Eine unklare Verkehrslage im Sinne von § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO liegt vor, wenn nach allen Umständen mit einem ungefährdeten Überholen nicht gerechnet werden darf.
Dies ist z. B. dann der Fall, wenn ungewiss ist, wie sich der vorausfahrende Verkehrsteilnehmer verhalten wird. Die Unklarheit kann auch auf einem unaufmerksamen, unsicheren, fehlerhaften oder verkehrswidrigen Verhalten eines anderen Verkehrsteilnehmers beruhen.
Maßgeblich sind die gesamten äußeren Umstände, die für einen aufmerksamen Kraftfahrer, der überholen will, erkennbar sind. Es kommt darauf an, wie sich die Verkehrssituation für den Überholenden dargestellt hat (OLG Schleswig, Urt. v. 06.02.2024, Az. 7 U 94/23; OLG Saarbrücken, Urt. v. 07.01.20223, Az. 3 U 358/02)
Überholt ein PKW auf einer Landstraße außerhalb geschlossener Ortschaften im Bereich vor einer auf der linken Seite befindlichen Einmündung eine langsamer werdende Fahrzeug-Kolonne mit einem LKW an der Spitze, liegt jedenfalls dann eine unklare Verkehrslage i. S. d. § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO vor, wenn dem PKW-Fahrer die Einmündung bekannt ist und er nicht auf weitere Anzeichen für ein beabsichtigtes Linksabbiegen des LKW (z.B. Fahrtrichtungsanzeiger) achtet (OLG Schleswig, Urt. v. 11.02.2025, Az. 7 U 14/24).