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Streupflicht?

Urteil des OLG Brandenburg vom 28.08.2023, Az. 2 U 1/23).

Eigentlich ist die Sache klar: Bei Schnee muss geräumt, bei Eis und Glätte muss gestreut werden. Dennoch kommt es im Winter immer wieder zu Unfällen, sowohl von Fußgängern als auch motorisierten Verkehrsteilnehmern. Anschließend haben die Gerichte dann zu klären, in welchem Umfang überhaupt eine Räum- und Streupflicht bestanden und ob der Verkehrssicherungspflichtige seine Verpflichtungen in hinreichender Weise erfüllt hatte.
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08.02.2024
ca. 3 Minuten
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Eigentlich ist die Sache klar: Bei Schnee muss geräumt, bei Eis und Glätte muss gestreut werden. Dennoch kommt es im Winter immer wieder zu Unfällen, sowohl von Fußgängern als auch motorisierten Verkehrsteilnehmern. Anschließend haben die Gerichte dann zu klären, in welchem Umfang überhaupt eine Räum- und Streupflicht bestanden und ob der Verkehrssicherungspflichtige seine Verpflichtungen in hinreichender Weise erfüllt hatte.

Wer ist wo verpflichtet?

Im öffentlichen Straßenraum ist zunächst grundsätzlich die jeweilige Gemeinde dazu verpflichtet, gefährliche Stellen schnee- und eisfrei zu halten. Diese Pflicht besteht allerdings nicht umfassend, sondern nur innerorts und gefahrenträchtigen Stellen. Dies sind – neben den Fahrbahnen – insbesondere Geh- und Fußgängerüberwege. Allerdings gilt das nur im Rahmen des Zumutbaren, also nicht für alle Straßen und Wege (OLG Celle, Urt. v. 07.02.2024, Az. 14 U 105/23).

Die von der Pflicht umfassten Straßen und Wege müssen deshalb nicht völlig gefahrlos genutzt werden können. So hat z.B. das OLG Brandenburg festgestellt, dass die Herstellung eines völlig gefahrlosen Zustands schon deshalb nicht verlangt werden kann, weil sie mit zumutbaren Mitteln nicht zu erreichen ist. Vielmehr müssen Straßenbenutzer sich den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen und die Straße so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbietet.

In der Konsequenz bejaht die Rechtsprechung die Zumutbarkeit und eine vorrangige Pflicht zum ggf. auch mehrmaligem Räumen Streuen mit abstumpfenden Mitteln dort, wo Gefahren infolge winterlicher Glätte für Verkehrsteilnehmer bei zweckgerechter Wegebenutzung und trotz Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt bestehen (z.B. BGH, Urt. v. 23.07.2015, Az. III ZR 86/15; v. 12.06.2012, Az. VI ZR 138/11). Solche Orte sind z.B. Bahnhöfe und Haltestellen, d.h. für Fußgänger besonders verkehrswichtige und gefährliche Stellen. Diese sind dann nicht engmaschig zu kontrollieren, sondern müssen vorrangig und nötigenfalls auch wiederholt geräumt und bestreut werden. Bei Dauerschneefall oder Eisregen muss der Verkehrssicherungspflichtige zwar nicht durchgängig vor Ort sein. Er muss jedoch sicherstellen, dass das Streugut die glättebedingten Gefahren wenigstens vermindert. Wenn ein Verkehrssicherungspflichtiger behauptet, Bestreuen sei witterungsbedingt zwecklos gewesen, dann hat er dies zu beweisen (BGH, Beschl. v. 07.06.2005, Az. VI ZR 219/04).

Besteht die Streupflicht rund um die Uhr?

So wie die Räum- und Streupflicht räumlich uneingeschränkt gilt, so wenig besteht sie rund um die Uhr.  Grundsätzlich ist sie auf die Hauptverkehrszeit beschränkt. Sie beginnt prinzipiell allenfalls kurz vor dem Einsetzen des Haupt- und Berufsverkehrs. Abends endet sie – abhängig von den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten – mit dem Ende des allgemeinen Tagesverkehrs (vgl. OLG München Beschl. v. 16.04.2012, Az. 1 U 940/12).

In dem Urteil des OLG Brandenburg heißt es dazu: „Wer außerhalb dieses Zeitraums unterwegs ist, muss etwaige Gefahrensituationen als Teil des allgemeinen Lebensrisikos selbst tragen und kann nicht verlangen, dass auch zur Nachtzeit Räum- und Streumaßnahmen durchgeführt werden.“ Was die Ausgestaltung durch etwaige örtliche Satzungen betrifft, kann eine Gemeinde auch keine Räum- und Streupflichten für Anlieger begründen, die über die Anforderungen der sie selbst treffenden (allgemeinen) Verkehrssicherungspflicht hinausgehen (BGH, Urt. v. 14.02.2017, Az. VI ZR 254/16)

Welche Besonderheiten gelten?

Besonderheiten können bei besonders gefahrenträchtigen Stellen bestehen. So müssen können z.B. Hauseigentümer, bei denen die Dachentwässerung nicht über das eigene Grundstück, sondern über den Gehweg erfolgt, verpflichtet sein selber Maßnahmen zu ergreifen, die ein Ausrutschen von Fußgängern auf dem öffentlichen Gehweg vor seinem Haus verhindern. Dies können z.B. das Anbringen besonderer Warnhinweise oder einer zusätzlichen Beleuchtung, zur Erzeugung besonderer Aufmerksamkeit sein (OLG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 12.12.2013, Az. 2 U 25/13)

Zusammenfassung und Fazit

Die obigen Ausführungen geben nur einen kleinen Überblick über die Rechtslage zur Räum- und Streupflicht bei Schnee und Eis. Im Einzelfall entscheiden – wie sonst auch – stets die Umstände des Einzelfalls. 

Sollten Sie auf einer glatten Fläche ins Rutschen gekommen oder auf andere Art und Weise in einen glättebedingten Unfall verwickelt worden sein, kontaktieren Sie uns!

Voigt regelt!

Bildnachweis: Dan Fador auf Pixabay

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