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Wer haftet bei Unfällen während Touristenfahrten auf der Nordschleife?

Auf der Nordschleife des Nürburgrings können Auto- und Motorradfahrer aus dem In- und Ausland ihr fahrerisches Können im Rahmen von sogenannten Touristenfahrten testen oder unter Beweis stellen. Die physikalischen Gesetze machen aber auch vor der der Nordschleife nicht Halt und so manche Fahrt ein unverhofftes Ende. Die Frage lautet dann immer wieder: Wer kommt für den Schaden auf?
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25.03.2022
ca. 7 Minuten
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Wer haftet bei Unfällen auf der Nordschleife?

Auf der Nordschleife des Nürburgrings können Auto- und Motorradfahrer aus dem In- und Ausland ihr fahrerisches Können im Rahmen von sogenannten Touristenfahrten testen oder unter Beweis stellen. Allerdings gelten die physikalischen Gesetze auch auf der Nordschleife und wie Videos auf den einschlägigen Plattformen beweisen, nimmt so manche Fahrt ein unverhofftes Ende.

Zudem ereignen sich auch immer wieder Unfälle, bei denen weder Sach- oder Personenschäden noch Todesfälle ausgeschlossen sind. Allerdings sind nicht nur das jeweilige fahrerische Können oder nicht angepasste Geschwindigkeit, sondern immer wieder auch verlorene Betriebsstoffe unfallursächlich. An der Frage Wer ersetzt den Schaden? ändert dies jedoch nichts.

Haftpflichtschäden bezahlt die Kfz-Versicherung!

Die Nordschleife ist zwar eine Rennstrecke. Aber dennoch gelten hier die Regeln der Straßenverkehrsordnung (StVO) und der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO), wie z. B. das Rechtsfahrgebot. Die Bedingungen des Veranstalters sehen daher ausdrücklich vor, dass nur solche Fahrzeuge auf der Nordschleife fahren dürfen, die über eine Straßenzulassung sowie zumindest eine Haftpflichtversicherung verfügen. Bestimmte Fahrzeugtypen (z.B. Quads, Trikes, Karts sowie Formel-Fahrzeuge und Formel-ähnliche Fahrzeuge) sind von Fahrten auf der Nordschleife ebenso ausgeschlossen wie Personen ohne gültige Fahrerlaubnis oder solche, die im Besitz einer Fahrerlaubnis für das begleitete Fahren sind.

Die gute Nachricht ist, dass der Unfall wie jeder andere Unfall auf einer öffentlichen Straße zu behandeln ist. Der Nürburgring ist zwar eine abgesperrte Rennstrecke, die auch für Rennveranstaltungen genutzt wird. Zum Zeitpunkt des Unfalls stand sie jedoch jedermann offen, der sie gegen Entgelt und nach Unterzeichnung einer Haftungsverzichtserklärung zugunsten des Betreibers befahren wollte.

Da Touristenfahrten, auch wenn sie auf Rennstrecken stattfinden, nach herrschender Meinung nicht als Rennen anzusehen sind, ist der Haftpflichtversicherer des verursachenden Fahrzeugs – zumindest dem Grunde nach – eintrittspflichtig.


Ansprüche gegen den Schädiger und dessen Kfz-Haftpflichtversicherer könnten allerdings ausgeschlossen sein, wenn die Teilnehmer vor dem Befahren der Rennstrecke nicht nur gegenüber dem Betreiber der Rennstrecke, sondern auch gegenüber anderen Nutzern einen Haftungsverzicht erklärt hätten. Dafür gibt es jedoch keine Anhaltspunkte.


Der Umstand, dass die Ansprüche der einzelnen Geschädigten mitverschuldensabhängig variieren können, soll hier ebenso wenig diskutiert werden, wie die Problematik der Ansprüche etwaiger Mitfahrer gegen den Lenker des eigenen Fahrzeugs.

