LG München I, Urteil vom 23.01.2025, Az. 26 S 17174/23
In Hinblick auf das Bereicherungsverbot des Schadenrechts sowie die höchstrichterliche Rechtsprechung (z.B. BGH, Urt. v. 29.10.2019, Az. VI ZR 45/19) ist das auch in Ordnung. Zudem sind Rabatte bei der Bezifferung des Schadens offen zu legen. Allerdings behaupten Versicherer dies oftmals einfach „ins Blaue hinein“ und bleiben den Beweis schuldig.
Nicht anders verhielt es sich auch in dem hier zugrundeliegenden Verfahren vor dem Landgericht München, bei dem eigentlich alles klar war. Das Fahrzeug eines Kunden des beklagten Haftpflichtversicherers hatte ein Fahrzeug eines Autovermieters beschädigt. Die Haftung als solche war unstreitig und der Schaden wurde auch weitgehend ersetzt.
Zum Prozess kam es insbesondere wegen eines Abzugs in Höhe von 1121,09 Euro, für einen behaupteten Großkundenrabatt.
Es verurteilte den Versicherer zur Zahlung von 1.121,09 Euro sowie der vorgerichtlichen Anwaltskosten. Es begründete dies damit, dass der Geschädigte substantiiert dargelegt habe, dass keine Rabattvereinbarungen mit regional erreichbaren Fachwerkstätten bestehen. Im Gegensatz dazu habe der Versicherer keine konkrete Werkstatt benannt, bei der ein Rabatt realistisch in Betracht käme.
Der Versicherer meinte, der Geschädigte müsse das Nichtbestehen von Rabattvereinbarungen beweisen. Denn aufgrund des Geschäftsmodells des Geschädigten (hochwertige Fahrzeugflotte mit bundesweiter Nutzung) liege ein Großkundenrabatt nahe und der geltend gemachte Abzug sei deshalb berechtigt.
Der Geschädigte beantragte die Zurückweisung der Berufung. Er begründete dies damit, dass Rabattvereinbarungen lediglich mit einer bestimmten Werkstattgruppe bestünden, deren Niederlassungen jedoch nicht im regionalen Umfeld des Unfallorts lägen. Dort gebe es keine markengebundenen Fachwerkstätten mit Rabattvereinbarungen. Dies habe er vor dem Amtsgericht auch bereits plausibel und konkret dargelegt.
Damit wurde das Urteil des Amtsgerichts bestätigt. Dies begründete es damit, dass ein Geschädigter gemäß § 249 Abs. 2 BGB den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen darf. Bei fiktiver Schadensabrechnung genügen in der Regel die üblichen Kosten einer markengebundenen Fachwerkstatt. Sollte der Schädiger der Meinung sein, weniger zahlen zu müssen, muss er dem mit substantiierten Einwänden begegnen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Geschädigte die Höhe der zu erwartenden Kosten mittels eines Sachverständigengutachtens plausibel dargelegt hat.
Im vorliegenden Fall hatte der Versicherer lediglich spekulativ auf mögliche Rabatte verwiesen. Konkrete Werkstätten oder tatsächliche Rabattvereinbarungen hatte er hingegen nicht benannt. Ein pauschaler Verweis auf das Geschäftsmodell des Geschädigten genügt dagegen nicht. Der Geschädigte hatte nachvollziehbar vorgetragen, dass im relevanten regionalen Markt keine Rabattvereinbarungen bestehen. Aus diesem Grund hat er auch Anspruch auf Abrechnung gemäß den üblichen Verrechnungssätzen.
Interessant war außerdem, dass der Versicherer die Vernehmung des Geschäftsführers des Geschädigten beantragt hatte, damit jedoch gescheitert war.
Das Landgericht stellte klar, dass ein Ausforschungsbeweis durch die Vernehmung des Geschäftsführers nicht zulässig war, da der Versicherer insoweit nichts zur Sache vorgetragen hatte. Der Abzug von 1.121,09 Euro sowie die Verweigerung eines Teils der Anwaltskosten waren somit nicht gerechtfertigt.
Die Berufung wurde daher vollständig zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens musste der Versicherer tragen.
Auch dieser Fall zeigt, dass die Wirklichkeit oftmals anders aussieht als vom eintrittspflichtigen Versicherer gewünscht oder behauptet.
Wer bei einem Unfall geschädigt wurde und sichergehen will, dass der Versicherer des Unfallverursachers den Schaden vollständig ersetzt, sollte uns frühzeitig kontaktieren! Dies gilt für Privatpersonen und Flottenbetreiber gleichermaßen.
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Kurzum: Voigt regelt!
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Großkundenrabatte sind nachzuweisen!
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