Bei einem Stau auf Autobahnen oder anderen außerörtlichen Straßen mit mindestens zwei Fahrbahnen ist die Bildung einer Rettungsgasse verpflichtend. Damit soll gewährleistet werden, dass Rettungskräfte eine etwaige Unfallstelle am Stauanfang schnellstmöglich erreichen.
Die Bildung der Rettungsgasse ist in § 11 Abs. 2 StVO geregelt. Da der ursprüngliche Wortlaut unklar war, wurde die Vorschrift im Rahmen der Ersten Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung vom 30.11.2016 präzisiert. Sie gilt seit dem 14.12.2016.
Dort heißt es: „Sobald Fahrzeuge auf Autobahnen sowie auf Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden, müssen diese Fahrzeuge für die Durchfahrt von Polizei- und Hilfsfahrzeugen zwischen dem äußerst linken und dem unmittelbar rechts daneben liegenden Fahrstreifen für eine Richtung eine freie Gasse bilden.“ Die Rettungsgasse ist daher sofort zu bilden. Eine Überlegungsfrist existiert nicht (OLG Oldenburg (Oldenburg), Beschl. v. 20.09.2022, Az. 2 Ss(OWi) 137/22).
Der Missbrauch und das Versperren der Rettungsgasse sind keine Kavaliersdelikte
Die Nichtbildung einer Rettungsgasse kostet mindestens 200 Euro. Zudem werden zwei Punkte im Fahreignungsregister sowie ein einmonatiges Fahrverbot fällig.
Sollte die Blockade die Durchfahrt von Polizei oder Rettungsfahrzeugen behindern, erhöht sich das Bußgeld auf 240 Euro und es kommt noch ein Fahrverbot von einem Monat hinzu. Bei einer Gefährdung beträgt das Bußgeld 280,00 Euro, bei einem Unfall 320 Euro. Die Zahl der Punkte und die Dauer des Fahrverbots bleiben unverändert.
Wer die Rettungsgasse für das eigene Vorankommen missbraucht, d.h. „unberechtigt eine freie Gasse für die Durchfahrt von Polizei oder Hilfsfahrzeugen mißbraucht“ kann – abhängig davon, ob es zu einer Behinderung oder Gefährdung dieser Fahrzeuge oder gar zu einem Unfall kommt – mit einem Bußgeld zwischen 240 – 320 Euro rechnen. Hinzu kommen ein Fahrverbot von einem Monat sowie ein Punkt in Flensburg.
Die Rechtsprechung hat übrigens nicht nur zum Missbrauch der Rettungsgasse, sondern auch zur Ausnutzung des Freiraums hinter dem Rettungsfahrzeug eine klare Meinung:
Ist das Rettungsfahrzeug vorbeigefahren und eine künftige Störung des Fahrwegs nicht mehr zu befürchten, ordnet sich der Verkehr wieder so ein, wie er zuvor gefahren ist. Im Interesse eines flüssigen Straßenverkehrs nehmen daher alle Verkehrsteilnehmer ihre alte Position wieder ein. Ein einzelner Verkehrsteilnehmer, der die „Unordnung“ nach dem Platzmachen für das Rettungsfahrzeug ausnutzt, um sich vorzudrängeln, handelt dabei rücksichtslos
(LG Köln, Urt. v. 04.04.2017, Az. 11 S 134/16; AG Köln, Urt. v. 19. April 2016, Az. 263 C 210/15).
Die Missachtung der Rettungsgasse wird im Ausland erheblich schärfer geahndet!
Wer sich in Österreich nicht an der Bildung der Rettungsgasse (§ 46 Abs. 6 StVO) beteiligt, kann bereits mit bis zu 726 Euro zur Kasse gebeten werden. Wer Einsatzfahrzeuge behindert oder ihnen nachfährt, muss mit bis zu 2.180 Euro rechnen.
In der Schweiz schreibt Art. 27 Abs. 2 Strassenverkehrsgesetz vor, „Den Feuerwehr-, Sanitäts-, Polizei- und Zollfahrzeugen ist beim Wahrnehmen der besonderen Warnsignale die Strasse sofort freizugeben. Fahrzeuge sind nötigenfalls anzuhalten.“ Eine explizite Regelung der Rettungsgasse fehlt bisher ebenso, wie eine einheitlich „tarifierte Ordnungsbusse„. Diese wird jeweils kantonal festgelegt.
Für Motorradfahrer ist übrigens explizit geregelt, dass sie ihren Platz in der Fahrzeugkolonne beizubehalten haben (Art. 47 Abs. 2 Strassenverkehrsgesetz).
Übrigens:
Zwingend ist die Bildung einer Rettungsgasse nur auf Autobahnen sowie auf Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung vorgeschrieben (11 Abs. 2 StVO). Innerstädtisch ist zwar „Freie Bahn“ zu schaffen; eine explizite Plicht zur Bildung einer Rettungsgasse besteht jedoch nicht (LG Hamburg, Urt. v. 18.02.2022, Az. 306 O 471/20 ).