Ersetzt die Kaskoversicherung Schäden am eigenen Fahrzeug?

Ob ein Kaskoversicherer Schäden am Fahrzeug des Versicherungsnehmers zu ersetzen hat, ist immer wieder Gegenstand gerichtlicher Verfahren und der Ausgang richtet sich nicht nur nach den Umständen des Einzelfalls, sondern auch nach den Bedingungen des jeweiligen Versicherers. So haben z.B. das OLG Hamm (Az. I-20 U 213/16 v. 08.03.2017 oder das OLG München (Beschl. v. 21.11.2017, Az. 25 U 2615/17 klargestellt, dass der Versicherer, wenn die Bedingungen den Versicherungsschutz, z.B. für Touristenfahrten auf offiziellen Rennstrecken, eindeutig ausschließen, auch keinen Schadenersatz leisten muss.

Das LG Traunstein hatte sich zuvor in einem Urteil vom 18. Juli 2017, 1 O 4450/16 detailliert mit der Frage der Wirksamkeit des entsprechenden Haftungsausschlusses in den Kaskoversicherungsbedingungen des Versicherers auseinandergesetzt.

Dabei hatte es insbesondere festgestellt, dass der Risikoausschluss den Kläger nicht unangemessen im Sinne des § 307 I, II BGB benachteiligt.

Wörtlich heißt es in dem Urteil:

“Die Formulierung der Klausel ist inhaltlich klar verständlich, da sie sämtliche Privatfahrten auf Rennstrecken vom Versicherungsschutz ausschließt und hierbei sogar den streitgegenständlich betroffenen Nürburgring speziell aufzählt. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass es bei Fahrten auf diesen Strecken nicht darauf ankommt, ob die vorgeschriebene gesetzliche Höchstgeschwindigkeit überschritten wird, oder ob es sich im Einzelnen um Rennveranstaltungen handelt, da allgemein auf die Strecke an sich abgestellt wird. Die Klausel ist gerade auch deswegen klar und deutlich verständlich, weil sie sämtliche Fahrten auf den genannten Strecken ausschließt. Der Versicherungsnehmer ist sich daher bei einer Fahrt auf einer derartigen Strecke im Klaren, dass er keinen Versicherungsschutz genießt.

Angesichts der erhöhten Gefahr bei Fahrten auf einer Rennstrecke auch außerhalb eines Rennens ist, anhand einer Abwägung der Interessen des Versicherers und der gesamten Versichertengemeinschaft mit denen des Versicherten eine entsprechende Ausschlussklausel durchaus nachvollziehbar. Im Gegensatz zu öffentlichen Straßen sind derartige Strecken, wie sogar der Kläger selbst in seiner informatorischen Anhörung angibt, generell gefährlich, wenn man sie nicht kennt. Dies ist auch dann der Fall, wenn diese Strecken außerhalb von allgemeinen Touristenfahrten befahren werden und Streckenposten zur Absicherung vorhanden sind. Der Zeuge … gibt an, dass die Fahrt dazu diente, diese Strecke kennenzulernen. Die Strecke ist im Gegensatz zu öffentlichen Straßen bewusst mit entsprechenden Kuppen und Kurven versehen, was die Gefährlichkeit erhöht. Dadurch erhöht sich auch das Risiko eines Unfalls, das die Versicherung im Interesse der versicherten Gemeinschaft ausschließt. Es benachteiligt daher den Kläger nicht unangemessen, wenn er, bei Teilnahme an derartigen Veranstaltungen, das Schadensrisiko selbst zu tragen hat. Die Versichertengemeinschaft müsste sonst mit ihren Versicherungsbeiträgen die erheblichen Risiken derartiger Fahrten und daraus resultierender hoher Schäden an den regelmäßig überdurchschnittlich teuren Fahrzeugen mittragen. Es ist daher für den Kläger zumutbar, für die Fahrt auf derartigen Strecken eine gesonderte Versicherung abzuschließen.”

