Beschluss des OLG Schleswig vom 28.03.2023, Az. II Orbs 15/23
Probe- und Diagnosefahrten führen nicht nur bei der Abrechnung mit dem Versicherer immer wieder zu Problemen. Ein Beschluss des OLG Schleswig vom 28.03.2023 (Az. II Orbs 15/23) gibt aktuell Anlass dazu, die Organisation von Erprobungsfahrten durch die Werkstatt zu überdenken und ggf. zu reorganisieren.
Ein Mitarbeiter eines Kfz-Betriebes hatte mit einem Kundenfahrzeug eine Diagnosefahrt durchgeführt. An dem Fahrzeug war ein Diagnosegerät angeschlossen, das über Bluetooth mit einem mobilen Auslesegerät mit Touchscreen verbunden war. Um während der Fahrt eine Fehlerermittlung durchführen zu können, hielt der Techniker dieses Gerät, das äußerlich einem Smartphone vergleichbar war, in der Hand.
Das Amtsgericht hatte den Techniker wegen vorsätzlicher Nutzung eines elektronischen Gerätes, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist verurteilt worden. Gegen dieses Urteil legte er Beschwerde zum OLG Schleswig ein.
Diese begründete er damit, dass die Fehlerdiagnose im laufenden Betrieb dem Ziel diene, die Sicherheit eines Fahrzeugs wiederherzustellen und damit letztlich der Sicherheit des Straßenverkehrs diene. „Dass aus Sicht des Verordnungsgebers solche Geräte nicht unter die Verbotsnorm fielen, ergebe sich daraus, dass die in der Begründung des Gesetzentwurfs aufgeführten – unter die Verbotsnorm fallenden – elektronischen Geräte alle einen persönlichen Bezug zu dem Benutzer aufwiesen.“ Dies sie bei Diagnosegeräten nicht der Fall.
Da die Frage, ob ein Diagnosegerät ein elektronisches Gerät im Sinne von § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO ist, bisher noch nicht geklärt war, ließ das OLG die Beschwerde zur Fortbildung des Rechts zu.
Schlussendlich stufte das Gericht das vom Techniker verwendete Auslesegerät aber als elektronisches Gerät im Sinne von § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO ein.
Unter Bezugnahme auf den BGH betonte das Gericht, „dass der ausdrücklich verlautbarte Wille des Verordnungsgebers, sämtliche Geräte aus den aufgeführten Gerätekategorien zu erfassen für eine weite, die Wortbedeutung ausschöpfende Auslegung des Tatbestandsmerkmals des der Information dienenden Gerätes“ spreche.
Für das Gericht war entscheidend, dass ein Fahrer – während der Dauer des Auslesens des Geräts im öffentlichen Straßenverkehr – ebenso abgelenkt und in seiner Konzentration auf das Straßengeschehen beeinträchtig sei, wie bei der Nutzung anderer elektronischer Geräte. Die Gleichstellung mit der Nutzung eines Handys im Stau wies das Gericht zurück.
Die Liste der Geräte im Sine des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO wird immer länger. Für Werkstätten bedeutet das Urteil, dass Auslesegeräte bei Diagnosefahrten künftig nicht mehr in der Hand gehalten werden dürfen. Wer sichergehen will, befestigt sie – vergleichbar Mobiltelefonen – in einer Halterung oder anderweitig. Von einer Ablage auf dem Oberschenkel wird übrigens dringend abgeraten. Denn auch diese gilt als unzulässige Benutzung (s.a. Die Zahl der Entscheidungen zum ‘Handyparagraphen’ wächst!).