Der Abzug basiert auf dem Gedanken, dass „bei der Bemessung des Schadensersatzes für die Beschädigung oder Zerstörung einer durch den Gebrauch und die Zeitdauer im Wert gesunkenen oder gar schon vorher schadhaften Sache grundsätzlich ein Abzug zwecks Berücksichtigung des Unterschiedes von alt und neu zu machen ist“ (BGH, Urt. v. 24.03.1959, Az. VI ZR 90/58).
Er ist nur gerechtfertigt, wenn dem Geschädigten durch die Ersatzleistung Aufwendungen erspart werden, die er später doch hätte machen müssen. Dies folgt dem Gedanken, dass sich der Schadenersatzanspruch des Geschädigten nur auf solche Schäden bezieht, die durch den Unfall verursacht worden sind, nicht aber auf Vorschäden. Ein weiterer Aspekt beim Abzug „neu für alt“ ist, ob und wie sich das individuelle Nutzungspotenzial für den Geschädigten erhöht, d.h. ob die neue oder reparierte Sache gerade für den Geschädigten einen höheren Wert hat, da ihm der Vorteil aufgedrängt wird (OLG Köln, Beschl. v. 01.08.2014, Az. 11 U 23/14).
Dem OLG Frankfurt zufolge, scheidet ein Abzug aus, wenn Teile ersetzt werden müssen, die im Allgemeinen die Lebensdauer des Fahrzeugs erreichen, weil dann eine Wertverbesserung nicht eintritt oder sich zumindest nicht auswirkt (OLG Frankfurt, Urt. vom 22.05.2015, Az. 1 U 166/13). Laut BGH kommt ein Abzug generell nicht in Frage, wenn die Maßnahmen zur Beseitigung der Schäden nicht zu einer Wertsteigerung am Fahrzeug führen (vgl. BGH, Urt. v. 23.05.2017, Az. VI ZR 9/17).
Das LG Hamburg hat es in einem Urteil vom 27.09.2022, Az. 302 O 245/19 auf den Punkt gebracht, wie folgt:
“Ein solcher (Abzug neu für alt) ist im Rahmen der Vorteilsausgleichung dann nicht vorzunehmen, wenn es sich bei den zu ersetzenden Teilen um solche handelt, die typischerweise die Lebensdauer des Fahrzeugs erreichen, wenn das Fahrzeug weiterhin vom Geschädigten genutzt wird. Die Erneuerung dieser Teile erhöht die Lebensdauer des Fahrzeugs nicht und erspart auch keine Aufwendungen zu deren Instandhaltung. Ein Mehrwert ist im Vermögen des Geschädigten nicht nachweisbar und auch nicht realisiert, jedenfalls nicht, solange er das Fahrzeug selbst nutzt.”
Abzüge sind auch bei medizinischen Hilfsmitteln möglich. Dem OLG Celle zufolge, ist z.B. bei einer Brille eine, über fünf Jahre verteilte, lineare Abschreibung angemessen, da es sich „nicht um einen Gegenstand handelt, der auch gebraucht ge- und verkauft wird und bei dem – wie z.B. bei Pkw – die Abschläge auf den ursprünglichen Neupreis je nach Alter prozentual erheblich differieren kann“ (OLG Celle, Urt. v. 05.08.2020, Az. 14 U 37/20).
In der Kaskoversicherung ist der Abzug in den Versicherungsbedingungen (AKB) geregelt.
Viele Kaskoversicherungsbedingungen enthalten Staffelungen für die Ersatzleistung bei abhanden gekommenen Navigationsgeräten. Das AG Düsseldorf hatte bei einer Altersstaffelungen (Abzug von 1% pro Monat, beginnend ab dem 18ten Monat nach Erstzulassung des Kfz) eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers und damit einen, die Unwirksamkeit nach sich ziehenden, Verstoß gegen die §§ 307 ff. BGB gesehen.
Das LG Düsseldorf sah kein schadensersatzrechtliches Problem, sondern eine Frage des versicherungsvertragsrechtlichen Primäranspruchs. Angesichts der vertraglich vereinbarten Regelung, konnte es keine Benachteiligung erkennen und betrachtete die Klausel als wirksam (LG Düsseldorf, Urt. v. 12.01.2017, Az. 9 S 26/16).
Ebenfalls eine Frage der vertraglichen Vereinbarungen ist es, wenn ein Versicherungsvertrag einen „Top-Schutz“ umfasst, auf dessen Grundlage der Versicherer auf einen Abzug verzichtet (OLG Dresden, Urt. v. 16.02.2021, Az. 4 U 1909/20).
Aktualisiert am 29.10.2024