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Wirksame Einbeziehung von AGBs durch Mitteilung des QR-Codes? 

LG Lübeck vom 07.12.2023, Az. 14 S 19/23

Wer vorformulierte Geschäftsbedingungen (AGB) verwendet, muss die andere Vertragspartei bei Vertragsschluss ausdrücklich darauf hinweisen. Zudem muss die Möglichkeit bestehen, die AGB in zumutbarer Weise zur Kenntnis zu nehmen. Bestandteil des Vertrages werden die AGB dann, wenn die andere Vertragspartei mit der Geltung einverstanden ist. So steht es zumindest in § 305 Abs. 2 BGB. Die Möglichkeit zur Kenntnisnahme kann durch einen ausdrücklichen Hinweis oder einen deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses verschafft werden. Wie verhält es sich aber bei QR-Codes?
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05.03.2024
ca. 4 Minuten

In den zugrundeliegenden Sachverhalt ging es um die Erstattung von Sachverständigenkosten nach einem Unfall sowie die Einbeziehung der in den AGB enthaltenen Honorartabelle. Auf die AGB – und die darin enthaltene Honorartabelle – war per QR-Code hingewiesen worden

Der Geschädigte hatte seinen Anspruch auf Erstattung der Honorarkosten an den Sachverständigen abgetreten, der in dem Verfahren als Klägerin auftrat. Die Haftung aus dem Unfallgeschehen war dem Grunde nach unstreitig.

Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen!

Vor dem Amtsgericht war der Sachverständige gescheitert. Dieses hatte die Klage abgewiesen, da er angeblich nicht aktivlegitimiert gewesen sei. Begründet hatte das Amtsgericht dies damit, dass die vorgelegten Abtretungsvereinbarungen der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB nicht standhalten und gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S.2 BGB verstoßen würden. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen hätten dem Geschädigten (Auftraggeber) nicht in der erforderlichen Weise vorgelegen und die Mitteilung eines QR-Codes, über den sie zwecks Einsichtnahme hätten abgerufen werden können, habe nicht ausgereicht.

Das LG Lübeck bewertete die Abtretungserklärung als unproblematisch

Das Landgericht Lübeck sah die Sache unkompliziert. Es bezog sich auf eine Entscheidung des BGH (Az. VI ZR 137/22) und führte aus, es habe sich kein relevanter Widerspruch daraus ergeben, dass der Geschädigte dem Sachverständigen seinen Anspruch auf Kostenerstattung abgetreten und ihn zugleich dazu ermächtigt habe, diese Kosten gerichtlich geltend zu machen. Auch in der Verwendung juristischer Fachbegriffe sag es kein Problem.

Wörtlich heißt es in dem Urteil:

„Die Überschrift („Abtretungsvereinbarung“) als auch die – teilweise wiederholte – Verwendung der juristischen Termini „Zedent“, „Zessionarin“, „abtreten“ und „Abtretungserklärung“ im weiteren Text der Vereinbarung ließen keinen vernünftigen Zweifel daran, dass eine Abtretung iSd § 398 BGB gemeint sei.

Durch die Formulierung, der Zedent ermächtige die Zessionarin, die Sachverständigenkosten gerichtlich geltend zu machen, wird folglich lediglich für den Zedenten (hier: den Geschädigten) als juristischen Laien verdeutlicht, dass fortan die Zessionarin (hier: die Klägerin[Anm.: der Sachverständige]) den Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten gerichtlich geltend machen könne; ein rechtlich eigenständiger Gehalt sei dieser Formulierung nach dem Gesamtkontext der Vereinbarung dagegen nicht zu entnehmen.“

Hinsichtlich der von dem Versicherer taktisch bestrittenen Schlüssigkeit der Klage, stellte das Landgericht fest, „Die Beklagte [Anm.: der Versicherer] wusste um welches Schadensereignis es hier ging, so dass es die Anforderungen an die Schlüssigkeit einer Klage überspannen würde, wenn man, obwohl beide Parteien wissen, um welchen Unfallhergang es geht und die Haftung dem Grunde nach unstreitig ist, noch Ausführungen zum Haftungsgrund tätigen müsse.“

Geschädigte dürfen den Sachverständigen frei wählen!

Zur Höhe des Schadenersatzes hielt das Landgericht an den bekannten Grundsätzen fest, wonach ein „Geschädigter zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen [darf], der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint. Denn Ziel der Schadensrestitution ist es, den Zustand wiederherzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne das Schadensereignis entspricht. Der Geschädigte ist deshalb grundsätzlich berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen (BGH Urt. v. 7.2.2023, Az. VI ZR 137/22)“

Der subjektbezogene Schadenbegriff entscheidet!

Allerdings trifft Geschädigte nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot die Obliegenheit, im Rahmen des Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg zu wählen (vgl. LG Hamburg, Urt. v. 04.06.2013, Az. 302 O 92/11). Bei Gutachten bedeutet dies eine „gewisse Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsabschluss geforderten bzw. später berechneten Preise.“

Im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung ist allerdings Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. So war es auch hier. Und da die Honorarvereinbarung keine erkennbar überhöhten Positionen enthalten hatte, gab es diesbezüglich auch nichts zu beanstanden.

Geschädigte sind nicht zur Marktforschung verpflichtet!

Weiter heißt es: „Der Geschädigte ist hierbei nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (BGH Urt.v. 13.12.2022, Az. VI ZR 324/21).“

Können AGB per QR Code einbezogen werden?

Verblieb noch die Frage der Einbeziehung der AGB – insbesondere der Honorartabelle – in den Vertrag.  

Dem LG Lübeck zufolge, reicht es zur Einbeziehung von AGB in einen Vertrag aus, wenn „in der Auftragserteilung direkt auf die Internetseite hingewiesen wird, auf der die Honorartabelle abgelegt ist. Zudem befindet sich ein zur Honorartabelle führender QR-Code auf dem Formular.“

Das Vorhandensein eines QR-Codes genügt also, damit der maßgebliche Durchschnittskunde zumutbar Kenntnis erlangen kann.

Wie ist der Durchschnittskunde definiert?

„Der Durchschnittskunde in Deutschland verfügt über ein Mobiltelefon mit Internetzugang. Nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes verfügten bereits 2018 77% der Haushalte über ein Smartphone (https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Einkommen-Konsum-Lebensbedingungen/Ausstattung-Gebrauchsgueter/Tabellen/a-evs-infotechnik-d.htmlhttps://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Einkommen-Konsum-Lebensbedingungen/Ausstattung-Gebrauchsgueter/Tabellen/a-evs-infotechnik-d.html).

Der Durchschnittskunde ist damit ohne weiteres in der Lage, eine auf der Auftragsbestätigung genannte Internetadresse aufzurufen. Zudem vermittelt auch der QR Code für den Durchschnittskunden unschwer den Zugang zu der Tabelle, weshalb eine zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme nach Auffassung der Kammer vorliegt.“

Dass es immer noch Personen ohne Internetzugang gibt, ist hinzunehmen. Denn wenn diese einen Auftrag vor Ort erteilen, können sie dort auf die AGB werden und um Ausdruck der gewünschten Informationen bitten.

Fazit

Ein Urteil, viele Aspekte. Festhalten lässt sich aber, dass Versicherer gerne taktieren, der subjektbezogene Schadenbegriff entscheidet, Geschädigte nicht zur Marktforschung verpflichtet sind die Angabe eines QR-Codes für die Einbeziehung von AGB in Verträge ausreicht.

Zudem bestätigt dieses Urteil den Grundsatz, dass Geschädigte und Inhaber von Forderungen aus abgetretenem Recht die Schadenabwicklung bzw. die Durchsetzung Ihrer Forderung nicht selber probieren sollten.

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Voigt regelt!

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