Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken, Urteil vom 19. Dezember 2024, Az. 6 U 19/20
Wer über den Gebrauchtwagenplatz eines Autohauses geht, trifft dort in der Regel auf für den Verkauf aufbereitete und hergerichtete Fahrzeuge, die optisch mitunter kaum von Neuwagen zu unterscheiden sind. Das Alter und/oder die Laufleistung machen jedoch deutlich, dass diese Fahrzeuge nicht frisch vom Band kommen, sondern bereits eine Vorgeschichte haben.
Wer ein solches Fahrzeug kauft, muss daher auch mit Verschleißerscheinungen rechnen, die bei Gebrauchtfahrzeugen durchaus vorhanden sein dürfen. Seit der Neuregelung des Kaufrechts im Jahr 2022 und der Verlängerung des Zeitraums der Beweislastumkehr beim Verbrauchsgüterkauf von sechs auf zwölf Monate muss der Händler allerdings beweisen, dass ein in diesem Zeitraum auftretender Mangel kein Mangel, sondern normaler Verschleiß ist oder der Käufer den gerügten Zustand selbst herbeigeführt hat. Ob ein gerügter Defekt ein rechtlich relevanter Mangel oder lediglich eine normale Verschleißerscheinung ist, hing und hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. LG Ravensburg, Urt. v. 03.07.2023, Az. 5 O 101/22; LG Bielefeld, Urt. v. 24.11.2017, Az. 3 O 63/17).
Das ist nicht immer einfach, aber mit einer guten Dokumentation machbar.
So war es auch in dem hier zugrundeliegenden Sachverhalt, den das Landgericht Landau in der Pfalz (Urt. v. 20.03.202, Az. 3 O 37/18) und letztinstanzlich das OLG Zweibrücken entschieden haben. Zu dem Rechtsstreit war es gekommen, nachdem der Kläger ein Fahrzeug mit einer Laufleistung von 200.000 km gekauft hatte, dessen Motor nach ca. 7.000 km und vier Wochen später wegen einer defekten Zylinderkopfdichtung den Dienst quittierte.
Der Käufer hielt dies für einen Mangel, der Verkäufer für Verschleiß.
Dass die Gerichte zugunsten des Verkäufers entschieden, lag insbesondere daran, dass dieser nachweisen konnte, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Übergabe mangelfrei war und sich die Zylinderkopfdichtung lediglich in einem Zustand befand, der einem normalen Verschleiß entsprach. Dies war auch das Ergebnis eines gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachtens.
In der Pressemitteilung des OLG heißt es dazu:
„Aufgrund des Verschleißes sei es nur kurze Zeit nach dem Kauf zu einer Panne wegen Undichtigkeit der Zylinderkopfdichtung gekommen. Weiter handele es sich bei dem konkreten Verschleiß der Zylinderdichtung um eine typische und vom Käufer hinzunehmende alters- und laufleistungsbedingte Abnutzungserscheinung. Wegen des Alters und der Laufleistung des Fahrzeugs beim Kauf müsse der Käufer mit einem solchen Verschleiß rechnen, denn dieser sei bei einer Laufleistung von 200.000 km Laufleistung nicht ungewöhnlich. Den Verkäufer treffe auch bei nicht sichtbar eingetretenen Verschleißerscheinungen keine Pflicht, auf natürliche Alterserscheinungen und begrenzte Haltbarkeiten von Einzelteilen hinzuweisen.“
Die Entscheidung betrifft zwar einen Sachverhalt, der noch unter die Geltung des „alten“ Kauf- und Gewährleistungsrechtsrechts fällt. Ihre Grundsätze lassen sich aber problemlos auf die neue Rechtslage übertragen. Siehe auch: BGH entscheidet zum Gewährleistungsausschluss beim Oldtimerkauf!
Sollten Sie in eine Situation geraten, bei der es um die Frage Mangel oder Verschleiß geht, kontaktieren Sie uns!
Auch hier gilt: Voigt regelt!
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