Das OLG Hamm hatte dies einem vergleichbaren Fall genauso gesehen (Urt. v. 08.03.2017,Az. 20 U 213/16).

Welche Rolle spielt die Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit?

Nicht so eindeutig ist die Rechtsprechung hingegen, wenn die Bedingungen lediglich die normale Rennklausel enthalten, bei der die Deckung ausgeschlossen ist, wenn es bei den Fahrten auf die Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten ankommt. Da dies nicht bei jedem, der auf einer Rennstrecke fährt, der Fall ist, haben das OLG Stuttgart für freies Fahren (Az. 7 U 126/14, v. 27.11.2014) oder das LG München für eine sogenannte Gleichmäßigkeitsprüfung, bei der es nicht um die höchste gefahrene Geschwindigkeit, sondern allein darum ging, gleichmäßige Rundenzeiten zu erzielen (Urt. v. v.02.11.2011, Az.: 10 O 1955/11), den Kaskoversicherer zur Zahlung verurteilt. Zur Haftpflichtversicherung siehe Bundesgerichtshof Urt. v. 26.11.1975, Az. IV ZR 122/74.

Einem Urteil des OLG München vom 24.05.2019 (Az. 10 U 500/16) zufolge, “gilt der für Rennen in den AKB vorgesehene Risikoausschluss dagegen für Rennen jeder Art, insbesondere Geschwindigkeits-, Touren-, Sternfahrten uÄ, solange es um die Erzielung der höchsten Geschwindigkeit geht, mag diese auch nach den gegebenen Voraussetzungen in der absoluten Ziffer niedriger liegen können als bei Rennveranstaltungen im engeren Sinn. 

Erfordert der Risikoausschluss nach den einschlägigen AKB eine Renn”veranstaltung”, so fallen im Straßenverkehr unternommene Versuche von Verkehrsteilnehmern, an anderen Verkehrsteilnehmern vorbei zu fahren, diese zu überholen bzw. die Versuche der jeweils anderen Verkehrsteilnehmer, eben dies zu verhindern, auch dann nicht darunter, wenn dies unter Verletzung von Verkehrsvorschriften erfolgt (vgl. OLG Bamberg, Hinweisbeschluss vom 23.02.2010, Az. 1 U 161/09).”

Was gilt bei Mitverschulden?

Wer mit einer Geschwindigkeit von 160 bis 170 km/h auf der Nordschleife unterwegs ist, muss im Zweifel mit einer „Haftungsbeteiligung“ in Höhe von 25 % rechnen. Ein Zurücktreten der Betriebsgefahr kam aus den oben aufgezeigten Gründen vorliegend nicht in Betracht.

Den Ausführungen des OLG Koblenz  zufolge (Beschl. v. 05.01.2021, Az. 12 U 1571/20), ist “im Falle des Überschreitens der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h auf der Autobahn, grundsätzlich von dem Vorliegen einer erhöhten Betriebsgefahr auszugehen …, da sich in solchen Situationen der Unfallvermeidungsspielraum nahezu auf null reduziert (OLG Koblenz, Urt. v. 08.01.2007, Az. 12 U 1181/05; OLG Koblenz, Urt. v. 14.10.2013, Az.  12 U 313/13). Ein Befahren der Nordschleife beinhaltet nach der Überzeugung des Senats ein wesentlich höheres Gefahrenpotential als ein Befahren der Autobahn. Der Unfallvermeidungsspielraum ist somit dort noch wesentlich geringer.”

 Und einem Urteil vom 03.11.2022 (LG Koblenz, Az. 10 O 39/20) trifft einen Geschädigten trifft eine Mithaftung aus der verschuldensunabhängig erhöhten Betriebsgefahr seines Sportwagens, wenn er mit diesem bei einer Touristenfahrt auf dem Nürburgring aufgrund eines schuldhaften Betriebsmittelverlustes des vorausfahrenden Sportwagens von der Fahrbahn abkommt.

