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Wann ist ein Schaden „bedeutend“?

OLG Celle, Urteil vom 21.08.2025, Az. 3 ORs 2/25

Ein Urteil des OLG Celle dürfte künftig nicht unerhebliche Bedeutung haben, wenn es um die Entziehung der Fahrerlaubnis nach einer Unfallflucht geht!
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10.09.2025
ca. 3 Minuten
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Auto steckt im Graben fest - Fahrer ist geflohen (https://pixabay.com/de/photos/autounfall-unfall-graben-811078/)

Gemäß § 69 StGB wird die Fahrerlaubnis entzogen, wenn jemand wegen einer rechtswidrigen Tat verurteilt wird, die im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Fahrzeugführers begangen wurde – sofern sich daraus ergibt, dass der Betroffene zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist.

Was bedeutet „mangelnde Eignung“?

Mangelnde Eignung wird insbesondere angenommen bei:

Welche Rolle spielt das „Bemerken des Unfalls“?

Wenn ein Beteiligter den Unfall hätte bemerken können oder müssen, sich aber dennoch vom Unfallort entfernt, ohne die erforderlichen Feststellungen zu seiner Person und zur Beteiligung zu ermöglichen und den verursachten Fremdschaden Schaden beim Wegfahren billigend in Kauf nimmt, ist der Entzug der Fahrerlaubnis nahezu sicher.

Gemäß § 142 Abs. 5 StGB gilt dies für jeden, der durch sein dessen “Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann, d.h. sowohl für den Verursacher als auch für den Geschädigten. Letzterer kann sich allerdings eher auf ein Schockmoment berufen als der Unfallverursacher.

Für den Verursacher wird es dagegen problematisch, wenn das Nachtatverhalten auf eine absolute Gleichgültigkeit in Hinblick auf das Unfallgeschehen und damit eine besonders deutliche Missachtung der in § 142 StGB festgeschriebenen Pflichten hindeutet.

Auch die Schadenshöhe ist relevant!

Bei der Gesamtwürdigung des Geschehens spielt allerdings auch die Höhe des Schadens eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Dies gilt insbesondere, wenn die Schadenshöhe bedeutend im Sinne des § 69 StGB ist.

Was ist ein bedeutender Schaden?

Die Rechtsprechung sah die Grenze für einen bedeutenden Schaden lange Zeit zwischen 1.300 € und 1.500 €.

Angesichts der Teuerungsraten und der statistisch messbaren höheren Regulierungsschäden sprachen sich allerdings immer mehr Stimmen dafür aus, den Betrag oberhalb von 1.500 € festzusetzen.

GerichtAz. der EntscheidungWertgrenze
AG Berlin-Tiergarten (2015)(288 Gs) 3014 Js 2061/15 (48/15)> 1.500 €
LG Braunschweig (2016)8 Qs 113/16> 1.500 €
LG Hamburg (2023)612 Qs 75/23~1.800 €
LG Bielefeld (2024)10 Qs 51/24~1.800 €
LG Darmstadt (2024)3 Qs 299/242.000 €
LG Oldenburg (2023)3 Qs 425/222.000 €
LG Nürnberg-Fürth (2018)5 Qs 73/18bis 2.000 €
LG Landshut (2012)6 Qs 242/12bis 2.000 €

In der Tendenz ist damit festzustellen, dass sich die Schwelle zunehmend in Richtung 2.000 €. 2.500 € verschiebt.

Das Bayerische Oberste Landesgericht hatte zwar 2019 noch ausgeführt, dass eine Anhebung der Wertgrenze auf 2.500 € wegen der Änderung des § 44 Abs. 1 StGB oder der aktuellen Preisentwicklung nicht angezeigt sei (Beschl. v. 17.12.2019 – 204 StRR 1940/19).

Jedoch hat das Landgericht Oldenburg 2023 – eben unter Hinweis auf die Preissteigerung bei Kfz-Reparaturen und die anhaltende Inflation- angekündigt, zu einer Wertgrenze von 2.000 Euro zu tendieren (s.o.).

Nicht nur ein Kriterium entscheidet!

Das OLG Celle hat, unter Verweis auf das OLG Stuttgart (Urt. v. 27.04.2018, Az. 2 Rv 33 Ss 959/17) ausgeführt, dass und weshalb die Beantwortung der Frage, ob ein bedeutender Schaden vorliegt, der Betrachtung einer Mehrzahl von Kriterien bedarf.

Denn § 142 StGB schützt die Feststellung und Sicherung der unfallbedingten zivilrechtlichen Ansprüche und damit das Vermögen des Geschädigten. Dies gilt auch für § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB, da der Geschädigte bei einem unerlaubten Entfernen vom Unfallort auf seinem finanziellen Schaden (jedenfalls in Form der Hochstufung bei der Vollkaskoversicherung) „hängen bleibt“ (vgl. LG Darmstadt, Beschl. v. 01.10.2024 – 3 Qs 299/24).

Neben Preissteigerungen sind daher auch die Lohnentwicklung und das durchschnittliche Nettoeinkommen zu betrachten. Am Ende kam das Gericht zu dem Schluss, dass die Wertgrenze für einen bedeutenden Schaden künftig bei 2.000 Euro liegen müsse.

Fazit

Es bleibt abzuwarten, wie andere Gerichte auf das Urteil reagieren werden.

Eine einheitliche Linie gibt es bislang nicht – doch die Tendenz ist klar: Die Gerichte neigen zu einer Anhebung der Wertgrenze für einen bedeutenden Schaden im Sinne des § 69 StGB.

Sollten Sie bei einem Unfall geschädigt worden und der Unfallverursacher geflohen sein, kontaktieren Sie uns!

Auch hier gilt: Voigt regelt!

Bildnachweis: Pixabay

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