hello world!
hello world!

Spurwechsel bei Fahrbahnverengung – Mithaftung trotz Vorrang möglich!

Amtsgericht Brandenburg, Urteil vom 22.05.2025, Az. 33 C 53/24

Das Amtsgericht Brandenburg hatte sich mit einem Unfall im Bereich einer Fahrbahnverengung auf einer Bundesstraße zu befassen. Wegen einer Baustelle war die zweispurige Fahrbahn auf eine Spur reduziert worden – die rechte Spur führte weiter, die linke endete. Im Bereich der Verengung war die Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h begrenzt. Die Klägerin fuhr zunächst auf der […]
Autoren
Informationen
10.06.2025
ca. 3 Minuten
Kategorien
Fahrzeuge auf der mehrspuriger Straße mit Fahrbahnverengung und Baustelle voraus

Das Amtsgericht Brandenburg hatte sich mit einem Unfall im Bereich einer Fahrbahnverengung auf einer Bundesstraße zu befassen. Wegen einer Baustelle war die zweispurige Fahrbahn auf eine Spur reduziert worden – die rechte Spur führte weiter, die linke endete. Im Bereich der Verengung war die Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h begrenzt.

Die Klägerin fuhr zunächst auf der linken Spur, setzte den Blinker und wollte sich auf die rechte Spur einordnen. Vor Gericht gab Sie an, sie habe sich durch Rückschau und Abstandsprüfung vergewissert, dass ein gefahrloses Einfädeln möglich sei. Der Beklagte, der sich rechts hinter ihr befand, habe jedoch beschleunigt, um sie am Spurwechsel zu hindern. Dabei kam es zur Kollision, bei der der Pkw der Klägerin wurde vorne rechts, der des Beklagten hinten links beschädigt wurde.

Der Verstoß der Klägerin war eindeutig!

Das Gericht kam zu der Überzeugung, dass die Klägerin gegen § 7 Abs. 5 StVO verstoßen hatte. Demnach sind Spurwechsel verboten, wenn dadurch andere gefährdet werden. Dies gilt auch für das Reißverschlussverfahren, bei dem sich ein Fahrer insbesondere dann nicht darauf verlassen darf, dass ihm Vorrang eingeräumt wird, wenn seine Spur endet.

In einer solchen Situation darf ein Spurwechsel nur erfolgen, wenn ausreichender Abstand zu den Verkehrsteilnehmern auf der durchgehenden Fahrbahn besteht und Rückschau sowie Blinken erfolgt sind. Eine Gefährdung anderer muss somit ausgeschlossen werden können.

Die Klägerin hatte sich jedoch eingefädelt, ohne dass eine Gefährdung anderer ausgeschlossen werden konnte. Damit hat sie einen erheblichen Verstoß begangen. In einem vergleichbaren Fall hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass im Zweifel vollständig haftet, wer unter Gefährdung anderer die Spur wechselt (BGH, Urteil vom 08.03.2022, Az. VI ZR 47/21).

Auch Bevorrechtigte müssen Rücksicht nehmen!

Das AG Brandenburg sah das genauso. Das Verschulden verortete es aber dennoch nicht ausschließlich bei der Klägerin. Zwar stellte es klar, dass der Beklagte als Fahrer des Fahrzeugs auf der durchgehenden Spur Vorrang hatte. Zugleich wies es aber auch darauf hin, dass im Reißverschlussverfahren nach § 7 Abs. 4 StVO ein Gebot zur Rücksichtnahme gilt. Mit Blick auf den zu entscheidenden Sachverhalt bedeutete dies, dass das Beschleunigen, um ein Einfädeln zu verhindern, obwohl der Spurwechsel erkennbar war, zu einer Mithaftung führen kann.

Da sich der Beklagte auf der durchgehenden Spur befand, durfte er davon ausgehen, dass die Klägerin hinter ihm bleibt. Seine eigenen Sorgfaltspflichten (§§ 1 Abs. 2, 3 und 11 Abs. 3 StVO) durfte er dennoch nicht vernachlässigen.

Denn wer der den Spurwechsel eines anderen Verkehrsteilnehmers erkennt und dennoch beschleunigt, anstatt zu bremsen oder auszuweichen, dem kann eine Mitschuld zugesprochen werden, insbesondere wenn noch ein Verstoß gegen die zulässige Höchstgeschwindigkeit dazukommt.

Das Gericht sah hier ein Mitverschulden des Beklagten in Höhe von 33 % als angemessen an, da er den Unfall durch einfaches Abbremsen hätte vermeiden können.

Ein höheres Mitverschulden lehnte es ab, da die Klägerin den Unfall maßgeblich verursacht hatte: Sie hätte das Fahrzeug des Beklagten passieren lassen müssen. Beide Parteien hatten die allgemeine Rücksichtspflicht (§ 1 StVO) missachtet, obwohl die Fahrbahnverengung und Geschwindigkeitsbegrenzung deutlich erkennbar waren.

Fazit

 Auch bevorrechtigte Fahrer dürfen nicht rücksichtslos auf ihrem Vorrang bestehen. Wer durch Beschleunigung einen sicheren Spurwechsel verhindert, riskiert eine Mithaftung – im Einzelfall bis zu 50 %. „Recht haben“ bedeutet eben nicht automatisch auch „Recht behalten“.

Sollten Sie in einen Verkehrsunfall verwickelt worden sein, kontaktieren Sie uns umgehend! Wir sorgen dafür, dass Sie zu Ihrem Recht kommen!

Voigt regelt!

Beitrag teilen bei
Zurück zur Übersicht
calendar-fullhistorymagnifiercrossWordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner