In öffentlichen Verkehrsmitteln kommt es immer wieder zu Stürzen mit Personenschäden und anschließendem Streit über die Ersatzpflicht.
Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat dazu in einem Urteil folgende Grundsätze aufgestellt:
Orientierungssatz
Eine hälftige Schadensteilung dem Grunde nach kommt in Betracht, wenn der Busfahrer schuldhaft eine Notbremsung vorgenommen hat und der Fahrgast, der sich nicht ordnungsgemäß festgehalten hat, dabei verletzt wird.
Leitsätze
1. Bei Businsassenunfällen verdrängt grundsätzlich das Eigenverschulden des Fahrgastes, der sich nicht ordnungsgemäß festgehalten hat, vollständig die Gefährdungshaftung aus einfacher Betriebsgefahr. Bei Vorliegen besonderer Umstände kann sich das Eigenverschulden des Fahrgastes jedoch verringern. Eine Schadensteilung 50 : 50 kommt in Betracht, wenn der Busfahrer schuldhaft eine Notbremsung vorgenommen hat.
2. Grünes Ampellicht an einer Kreuzung bedeutet zwar, dass der Verkehrsteilnehmer nach den Regeln des § 9 StVO abbiegen darf. Nach § 9 Abs. 3 StVO muss er jedoch auf Fußgänger besondere Rücksicht nehmen und – wenn nötig – warten.
3. Jeder Fahrgast ist grundsätzlich selbst dafür verantwortlich, dass er durch typische oder zu erwartende Bewegungen eines Busses nicht zu Fall kommt. Im Stadtverkehr muss ein Fahrgast jederzeit mit plötzlichen Bremsmanövern rechnen und das bei der Wahl der Sicherheitsvorkehrungen berücksichtigen. Dazu gehört u.a. auch, bei ausgelöstem Haltesignal solange sitzen zu bleiben, bis der Bus die Haltestelle erreicht hat. Bei stehendem Transport sollten sich Fährgäste im fortgeschrittenen Alter mit beiden Händen an der Haltestange festhalten.
Nachweis: OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 25.04.2023, Az. 7 U 125/22