehen.
Der Vorgang des Einsteigens ist erst mit dem Schließen der Fahrzeugtür, der des Aussteigens erst mit dem Schließen der Fahrzeugtür und dem Verlassen der Fahrbahn beendet (BGH, Urt. v. 6.10.2009, Az. VI ZR 316/08). So kann z.B. im Einzelfall das Aussteigen eines Mitfahreres nach links so lange zurückzustellen sein, bis kein Bus mehr an der Haltestelle steht oder sich sonst Verkehr näherte, der gefährdet werden konnte KG, Beschl. v. 30.07.2009, Az. 12 U 175/08). Dies erfasst insbesondere auch solche Situationen, in denen der Insasse eines Kraftfahrzeugs sich im unmittelbaren Zusammenhang mit einem Ein- oder Aussteigevorgang bei geöffneter Tür in das Kraftfahrzeug beugt, um etwa Gegenstände ein- oder auszuladen (vgl. BGH, Urt. v. 06.10.2009, Az. VI ZR 316/08). Da das Ein- und Aussteigen zur Fahrbahnseite regelmäßig mit besonderen Gefahren verbunden ist, ist der Vorgang so zügig wie irgend möglich durchzuführen und darf die Tür nicht länger offengelassen werden als unbedingt notwendig (vgl. OLG Celle, Urt. v. 04.12.2019, Az. 14 U 127/19; KG Berlin, Beschluss vom 22. November 2007, Az. 12 U 199/06).
In einem vom Amtsgericht München entschiedenen Fall, bei dem ein einparkendes Fahrzeug gegen die geöffnete Fahrertür des Fahrzeugs in der benachbarten Parkbucht gefahren war, wurde die Klage abgewiesen. . (Az. 343 C 106/21 v. 27.10.2021). Wörtlich heißt es in dem Urteil: „Das Gericht hat der Entscheidung eine alleinige Haftung der Klagepartei zugrunde gelegt. Unstreitig kam es zur Kollision zwischen der Fahrertüre des Klägerfahrzeugs und dem im Einfahren in die Parklücke neben dem Klägerfahrzeug befindlichen Beklagtenfahrzeug. Für eine schuldhafte Sorgfaltspflichtverletzung des Türöffners – hier des Fahrers des Klägerfahrzeugs – spricht der Beweis des ersten Anscheins.”
Diesbezüglich ist jedoch zu beachten, dass ein Vorbeifahrender den Sicherheitsabstand so bemessen muss, dass ein geringfügiges Öffnen der Wagentür möglich bleibt, sofern für den Vorbeifahrenden erkennbar ist, dass sich keine Personen im haltenden Fahrzeug und dessen Umgebung aufhalten. Es muss sichergestellt sein, dass sich im haltenden Fahrzeug und um das Fahrzeug herum keine Personen aufhalten.
Da der fließende Verkehr grundsätzlich Vorrang gegenüber dem ruhenden hat, darf er auf die Beachtung dieses Vorrechts vertrauen. Beim Vorbeifahren muss daher nicht mit einem plötzlichen weiträumigen Öffnen von Fahrzeugtüren gerechnet werden. Ein Öffnen eines Türspalts ist jedoch zulässig, sofern das Fahrzeug nicht zweifelsfrei leer ist. (vgl. BGH, Urt. v. 24.02.1981, Az. VI ZR 297/79; OLG Köln, Urt. v. 10.07.2014, Az. 19 U 57/14; OLG Frankfurt, Urt. v. 28.01.2014, Az. 16 U 103/13). Das OLG Celle (Urt. v. 01.11.2018, Az. 14 U 61/18z. 12 O) oder das LG Saarbrücken (Urt. v. 11.02.2022, Az. 13 S 135/21) haben einen Abstand von 70 – 80 cm als ausreichend eingestuft. In Abgrenzung zu diesem Urteil hat das OLG Saarbrücken jedoch am 05.07.2024 entschieden, dass wenn bei einer Kollision mit einer geöffneten Fahrzeugtür offen bleibt, ob die Tür während der Vorbeifahrt weiter geöffnet wurde, kommt eine Alleinhaftung des Vorbeifahrenden regelmäßig nicht in Betracht kommt (Az. 3 U 16/24).
Taxifahrer sind übrigens nicht dazu verpflichtet, aussteigende Fahrgäste vor dem Aussteigen zur Vorsicht zu ermahnen. Zudem kann der Haftpflichtversicherer des Taxis kann den Fahrgast in Regress nehmen (AG Hamburg-Harburg Urt. v. 30.08.2022, Az. 640 C 122/21; OLG Köln, Urt. v. 7. 11. 2019, Az. 15 U 113/19).