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Kraftfahrzeugrennen im Straßenverkehr

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26.06.2024
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Das Sechsundfünfzigste Strafrechtsänderungsgesetz führte 2017 den Tatbestand der nicht genehmigten Kraftfahrzeugrennen im Straßenverkehr in das Strafgesetzbuch ein. Geregelt ist der Tatbestand in § 315d StGB.

 

Die Einordnung eines Geschehens als Kraftfahrzeugrennen im Sinne des § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB setzt nach der nicht voraus, dass unter den Rennteilnehmern ein Sieger ermittelt wird. Erfasst werden daher nicht nur Rennen zwischen mehreren Fahrzeugen, sondern auch das sogenannte „Rennen gegen sich selbst“ (vgl. LG Deggendorf, Urt. v. 22.11.2019, Az. 1 Ks 6 Js 5538/18). Entscheidend ist insbesondere die Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Ob dies die höchste Durchschnittsgeschwindigkeit oder die schnellste Beschleunigung ist, ist egal (KG Berlin, Beschl. v. 18.05.2022, Az. 3 Ss 16/22). Nicht erforderlich ist, dass diese der Haupt- oder Alleinbeweggrund für die Fahrt ist oder eine vorherige Planung oder Absprache stattgefunden hat (OLG Hamburg, Beschl. v. 13.03.2018, Az. 5 RB 2/18). Auf die Länge der Rennstrecke kommt es nicht an.  Auch recht kurze Renndistanz (50 Meter) steht der Einordnung des Geschehens als Kraftfahrzeugrennen nicht entgegen (KG Berlin, s.o.).

 

Selbst kurios erscheinende Abläufe können ein die Einordnung als Alleinrennen rechtfertigen. So hat z.B. das OLG Stuttgart festgestellt (Beschl. v. 04.07.2019, Az. 4 Rv 28 Ss 103/19), dass die Flucht vor der Polizei ebenfalls dem Straftatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB unterfallen kann (BGH, Beschl. v. 24.03.2021, Az. 4 StR 142/20; LG Osnabrück, Urt. v. 01.03.2021, Az. 13 Ns 16/20).

 

Dies ändert jedoch nichts daran, dass es fehlerhaft ist, wenn Urteilsfeststellungen in Bezug auf ein abgeurteiltes „Alleinrennen“ nicht das Fahrverhalten des Angeklagten darstellen, sondern dasjenige des verfolgenden Polizeifahrzeugs. Hieraus lassen sich weder Schlussfolgerungen auf die Fahrweise des Täters noch auf die von diesem erzielte Geschwindigkeit ziehen (KG Berlin, Beschl. v. 01.03.2024, Az. 3 ORs 16/24 – 161 SRs 4/24, 161 SRs 4/24, 3 ORs 16/24).

 

Was bedeutet „höchstmöglich erzielbare Geschwindigkeit“? 

Die „höchstmöglich erzielbare Geschwindigkeit“ ist keine feststehende, absolute Größe. Sie ergibt sich vielmehr im Einzelfall aus der Zusammenschau der fahrzeugspezifischen Beschleunigung bzw. Höchstgeschwindigkeit, des subjektiven Geschwindigkeitsempfindens. Verkehrslage und Witterungsbedingungen spielen dabei ebenso eine Rolle, wie die Ziele und Beweggründe der Geschwindigkeitsübertretung. Da das Merkmal der höchstmöglichen Geschwindigkeit im Sinne von § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht die erzielbare technische Höchstgeschwindigkeit des geführten Fahrzeugs, sondern die in der konkreten Verkehrssituation erzielbare relative Höchstgeschwindigkeit meint (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 28.04.2021, Az. 3 Ss 25/21), ist es irrelevant, ob der Täter die Leistungsfähigkeit seines Fahrzeugs vollständig ausreizt (OLG Köln, Urt. v. 05.05.2020, Az. III-1 RVs 45/20) oder ob – bei mehreren Teilnehmern – diese „zueinander in Bezug auf die Höchstgeschwindigkeit, höchste Durchschnittsgeschwindigkeit oder die schnellste Beschleunigung in Konkurrenz treten“ (BGH, Urt. v. 11. 11.2021, Az. 4 StR 511).

 

 

Der Vorsatz hinsichtlich der Gefahrenverwirklichung entscheidet!

Einem Beschluss des BGH vom 08.12.2021 (Az. 4 StR 224/22) zufolge, ist nicht nur erforderlich, dass sich die Rennteilnehmer in derselben Rennsituation befinden, sondern der sogenannte Gefahrverwirklichungszusammenhang zwischen § 315d Abs. 2 und 5 StGB verlangt zudem, dass sich im qualifizierenden Erfolg auch gerade der vorsätzlich herbeigeführte konkrete Gefahrerfolg niederschlägt.

 

In einem Beschluss vom 13.09.2023, Az. 4 StR 132/23 hat der BGH die Anforderungen zum Gefährdungsvorsatz dahingehend konkretisiert, dass ein (mindestens) bedingter Gefährdungsvorsatz gegeben ist, “wenn der Täter über die allgemeine Gefährlichkeit des Kraftfahrzeugrennens hinaus auch die Umstände kennt, die den in Rede stehenden Gefahrerfolg im Sinne eines Beinaheunfalls als naheliegende Möglichkeit erscheinen lassen, und er sich mit dem Eintritt einer solchen Gefahrenlage zumindest abfindet (BGH, Urteil vom 16. Februar 2023, Az. 4 StR 211/22). Das hiernach erforderliche voluntative Vorsatzelement, nämlich das Erfordernis, dass sich der Täter mit dem Eintritt der konkreten Gefährdung abgefunden haben muss.”

 

Welche Konsequenzen drohen?

Die Teilnahme an einem nicht genehmigten Rennen kann – gemäß § 315f StGB – mit der Einziehung des verwendeten Kraftfahrzeugs sowie – gemäß § 69 Abs. 2 Ziff. 1a StGB – mit der Entziehung der Fahrerlaubnis geahndet werden.

 

Übrigens

Laut Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.22, Az. 2 BvL 1/20 ist der Straftatbestand „Verbotene Kraftfahrzeugrennen (§ 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB)“ mit dem Grundgesetz vereinbar.

 

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