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Kein Kaskoschutz für Schäden durch Anhänger?

Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.03.2015, Az. IV ZR 128/14

Wenn ein Anhänger das Zugfahrzeug beschädigt, stellt sich immer wieder die Frage, wer haftet. Ist es der Kaskoversicherer des Zugfahrzeuges oder der Haftpflichtversicherer des Anhängers? Die Antwort lautet auch hier: Es kommt darauf an!
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29.04.2017
ca. 5 Minuten

Nachdem die Frage nach der Haftung immer wieder auch die Instanzgerichte beschäftigt hatte, war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis sich auch der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Problematik befassen musste. Dabei kam der BGH zu dem Ergebnis, dass es zulässig ist, wenn die Bedingungen der Kfz-Vollkaskoversicherung Schäden zwischen Zugfahrzeug und Anhänger von der Deckung ausschließen, wenn der Schaden nicht auf eine Einwirkung von außen zurückzuführen ist.

Was war passiert?

Als der Lenker eines Gespanns rückwärts fuhr, blieb der Anhänger stehen, drehte sich nach rechts und beschädigte den PKW. Der Halter meldete den Schaden seiner Vollkasko.

Der Versicherer lehnte die Regulierung jedoch ab und verwies auf Punkt A.2.3.2 der für den Vertrag maßgeblichen Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB). Dort hieß es:

“Versichert sind Unfälle des PKW. Als Unfall gilt ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf den PKW einwirkendes Ereignis. Nicht als Unfallschäden gelten insbesondere Schäden aufgrund eines Brems- oder Betriebsvorgangs oder reine Bruchschäden. Dazu zählen z.B. … Schäden zwischen ziehendem und gezogenem Fahrzeug ohne Einwirkung von außen.

Der Halter vertrat die Auffassung, dass etwas von außen auf den PKW eingewirkt haben müsse, so dass er stehen blieb. Da sich Halter und Versicherer nicht einigen konnten, zog der Halter vor Gericht.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Amtsgericht Karlsruhe sowie das Landgericht wiesen Klage ab. Doch auch der BGH konnte dem Halter nicht zum Erfolg verhelfen.

Die Richter des BGH stellten fest, dass die Klausel mit Fahrzeug nicht nur Kraftfahrzeuge, sondern auch Anhänger umfasst. Dies sei auch für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse erkennbar. Insbesondere auch deshalb, weil der Anhänger als gezogenes Fahrzeug offensichtlich nicht selbst aktiv fahren müsse, sondern von Zugfahrzeug bewegt wird.

Die Klausel wurde somit als wirksam angesehen. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot – der zur Unwirksamkeit hätte führen können – sei auch schon deshalb nicht gegeben, weil § 2 Nr. 3 FZV ebenfalls sowohl Fahrzeuge als Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger erfasst.

Im Originaltext des Urteils liest sich das wie folgt:

Auch ein “durchschnittlicher Versicherungsnehmer (kann) der Klausel unter A.2.3.2 AKB klar entnehmen, dass dieser Ausschluss auch Schäden zwischen einem Kraftfahrzeug und einem von diesem gezogenen Anhänger betrifft.

Dabei versteht er den Begriff “Fahrzeug” als Oberbegriff, der Anhänger unabhängig davon umfasst, ob sie über einen eigenen Antrieb verfügen. Anders als die Revision meint, sieht ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer als Fahrzeug nicht nur etwas an, das “aktiv fahren” kann. Ein solches Verständnis entspricht nicht dem allgemeinen Sprachgebrauch, den ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei der Auslegung allgemeiner Versicherungsbedingungen zugrunde legt. Er wird unter einem Fahrzeug allgemein jeden zur Fortbewegung geeigneten Gegenstand verstehen.

Als “gezogenes Fahrzeug” im Sinne von A.2.3.2 AKB wird er auch einen Anhänger ansehen, der von einem anderen, dem “ziehenden” Fahrzeug bewegt wird. Dass das gezogene Fahrzeug über einen eigenen Antrieb verfügen muss, kann der Versicherungsnehmer der Klausel nicht entnehmen. Dieses Verständnis entspricht auch dem Sprachgebrauch des § 2 Nr. 3 Fahrzeug-Zulassungsverordnung. Danach sind im Sinne dieser Verordnung “Fahrzeuge: Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger”.

Das Urteil kam nicht überraschend.

So hatte z.B. das Landgericht Essen bereits 13.02.2012 (Az. 18 O 342/11) festgestellt:

“Der Begriff des „Fahrzeugs“ umfasst nicht nur Kraftfahrzeuge, sondern auch Anhänger (vgl. BGH, NJW-RR 1996, 857, 858; OLG Hamm, Urt. v. 16.12.1994, Az. 20 U 193/94. Der BGH hat hierzu ausgeführt, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer trotz der Verbindung von PKW und Camping-Anhänger in diesen zwei Fahrzeuge sieht. Dies gilt nach Ansicht des Gerichts auch für die Verbindung zwischen einem LKW und einem Anhänger.”

