Ob ein Geschädigter eine Nutzungsausfallentschädigung erhält, hängt maßgeblich davon ab, ob die entzogene Sache für die Lebensführung benötigt wird und der Entzug eine fühlbare Beeinträchtigung zur Folge hat.
Dass der Geschädigte Eigentümer des Fahrzeugs ist, ist nicht erforderlich. Der Anspruch kann daher auch Leasingnehmern zustehen, die insoweit als wirtschaftliche Eigentümer zu betrachten sind (z.B. AG Wuppertal, Urt. v. 18.07.2022, Az. 37 C 22/20). Das OLG Saarbrücken sieht den Nutzungsschaden eines Leasingnehmers bei einem Totalschaden übrigens durch den Ersatz für die Wiederbeschaffung eines gleichwertigen Fahrzeugs abgedeckt (Urt. v. 28.07.2023, Az. 3 U 10/23, m.w.N.).
Aber kann der Nutzungsausfall sowohl bei privat als auch gewerblich genutzten Fahrzeugen gelten gemacht werden und welche Grundsätze gelten?
Entscheidend ist, dass der Geschädigte das Fahrzeug nicht nur nutzen will, sondern dies auch kann. Die Beweispflicht dafür liegt bei ihm. Die Beweisführung kann erschwert werden, wenn das Fahrzeug über längere Zeit nicht repariert wird oder keine Ersatzbeschaffung erfolgt. Aber selbst eine Zeit von drei Monaten bis zur Anschaffung eines Ersatzwagens muss der Annahme eines für die Nutzungsentschädigung erforderlichen Nutzungswillens nicht entgegenstehen, wenn z.B. die finanziellen Mittel zur Ersatzbeschaffung fehlen (OLG München, Endurt. v. 27.5.2020, Az. 10 U 6795/19).
Schwieriger dürfte es sein, wenn das Fahrzeug aus tatsächlichen Gründen nicht genutzt werden kann, z.B. weil der Geschädigte im Krankenhaus liegt. Allerdings genügt es für den Nutzungswillen, wenn der Geschädigte den Wagen an Dritte, z.B. Familienangehörige oder andere Personen überlassen hätte (BGH, Urt. v. 10.03.2009, Az. VI ZR 211/08, m.w.N.).
Zu Diskussionen kommt es regelmäßig, wenn dem Geschädigten ein weiteres Fahrzeug zur Verfügung steht. Versicherer behaupten gerne, der Ausfall des beschädigten Fahrzeugs würde gar keine Beeinträchtigung nach sich ziehen, ein Ersatzfahrzeug stehe ja zur Verfügung. Erfolgreich sein kann diese Argumentation, wenn die Nutzung nicht nur möglich, sondern auch zumutbar ist (BGH, Urt. v. 11.10.2022, Az. I ZR 35/22, m.w.N.).
So kann z.B. ein zweisitziges „verschlissenes, typisches Handwerkerfahrzeug mit Gebrauchsspuren“, das für den Transport von Material und Teilen verwendet wird, einen gepflegten Kleinbus nicht ersetzen (LG Flensburg, Urt. v. 08. 12.2023, Az. 7 O 260/21). Anders sieht es dagegen aus, wenn die Nutzung eines niederklassigeren Alternativfahrzeugs „lediglich“ zu einer Beschränkung des Fahrvergnügens führt (OLG Frankfurt, Urteil vom 21.07.2022, Az. 11 U 7/21).
Der überwiegenden Rechtsprechung zufolge, ist es für Nutzungsentschädigungsanspruch unschädlich, wenn Dritte, worunter z.B. Familienmitglieder und Freunde, dem Geschädigten unentgeltlich ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung stellen (z.B. BGH, Urt. v. 05.02.2013, Az. VI ZR 363/11; OLG Saarbücken, Urt. v. 01.06.2017, Az. 4 U 33/16). Auch wenn sich jemand beruflich mit Kraftfahrzeugen beschäftigt, lässt der Verdacht, dass er den Ausfall auf einfache Weise überbrücken kann, den Anspruch auf Ausfallentschädigung nicht entfallen (LG Flensburg, s.o).
Für privat genutzte Fahrzeuge ist damit eigentlich alles gesagt. Da Versicherer bei den Leistungen aber gerne kürzen, sollten Geschädigte die Geltendmachung des Nutzungsausfallschadens dennoch nicht in die eigene Hand nehmen.
Wie es sich bei gewerblichen Fahrzeugen verhält, erläutert der folgende Artikel!