Das OLG Koblenz (Urt. v. 19.01.2023, Az. 12 U 1933/22) hat bestätigt, dass die erhöhte Betriebsgefahr bei Fahrten auf der Nordschleife auch dann zu einer Mithaftung in Höhe von 25 % führt, wenn der Fahrer auf einer von einem anderen Fahrzeug hinterlassenen Betriebsmittelspur (z.B. Ölspur) die Kontrolle über sein Fahrzeug verliert und deshalb in die Leitplanke fährt. Ein Grund dafür ist, dass in bestimmten Streckenbereichen immer mit Betriebsmittelspuren zu rechnen ist.

Überhaupt sind die Kosten für die Beseitigung von Schäden an der Rennstrecke (Leitplanken, Zäune, Grün, Ölverunreinigungen) vom Verursacher zu tragen.

Rechtzeitig an den Versicherungsschutz denken!

Die Frage des Versicherungsschutzes sollte unbedingt bereits vor der Anfahrt geklärt werden. Denn direkt vor Ort kann keine Versicherung zum Befahren der Strecke abgeschlossen werden!

Tragisch ist das aber nicht. Mit ein wenig Recherche lassen sich im Internet etliche Spezialanbieter für finden, die Rennstrecken-, Trackday- oder vergleichbare Versicherungen, sowohl für Haftpflicht als auch für Kaskoschäden im Portfolio haben.

Personenschäden nicht vergessen!

Sachschäden können repariert, defekte Teile getauscht und Autos ersetzt werden. Bei Personen- und Körperschäden geht das nicht so einfach.

,Wer auf eine Rennstrecke fährt, sollte daher nicht sein Fahrzeug, sondern auch sich selbst absichern. Bei lizenzierten Rennfahrern gehört die Unfallversicherung zur Grundausstattung. Bei Privatpersonen fehlt sie aber oft, “denn es wird ja schon alles gut gehen”.

Passiert dann doch etwas, wird in der Regel zwar der Haftpflichtversicherer des verursachenden Fahrzeugs für den Schaden aufkommen. Anspruchsmindernde Einreden wie die des Mitverschuldens sind jedoch an der Tagesordnung. Darüber hinaus gibt es Konstellationen, in denen die Unterzeichnung einer Haftungsverzichtserklärung vor Fahrtantritt obligatorisch ist.

Kommt es dann zu einem Unfall, können die Folgen erheblich sein. Der sprichwörtliche Teufel soll hier zwar nicht an die Wand gemalt werden. Aber Unfällen mit Personenschäden ziehen eben regelmäßig nicht nur teure Krankenhausaufenthalte mit Kur- und Reha- Maßnahmen, sondern auch behindertengerechte Anpassungen der Wohnung / des Hauses oder Beeinträchtigungen bei der Berufsausübung nach sich.

Wer über eine Unfallversicherung verfügt, sollte daher im Vorfeld klären, ob der Versicherungsschutz auch Mitfahrten z.B. in einem Renntaxi abdeckt. Sollte dies nicht der Fall sein, sollte sie entweder bedarfsgerecht angepasst oder das Risiko anderweitig abgesichert werden.

Zusammenfassung und Praxistipp

Die genannten Fälle zeigen, dass nicht alles so eindeutig ist, wie es die Sachbearbeiter der Versicherer gerne sehen wollen, um den Schadenersatz ausschließen zu können. Sollten Sie in einen Schaden verwickelt sein, sollten sie uns zum frühestmöglichen Zeitpunkt kontaktieren.

Wir regeln das und sorgen dafür, dass Sie den Ihnen zustehenden Schadensersatz in vollem Umfang erhalten – auf der Nordschleife und anderswo!

Siehe auch:

Neues von der Nordschleife

FAQ

Erstmalig veröffentlicht am 16.08. 2017
Aktualisiert am 10.10.2024
Bildnachweis: Pixabay/Domenik2212

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