In dem zu beurteilenden Sachverhalt hatte ein Mitarbeiter des Halters die Kupplung nicht ordnungsgemäß befestigt, sondern sie nur aufgelegt. Sie war daher lediglich mit einem Abrissseil, einer Drahtschlinge befestigt. Zu dem Schaden war es gekommen, als sich der Anhänger während der Fahrt vom Zugfahrzeug gelöst hatte und mit dem Zugfahrzeug kollidiert war.

Aus dem allgemeinen Sprachgebrauch ergibt sich, dass der Begriff „Fahrzeug“ weiter ist als der Begriff eines Kraftfahrzeugs. Auch Anhänger werden als Fahrzeuge bezeichnet. Dies ist für den Versicherungsnehmer auch ohne Spezialkenntnisse im Versicherungsrecht verständlich. Wenn sich die Klausel lediglich auf den Ausschluss von Abschleppschäden bezogen hätte, hätte man eine engere Formulierung wählen müssen. Auch der Vergleich mit anderen Klauseln der AKB zeigt, dass der Begriff „Fahrzeug“ als Oberbegriff verwendet worden ist, der neben Kraftfahrzeugen auch Anhänger umfasst. So werden unter Punkt A.1.1.5 die Begriffe „Fahrzeug“, „Kraftfahrzeug“ und „Anhänger“ nebeneinander verwendet. Auch unter A.1.5.5 wird zwischen einem Fahrzeug und einem Kraftfahrzeug differenziert.

Daraus ist für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbar, dass in den AKB unter einem Fahrzeug nicht nur Kraftfahrzeuge verstanden werden, sondern auch Anhänger, die nicht aus eigener Kraft fortbewegt werden können. Der geltend gemachte Unfallschaden ist durch einen Zusammenprall von Anhänger und Zugfahrzeug ohne weitere Einwirkung von außen entstanden. Da der Anhänger nicht ordnungsgemäß angekuppelt war, hat er sich während der Fahrt gelöst und ist auf das ziehende Fahrzeug gerutscht. Der Schaden am Anhänger ist durch den Aufprall mit dem ziehenden LKW entstanden. Hierdurch wurde ein Loch in die Stirnwand des Anhängers gerissen. Eine weitere Einwirkung von außen, wie etwa ein Zusammenstoß mit anderen Gegenständen, hat es nicht gegeben.”

Eine Einwirkung von außen kann das Ergebnis ändern!

So hat das OLG Düsseldorf (Urt. v. 05.09.2006, Az. I-4 U 233/05) z.B. Ansprüche aus der Vollkaskoversicherung zugesprochen, nachdem das versicherte Fahrzeug bei dem Unfall im Heckbereich beschädigt wurde, als der Anhänger mit dem versicherten Zugfahrzeug kollidiert ist. Zu der Kollision kam es, als das Gespann von der Fahrbahn abkam und auf die Böschung geriet. Der genaue Ablauf der Kollision lies sich zwar nicht aufklären. Fest stand aber, dass der Schaden durch eine außerhalb des versicherten Fahrzeugs liegende Ursache bewirkt worden war, nämlich durch das Hindernis “Böschung”. Eine solche Einwirkung von außen erfüllt den Unfallbegriff der Kaskoversicherung. Darauf, ob Zugfahrzeug und Anhänger zur Zeit der Kollision miteinander verbunden sind, kommt es dabei nicht an.

In dem Urteil heißt es dazu:
„Die Klausel, wie sie der durchschnittliche Versicherungsnehmer versteht, ordnet lediglich Einwirkungen den Betriebsschäden zu, die ihre Ursache ausschließlich in gespanninternen Umständen finden, wie das etwa bei reinen Verwindungsschäden oder auch dann der Fall sein mag, wenn es dabei bleibt, dass Zugfahrzeug und Anhänger infolge zu heftigen Lenkens ins Schlingern geraten und touchieren. …

Ob es – wie das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden hat (OLG Stuttgart, Urt. v. 24.07.2003, Az. 7 U 47/03) – an einer äußeren Einwirkung fehlt, wenn sich der Anhänger infolge Eisglätte quer stellt und das Heck des versicherten Zugfahrzeugs eindrückt, kann offen bleiben. Denn bei dieser Sachlage fehlt es jedenfalls an der – wie hier – weiteren Einwirkung durch ein Hindernis (Böschung), auf welches das Gespann auffährt.“

Fazit & Praxistipp

Die vorstehenden Ausführungen zeigen eines: Wie so oft, hängt die Frage Entschädigung auch hier entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab. Klären Sie am besten vorab mit Ihrem Versicherer, ob Schäden zwischen ziehendem und gezogenem Fahrzeug mitversichert sind – am besten schriftlich. Nur wenn diese ausdrücklich in den Versicherungsschutz einbezogen sind, bleiben Sie nicht auf den Kosten sitzen! In den meisten Versicherungsverträgen findet sich jedoch eine Regel, die der vom BGH zu beurteilenden Ausschlussklausel entspricht.

Sollten Sie während der Fahrt mit einem abgerissenen Anhänger z.B. aus dem Gegenverkehr kollidieren, können Sie Ansprüche gegenüber dessen Haftpflichtversicherung geltend machen.

Bildnachweis: Polizei Rheinland-Pfalz

Ansonsten und im Zweifel gilt aber: Kontaktieren Sie uns! Voigt regelt!

Aktualisiert am 21.03.2024

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